Cult_Euro_1 Test für Interkulturelle Kompetenz
Validierung der Messung und Diagnostik von allgemeiner und westeuropäischer-kulturspezifischer interkultureller Kompetenz
Validierungsprojekt
Die Entwicklung und Validierung des Cult-Euro-1 Tests erfolgten im Projekt „Cult_Euro_1 – Test für Interkulturelle Kompetenz: Validierung der Messung von allgemeiner und westeuropäisch-kulturspezifischer Interkultureller Kompetenz“ im Rahmen der Fördermaßnahme „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung-VIP+“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Hintergrund des Projektes stellen die immer weiter fortschreitenden globalen Interdependenzen der Wirtschaft und der gesellschaftliche Trend zur Multikulturalität dar, durch welchen die Interkulturelle Kompetenz zur Schlüsselqualifikation avancierte. Interkulturelle Kompetenz soll zur Lösung sozialer Konflikte beitragen, Verständigung in kulturellen Überschneidungssituationen erleichtern und bei der Bewältigung gesellschaftlicher Integrationsprozesse als unterstützende Kraft wirken. Interkulturelle Kompetenz wird als die Fähigkeit definiert sich angemessen und effektiv in interkulturellen Situationen verhalten zu können. Dabei wird differenziert zwischen Kompetenzen, die für eine bestimmte Kultur hilfreich sind, kulturgebunden und kulturübergreifenden Kompetenzen. Internationale Kooperationen, Auslandsentsendungen oder Arbeitsmigration sowie Flucht machen es notwendig für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft die Interkulturelle Kompetenz valide und reliabel zu erfassen und weiterentwickeln zu können. Der bisherige Stand von Wissenschaft und Praxis bietet dazu keine ausreichenden Möglichkeiten.
In ihren Forschungsarbeiten verfolgt Prof. Dr. Petia Genkova alle Hauptforschungsansätze der Interkultureller Kompetenz. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass es grundlegende Eigenschaften, Haltungen und Motivationen gibt, die interkulturelles Lernen fördern und die Interaktion in interkulturellen Überschneidungssituationen erleichtern. Die bisherigen Erkenntnisse verdeutlichen allerdings auch die Problematik der trennscharfen Messung von Interkultureller Kompetenz. Bis zur Entwicklung des Cult-Euro-1 Tests fehlte es an einer validen Messung interkultureller Kompetenz, welche die beiden Konzepte soziale und interkulturelle Kompetenz in den jeweiligen Kulturen klar voneinander abgrenzt. Darüber hinaus verfolgen viele der bereits existierenden Konzepte lediglich einen oder zwei der Ansätze interkultureller Kompetenz. Das bedeutet es gibt grundlegende Probleme hinsichtlich der Konstruktvalidität. Methodisch sind die meisten Verfahren nicht geeignet im Rahmen von beispielsweise Personalauswahlprozessen zur Anwendung zu kommen. Neben der mangelnden theoretischen Fundierung und den methodischen Problemen konnten existierende Verfahren in empirischen Studien die jeweiligen Stichproben nicht ausreichend gut mit ihren jeweiligen Modellen erklären (Genkova, 2019).
Ziele und Fragestellungen
Die Teilziele des Forschungsprojektes Cult-Euro-1 waren:
Teilziel 1: Überprüfung eines Messansatzes zur Erfassung Interkultureller Kompetenzen.
Teilziel 2: Konstruktvalidität des Kompetenzstrukturmodells der Interkulturellen Kompetenz überprüfen.
Teilziel 3: Übertragbarkeit auf verschiedene Zielgruppen überprüfen, externe Validität überprüfen.
Teilziel 4: Implikationen für Interkulturelle Kompetenzentwicklung zielgruppenspezifisch ableiten.
Teilziel 5: Zusammenstellung einer Testbatterie zur zielgruppengerechten Diagnostik und Förderung kulturübergreifender und kulturspezifischer Interkultureller Kompetenzen.
Zudem wurde folgenden Fragestellungen nachgegangen:
- Ist das Kompetenzstrukturmodell Interkultureller Kompetenzen, das erfasst werden soll mit seiner Differenzierung hinsichtlich kulturspezifischer und kulturübergreifender Teilkompetenzen valide (Konstruktvalidität)?
- Kann die Ausprägung Interkultureller Kompetenz erfolgreiches Verhalten in interkulturellen Situationen vorhersagen (prognostische Validität)?
- Lässt sich dies auf die Anforderungen der Praxis übertragen (externe Validität)?
- Welche spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten unterscheidet die Interkulturelle Kompetenz von anderen Kompetenzen wie kommunikative Kompetenz, Teamkompetenz, Soziale Kompetenz (Diskriminante Validität)?
Arbeitsprogramm
Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche, wurde eine breit angelegte qualitative Studie durchgeführt, um induktiv eine Grundlage für die Operationalisierung Allgemeiner und kulturspezifischer Kompetenz zu generieren. Anhand dieser Ergebnisse wurden Selbsteinschätzungs- und Situationsbeurteilungs-Items entwickelt, welche anhand von zwei quantitativen Erhebungen (Vorstudie N = 227; Hauptstudie N = 6294) auf ihre psychometrischen Eigenschaften überprüft, kalibriert und in eine A und B Version aufgeteilt wurden. Zur besseren Veranschaulichung wurde dieses Vorgehen in einzelne Arbeitspakete aufgegliedert.
Der Fokus der Untersuchung liegt darauf, kulturübergreifende und kulturspezifische Facetten Interkultureller Kompetenz zu überprüfen. Innerhalb des Arbeitspakets 1 wurden anhand von Experteninterviews und der Critical Incident Technique Fragebogenitems zu jenen Facetten gewonnen.
Das Arbeitspaket 2 beinhaltete die Entwicklung und Umsetzung der geeigneten Messinstrumente – sowohl als Online-Erhebungsinstrument sowie als Paper-Pencil-Erhebungsinstrument. Zudem wurden angepasste Lösungen für Studierende, Berufstätige und Erwerbslose aufgestellt.
Es wurden Validitätskriterien des Kompetenzstrukturmodells für verschiedene Zielgruppen überprüft, durch u.a. die Überprüfung der Konstruktvalidität, der konvergenten Validität und der kulturspezifischen Kompetenzen für Deutschland. Dies war das Ziel des Arbeitspaket 3.
Das Arbeitspaket 4 widmete sich der Überprüfung der externen Validität des Modells.
Die Arbeitspakete 5 und 6 begleiteten das Projekt von Beginn an und beinhalten die Dokumentation und Verwertung, Ergebnispräsentationen sowie das Projektcontrolling und -evaluation.
Nutzen für die Zukunft
Internationale wirtschaftliche Interaktionen und Migration macht eine valide Definition, Erfassung und Entwicklung Interkultureller Kompetenz schlicht unabdingbar. Durch eine valide Diagnostik interkultureller Kompetenz, kann beispielsweise der Zustand der bisherigen Erfahrungen und interkulturellen Handlungskompetenzen der eigenen Mitarbeiter/innen ermittelt werden, oder der jeweilige Fortschritt im Rahmen systematischer Trainings- und Personalentwicklungsmaßnahmen verfolgt werden. Auch für die Beurteilung potenzieller Arbeitnehmer/innen aus dem Ausland bietet es sich an, interkulturelle Kompetenz im Allgemeinen und für den deutschen Kulturraum zu erfassen, da die Integration der Zugezogenen zu einem großen Teil bestimmen wird, wie erfolgreich oder nicht erfolgreich diese in der neuen Umgebung interagieren.
Demnach liegt der Anwendungsbereich des Diagnostikverfahrens zum einen in der freien Wirtschaft, aber auch in der Organisations- und Personalentwicklung in Behörden und Bildungseinrichtungen.
Das Modell der Interkulturellen Kompetenzen und die dafür entwickelten Diagnostik-Tools sollen im Anschluss an die Validierung für Personalauswahl- und -entwicklungsmaßnahmen sowie für Bildung und Studium zur Verfügung stehen. Alle Instrumente werden kostenlos sowohl als Online-Tool, als auch als Paper-Pencil-Lösung verfügbar sein. Ziel ist es, Unternehmen in der eigenständigen Anwendung der Tools zu befähigen.
Die innovative Differenzierung in kulturübergreifende und kulturspezifische Kompetenzen wird bei der Umsetzung des Modells als Diagnostik-Tools so gewährleistet, dass für Anwender deutlich wird, welche Kompetenzen je nach Zielgruppe vorrangig von Interesse sind. Im Bereich der kulturspezifischen Dimensionen wird es zudem möglich sein, spezifische Kompetenz für den deutschen Kulturraum zu messen und zu evaluieren. Kulturspezifische Kompetenzen anderer Kulturbereiche sollen im Anschluss an dieses Vorhaben durch weitere Validierungsschritte in den jeweiligen Kulturen definiert werden. Unternehmen wird durch das Modell eine neue Art der Erfassung Interkultureller Kompetenzen ermöglicht, die es so bisher nicht gab. Dadurch werden neue Wege für Diagnostik, Qualifizierung und Einsatz ihres Personals sowie für die Evaluation entsprechender Entscheidungen geebnet. Die umfangreiche Validierung bietet zudem Sicherheit bei der Entscheidung für den Einsatz im Unternehmen, da die Gültigkeit der Ergebnisse sichergestellt ist.
Das Kompetenzmodell kann durch verschiedene Bildungseinrichtungen und Migrantenverbände zum Zweck der Förderung Interkultureller Kompetenzen und zur Sensibilisierung für Diversity eingesetzt werden. Hiermit wird das Ziel verfolgt, gesamtgesellschaftlich zu tiefgreifenden sozialen Veränderungen beizutragen. Die Förderung Interkultureller Kompetenzen dient der besseren Integration und Verständigung. Das Modell sowie die Tools erlauben eine intensive Unterstützung bei der Integration von Migranten und Migrantinnen, da dadurch nicht nur Diskriminierung und Stigmatisierung abgebaut werden können, sondern auch Gleichstellung aufgrund eines fairen kulturellen Verfahrens in der Personalauswahl und –entwicklung gefördert werden kann. Langfristig gesehen steht, wie im Wirtschaftssektor, die Befähigung der Bildungseinrichtungen zur eigenständigen Umsetzung im Vordergrund.
Die Ergebnisse werden als Zwischen- und Endbericht dokumentiert und auf nationalen und internationalen Kongressen präsentiert und diskutiert. Es sollen reflektierte Zeitschriftenartikel im deutschen und angelsächsischen Sprachraum über das validierte Messinstrument publiziert werden. Eine Monographie am Ende des Projektes soll als Herausgerberband die Erkenntnisgewinne übersichtlich zusammenfassen. Das Projekt soll darüber hinaus die Grundlage für Dissertationen und weiterführende wissenschaftliche Arbeiten (Masterarbeiten, Projektarbeiten) bilden.
Durch die Validierung an der Pilotgruppe der Studierenden wird das Modell strukturelle und prozessuale Faktoren der universitären Ausbildung, neben der Individualdiagnostik, berücksichtigen. Da die Untersuchung an unterschiedlichen Standorten stattfindet, tragen interuniversitäre Vergleiche (Benchmarks) zur Qualitätssicherung und -bewertung bei. Diese Konzepte können in den jeweiligen Graduiertenschulen und Zentren für Schlüsselqualifikationen verwertet und in Bildungskonzepte integriert werden. Dies bildet die Basis dafür, Studierende langfristig als Kompetenzbotschafter und Multiplikatoren Interkultureller Kompetenzen auszubilden und somit indirekt einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mehrwert zu kreieren.
Projektbeteiligte
Frau Prof. Dr. Petia Genkova ist Professorin für Wirtschaftspsychologie (W2) an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschule Osnabrück, wo sie Seminare und Vorlesungen u. a. in den Themenfeldern des Diversity, insbesondere Gender als auch der Wirtschaftspsychologie hält.
Neben ihrer Lehrtätigkeit hat Frau Prof. Dr. Genkova seit dem Jahr 1994 an mehreren Forschungsprojekten mitgearbeitet oder sie geleitet. Schwerpunkte waren die vertiefende Erforschung der Interkulturellen Kompetenz und Kommunikation und dem Thema Diversity.
Mehr Informationen zu den Publikationen und Forschungsprojekten von Prof. Dr. Genkova
Unterstützt wurde Frau Prof. Dr. Petia Genkova von den Innovations-Mentor*innen Dr. Juliana Roth, Dr. Siegfried Preisner und Dr. Martina Stangel-Meseke.
Als wichtiger Ansprechpartner für Transfer und zur Beratung über rechtliche Rahmenbedingungen wurde zudem der Wissens- und Technologie-Transfer (WTT) in das Projekt einbezogen. Als eine gemeinsame Einrichtung der Universität und der Hochschule Osnabrück wird hier die Expertise für die Verwertung von Forschungsergebnissen in der Praxis gebündelt.
Weiterhin wurde das Projekt von den wissenschaftlichen Mitarbeitern Herrn Dr. Christoph Daniel Schäfer und Herrn Henrik Schreiber, sowie der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Frau Meike Lehmann unterstützt.
Mitarbeiter
HENRIK SCHREIBER
E-Mail: henrik.schreiber@hs-osnabrueck.de
Raum: CN 0309 G
Henrik Schreiber ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzzentrum Globale Kompetenz der Hochschule Osnabrück in Forschung, Beratung und Lehre. Seine persönlichen Schwerpunkte liegen auf den Themen interkulturelle Psychologie und Diversity Management.
DR. CHRISTOPH DANIEL SCHÄFER
E-Mail: c.schaefer@hs-osnabrueck.de
MEIKE LEHMANN
E-Mail: m.lehmann@hs-osnabrueck.de