Umsetzung des Schutzauftrages durch den öffentlichen Jugendhilfeträger unter Beachtung öffentlicher Verwaltungsstrukturen im Kinderschutz
- Fakultät
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo)
- Version
Version 1 vom 22.07.2024.
- Modulkennung
22B1544
- Niveaustufe
Bachelor
- Unterrichtssprache
Deutsch
- ECTS-Leistungspunkte und Benotung
5.0
- Häufigkeit des Angebots des Moduls
Winter- und Sommersemester
- Dauer des Moduls
1 Semester
- Kurzbeschreibung
Bei Vorlage gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung hat das Jugendamt das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Dabei müssen Fachkräfte u.a. bewerten, ob ein Schutzauftrag vorliegt, Erziehungsberechtigte in der Lage sind, Verhaltensweisen zum Schutz von Kindern/Jugendlichen zu verändern und welches Gefährdungsrisiko Kindern/Jugendlichen droht, sollte sich ihre Situation nicht verändern. In den Prozess der Gefährdungseinschätzung sind die Erziehungsberechtigten sowie die Kinder/Jugendlichen mit einzubeziehen. Der Beratungsprozess ist verlaufsspezifisch und ergebnisorientiert zu dokumentieren.
In Fällen eines Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung haben die Fachkräfte den Betroffenen gegenüber klar zu benennen, was zum Schutz eines Kindes/Jugendlichen erforderlich ist. Unter Achtung des grundgesetzlich verankerten Elternrechts sowie eines vertrauensvollen, transparenten und partizipativen Vorgehens liegt der Fokus auf einer aktiven Einbeziehung der Erziehungsberechtigten. Ihnen sind zur Gefahrenabwehr geeignete Hilfen anzubieten.
Sofern es zum Schutz des Kindes/der*des Jugendlichen erforderlich ist, ruft das Jugendamt das Familiengericht an und wirkt dabei bei Bedarf mit einer präzise formulierten behördlichen Äußerung auf einen Eingriff in das elterliche Sorgerecht hin.
Bei der Arbeit im Jugendamt sind die Strukturen der öffentlichen Verwaltung und die sich daraus ergebenden Verfahrensabläufe zu beachten. Gerade in Kinderschutzfällen, insbesondere beim Installieren von Hilfen zur Unterstützung der Erziehungsberechtigten bei der Gefahrenabwehr bzw. dem Anrufen des Familiengerichts, benötigen die Fachkräfte verwaltungsrechtliche Handlungssicherheit. Das gilt auch für die Klärung sachlicher und örtlicher Zuständigkeit.
- Lehr-Lerninhalte
Beratungen zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos
- Vorbereitung einer Einschätzung des Gefährdungsrisikos
- Präsentation gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung
- Durchführung der Einschätzung des Gefährdungsrisikos im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte
- Dokumentation der Einschätzung des Gefährdungsrisikos
- Gestaltung von Vereinbarungen zum Schutz von Kindern/Jugendlichen
- Elternarbeit für einen aktiven Kinderschutz
- Theoriegeleitetes Vorgehen bei der Erstellung von Vereinbarungen zum Schutz von Kindern/Jugendlichen
- Partizipatives und transparentes Vorgehen unter Beteiligung der betroffenen Erziehungsberechtigten sowie der Kinder/Jugendlichen
- Schriftliche Fixierung der Schutzvereinbarung.
Öffentliche Verwaltung
- Aufbau der Verwaltungsorganisation in der BRD
- Organisations- und Prozessmanagement in der Kommunalverwaltung insbesondere im Bereich Familie, Jugend, Soziales
- Management und Controlling insbesondere Steuerung mit Kennzahlen sowie Berichtswesen in der Kommunalverwaltung
- Digitale Transformation und E-Government (Onlinezugang, E-Akte, Workflow)
- Gesamtarbeitsaufwand
Der Arbeitsaufwand für das Modul umfasst insgesamt 150 Stunden (siehe auch "ECTS-Leistungspunkte und Benotung").
- Lehr- und Lernformen
Dozentengebundenes Lernen Std. Workload Lehrtyp Mediale Umsetzung Konkretisierung 60 Vorlesung Präsenz - Dozentenungebundenes Lernen Std. Workload Lehrtyp Mediale Umsetzung Konkretisierung 70 Erstellung von Prüfungsleistungen - 20 Veranstaltungsvor- und -nachbereitung -
- Benotete Prüfungsleistung
- Klausur oder
- Referat (mit schriftlicher Ausarbeitung) oder
- Portfolio-Prüfungsleistung
- Bemerkung zur Prüfungsart
Die Portfolioprüfung umfasst insgesamt 100 Punkte und besteht aus den Prüfungselementen Referat (R) und einer Hausarbeit (HA). Das Referat und die Hausarbeit werden jeweils mit 50 Punkten gewichtet.
- Prüfungsdauer und Prüfungsumfang
Die Klausurdauer kann der jeweils gültigen Studienordnung entnommen werden.
Das Referat als alleinige Prüfungsform hat die Dauer von ca. 40 Minuten, die dazugehörige Ausarbeitung umfasst ca. 10 Seiten.
Das Referat in der Portfolioprüfung hat eine Dauer von ca. 20 Minuten, die dazugehörige Ausarbeitung umfasst ca. 7 Seiten.
Die Hausarbeit im Rahmen der Portfolio Prüfung umfasst ca. 15 Seiten.
Die Anforderungen werden in der jeweiligen konkreten Veranstaltung präzisiert.
- Empfohlene Vorkenntnisse
Dieses Modul versteht sich als vertiefende Studienmöglichkeit, indem hier grundlegende Kenntnisse u. a. aus dem Modul „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung durch den öffentlichen Jugendhillfeträger“ aufgegriffen und in praktische Anwendung gebracht werden. Darüber hinaus werden auch Inhalte der Module „Familien- und Jugendrecht für die Soziale Arbeit“, "Beratung I: Grundlagen sozialprofessioneller Beratung“ und „Beratung II: Zielgruppen, Methoden, Anwendungsbereiche sozialprofessioneller Beratung“, „Soziale Exklusion und Inklusion im Kontext Sozialer Arbeit", „Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit: Case Management und Dokumentation" aufgegriffen, in einem erweiterten Anwendungskontexten vertiefend betrachtet, analysiert und dadurch erweitert werden.
- Wissensverbreiterung
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben:
- können unterschiedliche Beratungsmethoden zur Gefährdungseinschätzung sicher anwenden
- können gewichtige Anhaltspunkte einer Kindeswohlgefährdung für eine Gefährdungseinschätzung in Kausalzusammenhängen (eingeschränkte/fehlende Erziehungsfähigkeit und dessen Auswirkungen für das Kind/die*den Jugendlichen) aufbereiten
- können eine Gefährdungseinschätzung strukturell und inhaltlich vorbereiten, moderieren und dokumentieren (z.B. die fachbehördliche spzialarbeiterische Äußerung vor dem Familiengericht)
- können das Gefährdungsrisiko von Kindern und Jugendlichen theoriegeleitet einschätzen.
- können tragfähige Vereinbarungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen unter Beachtung des Elternrechts und der Elternverantwortung erarbeiten und deren Praxistauglichkeit überprüfen. Dabei können sie zwischen Problemeinsicht/Kooperationsbereitschaft und Veränderungsbereitschaft/Veränderungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten unterscheiden.
- sind und der Lage, fachbehördliche spzialarbeiterische Äußerungen zum Kinderschutz zu formulieren
- kennen Schutzkonzepte der Jugendämter und können diese kritisch bewerten
- kennen den Aufbau und die Struktur öffentlicher Verwaltungen
- kennen Verfahrensabläufe öffentlicher Verwaltungen insbesondere beim Installieren einer Hilfe zur Erziehung
- Wissensvertiefung
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, erlangen vertiefende Einblicke in die Beratung zur Gefährdungseinschätzung. Dabei sind sie in der Lage, komplexe Kinderschutzsachverhalte einer theoretisch geleiteten Bewertungsanalyse zu unterziehen und das Gefährdungsrisiko eines Kindes/einer*eines Jugendlichen theoriegeleitet einzuschätzen sowie die Beratung in Verlauf und Ergebnis zu dokumentieren. Sie kennen die Prozesse und Strukturen einer öffentlichen Verwaltung und können darin sicher agieren.
- Wissensverständnis
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, sind in der Lage, Lösungen für Ursachen von Kindeswohlgefährdung zu erarbeiten und dabei sozial- und erziehungswissenschaftlich sowie entwicklungspsychologisch begründete Zusammenhänge mit einzubeziehen. Sie können zwischen einer Problemeinsicht/Kooperationsbereitschaft der Erziehungsberechtigten und deren Veränderungsfähigkeit/Veränderungsbereitschaft unterscheiden. Sie können die Effizienz und Effektivität von Strukturen und Abläufen in einer öffentlichen Verwaltung einschätzen und an Lösungen für Verbesserungen mitarbeiten.
- Nutzung und Transfer
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, erwerben theoretische und praxisbezogene Kenntnisse zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos bei Kindeswohlgefährdung. Sie können auch komplexe Kinderschutzsachverhalte beschreiben und Prognosen zum hinreichend wahrscheinlichen Schaden für ein Kind/eine*einen Jugendliche*n erstellen. Sie sind in der Lage, Erziehungsberechtigten in verständlicher Sprache Gefährdungssachverhalte zu erläutern. Sie wissen um Gesprächskonstellationen und können schwierige Verläufe durch den situativen Einsatz passender Methoden positiv gestalten.
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen die Grundlagen der wesentlichen Instrumente und Methoden zur Abbildung und Gestaltung von Strukturen und Prozessen in der öffentlichen Verwaltung. Sie können die theoretischen und rechtlichen Grundlagen mit Verwaltungs- und pädagogischen Handeln in Verbindung bringen und sind in der Lage die Anwendungspraxis und die dahinterliegenden Steuerungsprozesse zu analysieren und zu bewerten.
- Wissenschaftliche Innovation
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können valide Kriterien einer Kindeswohlgefährdung bei der Einschätzung des Gefährdungsrisikos einbringen.
- Kommunikation und Kooperation
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen das methodisch geleitete Vorgehen zur Gefährdungseinschätzung von Kinderschutzfällen. Sie sind in der Lage, im Beratungssetting einen Advocatus Diaboli herauszubilden, ohne den Blick auf das Kind/die*den Jugendlichen zu verlieren. Sie können bei Widerständen und schwierigen Beratungsprozessen zur Gefährdungseinschätzung agieren. Es gelingt ihnen, Kinderschutzsachverhalte verständlich zu formulieren und tragfähige Vereinbarungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Erziehungsberechtigten zu erarbeiten. Sie können fachliche Äußerungen zu einer Kindeswohlgefährdung formulieren und sicher vertreten. Sie sind in der Lage, Beratungsprozesse inhaltlich auszuwerten und aus den gewonnenen Aspekten Schlüsse für einen verbesserten Kinderschutz zu ziehen. Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können im interdisziplinären Dialog sozialpädagogische Fachlichkeit vermitteln und begründen. Es ist ihnen möglich, Perspektiven anderer Disziplinen zu integrieren. Sie sind insbesondere in der Lage, mit verwaltungsspezifisch ausgebildeten Mitarbeiter*innen auf der Grundlage der erlernten Fachbegriffe sicher zu kommunizieren.
- Wissenschaftliches Selbstverständnis / Professionalität
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können den Schutzauftrag im Rahmen der Einschätzung des Gefährdungsrisikos bei Vorlage gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung theoriegeleitet benennen.
- Literatur
Brazelton, B., T.; Greenspan, S., I. (2002): Die sieben Grundbedürfnisse von Kindern; Weinheim und Basel: Beltz
Deegener, G.; Körner, W. (2005): Kindesmisshandlung und Vernachlässigung – Ein Handbuch. Göttingen u.a.: Hogrefe
Deegener, G.; Körner, W. (2006): Risikoerfassung bei Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Theorie, Praxis, Materialien. Lengerich u.a.: Pabst
Gerber, Christine & Lillig, Susanne (2018). Gemeinsam lernen aus Kinderschutzverläufen. Eine systemorientierte Methode zur Analyse von Kinderschutzfällen aus fünf Fallanalysen, Beiträge zur Qualitätssicherung im Kinderschutz 9. Herausgegeben vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH). Köln.
Gourmelon, A./Mroß, M./Seidel, S. (2018): Management im öffentlichen Sektor: Organisationen steuern - Strukturen schaffen - Prozesse gestalten, Heidelberg: Rehm
Hammer, M. & Plößl, I. (2012). Irre verständlich. Menschen mit psychischer Erkrankung wirksam unterstützen; Bonn: Psychiatrie Verlag
Heckhausen, J. Heckhausen, H. (Hrsg.) (2018) Motivation und Handeln; Berlin: Springer Verlag
Heinz Kindler, Lillig, Susanna, Blüml, Herbert, Meysen, Thomas & Werner, Annegret (Hrsg.). Handbuch Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). München: Deutsches Jugendinstitut (DJI)
Hopp, H./Göbel, T. (2013): Management in der öffentlichen Verwaltung: Organisations- und Personalarbeit in modernen Kommunalverwaltungen, Stuttgart: Schäffer-Poeschel
Kunkel, P.-C.; Kepert, J.; Pattar, A.K. [Hrsg.] (2017): LPK SGB VIII - Lehr- und Praxiskommentar SGB VIII, 8. Auflage, Baden-Baden: Nomos.
Levold, T. & Wisching, M. (Hrsg.) (2014): Systemische Therapie und Beratung – das große Lehrbuch; Heidelberg: Carl Auer-Verlag
Miller/ Rollnick (2009): Motivierende Gesprächsführung; Freibrurfg im Breisgau: Lambertus
Möller, Winfried (Hrsg.) (2021). Praxiskommentar SGB VIII. 3. Auflage. Köln: Reguvis.
Münder, Johannes, Meysen, Thomas & Trenczek, Thomas (Hrsg.) (2018). FK-SGB VIII – Frankfurter Kommentar zum SGB VIII. 8. Auflage. Baden-Baden: Nomos.
Noyon, A. & Heidenreich, T. (2013). Schwierige Situationen in Therapie und Beratung; Weinheim: PVU
Tabatt-Hirschfeldt, A. (2018): Öffentliche Steuerung und Gestaltung der kommunalen Sozialverwaltung im Wandel, Wiesbaden: Springer
Wabnitz, R. [Hrsg.] (2021): GK-SGB VIII Gemeinschaftskommentar zum SGB VIII, Loseblattsammlung, Köln: Luchterhand
Wiesner, R. [Hrsg.] (2015): SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe Kommentar, 5. Auflage, München: Beck
Zobrist, P.; Kähler, D. (2017): Soziale Arbeit in Zwangskontexten; München: Reinhard Verlag
- Zusammenhang mit anderen Modulen
Das Modul ist Teil des Schwerpunktes „Kinderschutz“ und steht damit in Zusammenhang mit den Modulen „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung durch den öffentlichen Jugendhilfeträger“ und „Netzwerkarbeit und Digitalisierungsprozesse im Kinderschutz“. Es bereitet insbesondere auf die Module „Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit: Multiperspektivische Fallarbeit und Beratung“ sowie „Wissenschaftliches Praxisprojekt“ vor.
- Verwendbarkeit nach Studiengängen
- Soziale Arbeit
- Soziale Arbeit, B.A. (01.09.2024)
- Modulpromotor*in
- Radewagen, Christof
- Lehrende
- Radewagen, Christof