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Stand der Forschung
Stand der Forschung
Aktuell unterscheiden sich in Europa Personen mit Migrationshintergrund (Migrierte erster und zweiter Generation) und ohne Migrationshintergrund in den schulischen und akademischen Leistungen (Mishra & Müller, 2021). Unter den Menschen, die das Studium abbrechen, haben die meisten schlechtere Schulabschlussnoten oder gar kein Abitur, Eltern ohne Studienabschluss, ungesicherte finanzielle Situation oder die Wahl eines Studienfachs entgegen des persönlichen Wunschs. Bisher werden Perspektiven, Wahrnehmung und Lebenswelten von Personen mit Migrationshintergrund in der Forschung nicht berücksichtigt. In der Diversity-Forschung bezeichnet man ein solches Vorgehen auch als culture-blind (Genkova et al., 2021). Zwar werden gewisse Charakteristika als Einflussgrößen erkannt, wie z.B. soziale und akademische Integration, kulturelle Distanz, Stress und Diskriminierung, sowie interkulturelle Kompetenzen, Coping-Strategien und soziale Unterstützung, allerdings wurden diese in der Forschung noch nicht gründlicher hinsichtlich ihrer Komplexität erforscht. Zum Beispiel hat das die National Educational Panel Study Schulnoten, Familienstrukturen, alternative Studiengänge für Personen mit Migrationshintergrund, die Weiterbildung von Lehrenden und andere Faktoren, die die akademische Leistung von Personen mit Migrationshintergrund beeinflussen sollen, untersucht, dabei aber die spezifischen Perspektiven von Personen mit Migrationshintergrund nicht berücksichtigt (National Educational Panel Study, 2019).
Unter Studierenden mit Migrationshintergrund ist die Abbruchquote bei 43%, während sie bei Studierenden ohne Migrationshintergrund nur 29% beträgt (Heublein et al. 2016). Deshalb geht man davon aus, dass die kulturelle Passung eine wichtige Rolle für den Studienerfolg spielt. Die kulturelle Anpassung von insbesondere Migrant*innen erster Generation bedeutet Belastung für die eingewanderten. Aber auch Migrant*innen zweiter Generation, die gut angepasst sind, erleben häufig interindividuelle und strukturelle Diskriminierung. Diskriminierung hängt stark davon ab, welche Perspektive auf kulturelle Vielfalt eingenommen wird. Die institutionelle Diversity Kultur beeinflusst, wie die Interaktionen innerhalb einer Organisation ablaufen, und ist ein wichtiger Prädiktor für erfolgreiche Integration (Genkova & Ringeisen, 2017; Genkova & Riecken, 2020). In Europa sind besonders die Art der Leistungserfassung, Informationssysteme, Ausbildung des Lehrpersonals und bürokratische Hürden mit der Diversity Kultur im Bildungssystem verbunden. Je nach Bildungssystem, Organisationskultur, kultureller Distanz und Diskriminierungserfahrungen kann der Bildungsalltag daher als unterschiedlich belastend erlebt werden. Für den Umgang mit diesen Belastungen ist maßgeblich, welche Kompetenzen, Ressourcen und Stressbewältigungsstrategien (Coping-Strategien) dem Individuum zur Verfügung stehen.