DiViFaG

Die Limette ist ein Trainingszentrum der Medizinischen Fakultät an der westfälischen Wilhelms- Universität in Münster. Dieses dient den Medizinstudierenden zur Weiterentwicklung ihres theoretischen und praktischen Fachwissens und fokussiert insbesondere das Lernen durch Erleben und die Wissensreproduktion auf Grundlage emotionaler Erfahrungen. Durch die Arbeit mit Schauspielern, werden die angehenden Ärztinnen und Ärzte auf den Patientenkontakt praxisnah vorbereitet.

So fand bei unserem Besuch ein sehr wertvoller Austausch zum Thema der Transferfähigkeit von Lehre in die Praxis unter Anwendung des Konzeptes der Fallarbeit statt. Dabei ist deutlich geworden, dass unter Erzeugung von Emotionen, die im Zusammenhang mit geplanten Kontakten mit Patientenfällen hervorgerufen werden, nicht nur die Entwicklung eines empathischen Fallverstehens gefördert, sondern auch die Reproduktion des Gelernten auf ähnliche Situationen in der Praxis hervorgerufen wird. Demnach sind insbesondere konflikthafte Patientenkontakte im Rahmen der Fallarbeit für die Anwendung von Wissen in der Praxis wertvoll, da fachlich korrekte Reaktionen auch in Momenten der Ratlosigkeit, Angst, des Ekels o. ä. erprobt werden um diese anschließend in der Praxis reproduzieren zu können.

Auch wir arbeiten im Rahmen unserer Projektidee mit authentischen Patientenfällen und darunter realistischen Podcasts, Patientenvorstellungen durch Videosequenzen und realitätsnaher Einübung von Fertigkeiten in der Virtual Reality (VR). Durch die dabei ausgelösten Emotionen, erhoffen wir uns einen positiven Kompetenzerwerb bei den Studierenden.

Im September 2020 konnten wir die Gelegenheit der Präsenzlehre nutzen und das virtuelle Lernszenario zur Infusionsvorbereitung inklusive der neuen VR- Technik erstmals vorstellen.
Die Studienrenden des ersten Semesters des Studiengangs Pflege dual am Campus Lingen (Ems) bekamen die Möglichkeit die VR-Brille aufzusetzen und das Lernszenario durchzuspielen. Die Aufgabe war es, eine Infusion fachgerecht vorzubereiten.
Sie hatten zuvor noch keine Berührunkspunkte mit der Virtual Reality und wurden auf die Übung nicht vorbereitet. Das Ziel dabei war es herauszufinden, inwieweit eine intuitive Bedienbarkeit der Technik unter Anleitung von "außen" möglich ist. Die Videos zeigen kurze Eindrücke aus der Erprobungsphase in der Lehre und wurden aufgenommen während die Studierenden mithilfe der VR- Brille in einem virtuellen Pflegearbeitsraum eine Infusion vorbereiten. Im Video sind die reinen Bewegungen bei der Durchführung des Lernszenarios zu sehen, welche jedoch in dem virtuellen Raum sachlogisch in die gestellte Aufgabe passen. Für die Außenstehenden ergeben sich diese interessanten Szenen, die auf dem Laptopbildschirm in ihrer Sachlogik nachempfunden werden können.

Das Lernszenario zur Vorbereitung einer Infusion profitiert durch eine verbesserte Grafik. Wie so ein virtuelles Lernszenario aussehen kann und durchgeführt wird, bietet der Einblick in dieses kurze Video.

Hier ein erster Einblick in die VR- Simulationen. Die Bilder stammen aus dem Virtual SkillsLab und zeigen Ausschnitte aus dem Szenario zur Vorbereitung einer Infusion.

Prof. Dr. Stefanie Seeling sammelte im Forschungssemester an der Universität Edinburgh, Nursing Studies, Einblicke durch Hospitationen in der Lehre auf der Clinical Ward am Universitätsklinikum. Interdisziplinäre Lehre zwischen Pflege- und Medizinstudierende ist ein regulärer Bestandteil des Curriculums. Die Lehre findet in unterschiedlichen Formen, wie in gemeinsamen Lehrveranstaltungen in Kleingruppen auf der Clinical Ward an verschiedenen Themen z.B. Vitalzeichenkontrolle oder der Durchführung einer Reanimation statt. In jedem Studienjahr sind verbindliche gemeinsame Lehrveranstaltungen u.a. Grundversorgung, Critical Thinking, Nachtschicht und verschiedene unklare Aufnahmesituationen modular verankert.
Weiter kann die Lehre auch in konkreten Situationen an einer Sim Puppe verdeutlicht werden, was mit einer gemeinsamen Reflexion endet. Die Situationen werden auch deutlich interaktiver durch Simulationspatienten inszeniert.
Zur Überprüfung des Wissenstandes erfolgt die Nutzung von VR- Technik zur Diagnostik und ersten Behandlungsstrategien zu unspezifischen Fällen, welche im klinischen Kontext verortet sind. Die Aufgabe ist die VR- Fälle in einer sachlogischen Reihenfolge zu analysieren, d. h. verschiedene Diagnostiken und körperliche Untersuchungen durchzuführen, Differenzialdiagnostik anzuwenden um im Ergebnis eine pflegerische und medizinische Diagnostik vorzuweisen, die den Fall beschreibt und die Basis für die notwendige Therapie darstellt. Die Auswertung erfolgt differenziert für jeden Studierenden nach einem %- Wert an dem er/ sie seinen/ ihren Lernfortschritt nachvollziehen kann.

Das Kooperationsprojekt „DiViFaG – Digitale und Virtuell unterstützte Fallarbeit in den Gesundheitsberufen“ ist im Januar 2020 an der Fakultät Management, Kultur und Technik/ Institut für duale Studiengänge in Lingen gestartet. Das Ziel ist es, ein transferfähiges und digitales Konzept für die problemorientierte Fallarbeit im Studiengang Pflege (dual) zu entwickeln.

Durch die innovative Mensch- Technik Interaktion soll ein ortsunabhängiges selbstbestimmtes Lernen möglich sein. Die VR (Virtual Reality)-Technologie ermöglicht eine interaktive Vernetzung zwischen unterschiedlichen Pflegestudierenden und MedizinstudentenInnen. Die Entwicklung der Fallszenarien geschieht auf Basis von Studierenden- und ExpertenInnenmeinungen, die in Fokusgruppen oder Einzelinterviews ihr Wissen einbringen können. Zudem nutzen wir annonymisierte Patientendaten und Fallgeschichten aus der realen Praxis. Am Campus Lingen werden drei und insgesamt ca. zehn Fallszenarien entwickelt. Bei der Anwendung und Nutzung kommen auch Filmsequenzen, digitale Dokumentationssysteme, Chats, Videokonferenzen und digitale Lernplattformen zum Einsatz. Gerade VR-Simulationen ermöglichen eine Kompetenzentwicklung von spezifischen Techniken und Fähigkeiten in Verbindung mit einem Interaktionsszenario.

Die nächsten Schritte sind nach einer umfangreichen Literaturrecherche inkl. der Veröffentlichung eines Scoping Reviews, die Bedarfsanalyse in Form einer Auswertung von Daten aus den Fokusgruppen und den Interviews. Auf Grundlage dieser Auswertung erfolgt die Entwicklung von den Fallszenarien und dessen anschließender Einsatz in den Studiengängen der Pflege und Medizin. Darauf folgt eine erneute Datenerhebung mit dem Zweck der Evaluation der Fallszenarien. Abschließend soll aus dem Projekt ein didaktisches, im Curriculum der jeweiligen Studiengänge verankertes, als Open Educational Ressource zur Verfügung stehendes Konzept resultieren.

Hier geht es weiter zur offiziellen Pressemitteilung.