KeGL – Kompetenzentwicklung von Gesundheitsfachpersonal im Kontext des Lebenslangen Lernens
Expertenseite für die Anrechnung
Anrechnung
Herzlich Willkommen zur Expertenwebsite für Fragen zur Anrechnung von außerhochschulisch und hochschulisch erworbenen Kompetenzen auf Module der wissenschaftlichen Weiterbildung an einer Hochschule!
Im Rahmen des Forschungsprojektes Kompetenzentwicklung von Gesundheitsfachpersonal im Kontext des Lebenslangen Lernens (KeGL) haben wir uns intensiv mit der Thematik der Anrechnung von außerhochschulisch und hochschulisch erworbenen Kompetenzen auseinandergesetzt. Unsere hierbei gewonnene Expertise möchten wir mit Ihnen teilen. Wir weisen explizit daraufhin, dass es verschiedene Möglichkeiten und Maßstäbe der Anrechnung in den einzelnen Bundesländern oder auch an den jeweiligen Hochschulen gibt. Auf dieser Website stellen wir unsere Erkenntnisse auf Basis der in Niedersachsen geltenden Rechtslage dar.
Viele Teilnehmende unserer wissenschaftlichen Weiterbildung kommen aus der beruflichen Praxis und verfügen bereits über wertvolle Kenntnisse und Fähigkeiten, die auch im Rahmen der Hochschulbildung relevant sind. Die Hochschule Osnabrück legt Wert auf praktische Anteile im Studium und in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Eine Würdigung diese bereits vorhandenen Kompetenzen ist in vielerlei Hinsicht für die Weiterbildungsnachfragenden sehr wichtig: Zeitersparnis, finanzielle Aspekte, Anerkennung im Kontext des Lebenslangen Lernens ohne „Lernschleifen“.
Außerhochschulisch erworbene Kompetenzen können im Rahmen der Berufstätigkeit oder beruflicher Fort- und Weiterbildungen erworben werden (z.B. besondere Ausbildungen, Qualifikationen, Fort- und Weiterbildungen, in der Berufspraxis speziell erarbeitete Kenntnisse und Fähigkeiten). Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 2b des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) müssen die im Beruf oder in der beruflichen Fort- bzw. Weiterbildung erworbenen Kompetenzen auf Module im Falle ihrer Gleichwertigkeit mit den in dem entsprechenden Modul verlangten Kompetenzen angerechnet werden. In anderen Lebensbereichen erworbene Kompetenzen (z.B. bei der häuslichen Pflege von Angehörigen) müssen zwar aufgrund des insofern eindeutigen Wortlauts sowie auch in Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Norm nicht angerechnet werden, aber sie können angerechnet werden. Hierbei empfiehlt sich - schon aufgrund des Umstands, dass die Aneignung von Kompetenzen einer gewissen Regelmäßigkeit und Dauer des Lernens bedarf - die Anrechnung außer-beruflicher Kompetenzen auf Fälle zu beschränken, bei denen die zu Grunde liegende Tätigkeit in Dauer und Regelmäßigkeit einer Erwerbstätigkeit entspricht.
Hochschulische Kompetenzen können entweder im Rahmen von Studiengängen oder im Rahmen einer wissenschaftlichen Weiterbildung an einer Hochschule – sofern diese zumindest auf Bachelor-Niveau stattgefunden hat – erworben worden sein. Problematisch ist hierbei der Umstand, dass – anders als bei Studiengängen – bei Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung eine Akkreditierung nicht stattfindet, so dass – außer der anbietenden Hochschule selbst – keine Instanz vorhanden ist, die jenes Niveau verbürgt. Diesem Mangel kann seitens der Hochschulen nur durch entsprechende hochschulinterne Maßnahmen der Qualitätssicherung bzw. zusätzlich durch eine hochschulexterne „Zertifizierung“ der Angebote durch eine Akkreditierungsagentur begegnet werden. Entscheidend ist hierbei insbesondere, dass sich aus den Modulbeschreibungen ein hochschulisches Niveau herauslesen lassen muss, d.h. die tatsächlich vermittelten Kompetenzen müssen sich entweder durch die Begrifflichkeit mindestens der 6. Niveaustufe des DQR oder mindestens der Bachelor-Stufe des HQR abbilden lassen. Auch die Prüfungsform ist von großer Bedeutung, d.h. Prüfungen müssen in Art und Umfang denjenigen Prüfungen entsprechen, die bei Studiengängen üblich sind. Gleiches gilt für die Prüf-Berechtigung.
Die Anrechnung außerhochschulisch sowie hochschulisch erworbener Kompetenzen folgt ganz allgemein der Intention, Redundanzen im Verlauf der jeweiligen Bildungsbiographien zu vermeiden. Für die Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen ist zusätzlich deren Integration in die Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung relevant. Im Rahmen der beruflichen Tätigkeit agieren Personen täglich mit Situationen, bei denen flexibel und situativ agiert und reagiert werden muss. Hierfür bedarf es gezielter Kompetenzen, die der Bewältigung von Situationen dienen und flexibel eingesetzt werden können. Im Rahmen eines Studiums oder der wissenschaftlichen Weiterbildung in Form von Zertifikationsprogrammen an der Hochschule Osnabrück werden theoretische Kenntnisse in Kombination mit einem gezielten Theorie-Praxis-Transfer vermittelt, die für die praktische Umsetzung im Berufsumfeld entscheidend sind. Der Theorie-Praxis Transfer ist aus der Sicht der Hochschulen immer entscheidend. Hierbei geht es aber nicht nur um die Umsetzung einer Theorie in den Berufsalltag, sondern auch um die methodische und theoriegeleitete Reflexion der aus beruflicher Tätigkeit gewonnenen Kompetenzen, wodurch die Studierenden von Modulen oder Programmen der wissenschaftlichen Weiterbildung dazu befähigt werden sollen, die erworbenen Kompetenzen auf in verschiedene berufliche Situationen zu übertragen und anzuwenden. Außerhochschulisch, insbesondere beruflich erworbene Kompetenzen bilden demnach nicht nur den Gegenstand, sondern zudem die Voraussetzung hochschulischen Lernens innerhalb der wissenschaftlichen Weiterbildung, und deshalb sollte bei denjenigen bereits außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen, die keine wesentlichen Unterschiede zu den Lernergebnissen eines Moduls der wissenschaftlichen Weiterbildung aufweisen, eine Würdigung durch Anrechnung erfolgen.
Durch die Anrechnung von bereits erworbenen Kompetenzen von Studierenden wird das Profil der Hochschule im Sinne der Offenen Hochschulen (Lebenslanges Lernen) geschärft. Des Weiteren kann die Hochschule ihr Profil erweitern. Die Hochschulen würdigen durch die Anrechnung von bereits erworbenen Kompetenzen von Studierenden deren Bildungsbiographien in ihrer Gesamtheit gewürdigt. Hierdurch öffnet sich die Hochschule denjenigen Personenkreisen, die bereits Berufserfahrung und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit Kompetenzen erworben haben.
Durch die Anrechnung der erworbenen Kompetenzen verkürzt sich die Laufzeit Ihres Programmes, und Ihre bisherigen Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung werden gewürdigt.
Die Thematik der Anrechnung von Kompetenzen ist ein komplexes Thema, daher bedarf es zunächst einer Schaffung eines gemeinsamen Grundverständnisses.
Unter den maßgeblich Hochschulakteuren besteht weitestgehend Einigkeit darüber, die Grundsätze des Übereinkommens über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region vom 11. April 1997 (BGBl. 2007 II S. 712), d.h. des sog. Lissabon-Übereinkommens und mithin den Maßstab des nicht wesentlichen Unterschieds bei der Prüfung von Anrechnungsanträgen zu Grunde zu legen. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs spielt die Frage der inhaltlichen Übereinstimmung von Ausgangskompetenz und Zielkompetenz nicht die primäre Rolle, vielmehr lautet die entscheidende Frage für die Prüfung wesentlicher Unterschiede, ob die Anrechnung der bisher erworbenen Kompetenzen dazu führt, dass die Studierenden erfolgreich weiter studieren oder forschen können und ihre beruflichen Aussichten zumindest nicht vermindern oder ob das Gegenteil der Fall ist. Und nur dann, wenn der Studienerfolg oder die Berufschancen gefährdet sind, liegt ein wesentlicher Unterschied vor. Relevant wird hierbei der Unterschied zwischen Studienerfolg und Berufschancen dann, wenn z.B. Kompetenzen aus einem Weiterbildungsangebot einer Hochschule, das nicht zu einem Studiengang gehört, auf Module aus einem Studiengang angerechnet werden sollen. Stammen die erworbenen Kompetenzen aus einem solchen Weiterbildungsangebot und steht fest, dass diese Kompetenzen die Berufschancen der Studierenden erhöhen (z.B. weil das Weiterbildungsangebot gerade deshalb konzipiert wurde, weil die Hochschule empirisch - z.B. weil aufgrund einer Arbeitgebendenbefragung ein entsprechender Bedarf ermittelt wurde - und/oder aus theoretischen Überlegungen ermittelt hat, dass sich mit den dort erworbenen Kompetenzen die beruflichen Chancen erhöhen), dann ist eine Anrechnung auf ein Vertiefungsmodul eines Studiengangs - zumindest in Hinsicht auf das Merkmal „Berufschancen“ - angezeigt, wohingegen die Anrechnung auf ein Modul, das mehr am Anfang des Studiengangs gelehrt wird, dann problematisch sein könnte, wenn hierdurch Kompetenzen, welche die Voraussetzung für die Erlangung von solchen Kompetenzen, die erst im weiteren Verlauf des Studiengangs erlernt werden können, nicht mehr erlernt werden. Dann nämlich wäre der Studienerfolg gefährdet.
Problematisch an der hier vorgeschlagenen Sichtweise ist nun Zweierlei: Erstens ist zwischen Literatur und Rechtsprechung umstritten, auf welche Lehreinheit sich der Begriff „Studienerfolg“ überhaupt bezieht: auf das einzelne Modul oder auf den Abschluss des gesamten Studiengangs bzw. des Weiterbildungsangebots. Zweitens bezieht sich der Begriff „Studienerfolg“ vornehmlich auf Studiengänge. Es stellt sich also die Frage, ob dieser Begriff auch dann sinnvoll ist, wenn es nicht um die Frage der Anrechnung von Modulen aus hochschulischen Weiterbildungsangeboten auf Studiengänge, sondern um die Frage der Anrechnung von Kompetenzen auf Module von Weiterbildungsangeboten geht. Hierbei dürfte die Sinnhaftigkeit dieses Maßstabs entscheidend davon abhängen, ob das jeweilige Weiterbildungsangebot eine Gesamt-Kompetenz vermittelt (z.B. „Experte für…“) oder ob es mehr darum geht, den Weiterbildungsstudierenden das Nachholen einzelner Kompetenzen zu vermitteln, die nicht unbedingt in einem Gesamt-Zusammenhang stehen. Und nur im ersten – wohl überwiegend in der Praxis zutreffendem Fall – kann von einem Studienerfolg in Bezug auf die Gesamt-Kompetenz gesprochen werden. Ist eine Gesamt-Kompetenz nicht ermittelbar, muss folglich bei der Prüfung des Anrechnungsantrags auf die jeweiligen Modul-Kompetenzen rekurriert werden. Problematisch ist hier jedoch, dass die Rechtsprechung überwiegend ein modulbezogener Studienerfolg nur dann bejaht, wenn die in Rede stehenden Prüfungsleitungen des jeweiligen Moduls „der Sache nach erbracht“ sind, wohingegen in der Literatur – in Anlehnung auf übliche, prüfungsrechtliche Maßstäbe – vertreten wird, dass die Prüfungsleistungen durch die vorhandene Kompetenzen zu 50% abgedeckt werden. Alle Lösungsansätze haben ihre jeweiligen Problematiken. Die modulbezogene Lösung hat hierbei ihre augenfälligste Problematik darin, dass hierbei Prüfungsleitungen und Kompetenzen amalgamiert werden. Zudem ist diese Lösung abhängig von einer Homogenität von Modulbeschreibungen in Hinsicht auf die Beschreibung von Kompetenzen, die in der Praxis so nicht existiert. Sollte eine Gesamt-Kompetenz ermittelbar sein, so empfiehlt sich bei der Prüfung des Merkmals „Studienerfolg“ ein alleiniges abstellen auf eben jene Gesamt-Kompetenz. Die verschiedenen Ansätze und ihre jeweiligen Problematiken nebst diesbezüglicher Lösungsansätze sind in dem nachfolgenden Schaubild zusammengefasst.
Haben Sie noch Fragen?
Sie können sich gerne an folgende Ansprechperson wenden:
Markus Haar
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Telefon: 0541 969-7073
E-Mail: m.haar@hs-osnabrueck.de