Netzwerkarbeit und Digitalisierungsprozesse im Kinderschutz
- Fakultät
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo)
- Version
Version 1 vom 22.07.2024.
- Modulkennung
22B1545
- Niveaustufe
Bachelor
- Unterrichtssprache
Deutsch
- ECTS-Leistungspunkte und Benotung
5.0
- Häufigkeit des Angebots des Moduls
Winter- und Sommersemester
- Dauer des Moduls
1 Semester
- Kurzbeschreibung
Kinderschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, liegt in der Federführung öffentlicher Jugendhilfeträger und von Familiengerichten. Das SGB VIII als Rechtsgrundlage der Kinder- und Jugendhilfe baut auf dem Handlungskonzept der Lebensweltorientierung auf. Danach haben sich die Fachkräfte bei ihren Kontakten zu den Adressat*innen u.a. an den Handlungsmaximen:
1. einer vertrauensvollen Beziehung,
2. der Partizipation und Transparenz im Vorgehen sowie
3. einer an den Ressourcen orientierte Gestaltung von Unterstützungsleistungenzu orientieren. Für einen effektiven Kinderschutz kann es notwendig sein, von diesen Grundsätzen bewusst abzuweichen. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn die Einbeziehung betroffener Personen zu einer weiteren Gefährdung für Kinder/Jugendliche führen würde. Auch kann es zum Schutz der Minderjährigen notwendig sein, zusätzliche Part-ner*innen (Ärzt*innen, Hebammen, Lehrer*innen, Richter*innen etc.) – auch gegen den Willen der Betroffenen – hinzuziehen zu müssen. Zum Teil müssen dafür auch digitale Ressourcen, wie z.B. die videogestützte Kommunikation, genutzt werden. Dabei gilt es datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten und sicher anzuwenden.
Dokumentation und das Berichtswesen werden in der öffentlichen Verwaltung zunehmend digitalisiert, was gerade im Kinderschutz von Bedeutung ist: Zum Schutz der betroffenen Kinder und Jugendlichen müssen zentrale Informationen zu Gefährdungsfällen und kritischen Fallverläufen für die zuständigen Fachkräfte unmittelbar verfügbar sein. Wichtig dabei ist, dass auch im Rahmen von Digitalisierungsprozessen der adressaten- und lebensweltorientierte Ansatz des SGB VIII handlungsleitend ist.
Für die zielgerichtete digitale Datenerfassung und -verarbeitung in der Sozialen Arbeit, insbesondere im Kinderschutz, vermittelt dieses Vertiefungsmodul die notwendigen Kompetenzen. Die Modellierung von Prozessen der Sozialen Arbeit in einer Prozessmodellierungssprache bildet dabei die Schnittstelle für die Einführung und Weiterentwicklung der unterstützenden IT-Systeme (digitale Infrastruktur). Aber auch die Modellierung, Bereit-stellung und Auswertung von Daten, sowie die praktische Nutzung von Softwareprodukten, sind dabei gleichermaßen von Bedeutung.
- Lehr-Lerninhalte
Vertrauensschutz
- Handlungstheoretische Grundlagen im Kinderschutz
- Datenschutz als Vertrauensschutz im Kinderschutz
- Möglichkeiten und Grenzen der Datenverarbeitung im Kinderschutz
- Datenschutzrechtliche Grundlagen im Kinderschutz benachbarter Professionen (Ärzt*inne, Lehrer*innen, Hebammen)
Digitalisierung
- Modellierung von Prozessen der Sozialen Arbeit in einer Prozessmodellierungs-sprache als Grundlage für die Einführung und Weiterentwicklung von unterstüt-zenden IT-Systemen.
- Möglichkeiten und Grenzen der Datenerfassung und –verarbeitung mit aktuellen Tabellenkalkulationsprogrammen
- Grundkonzepte der Datenmodellierung und des Datenmanagements mit Daten-banken
- Gesamtarbeitsaufwand
Der Arbeitsaufwand für das Modul umfasst insgesamt 150 Stunden (siehe auch "ECTS-Leistungspunkte und Benotung").
- Lehr- und Lernformen
Dozentengebundenes Lernen Std. Workload Lehrtyp Mediale Umsetzung Konkretisierung 30 Vorlesung Präsenz - 30 betreute Kleingruppen Präsenz - Dozentenungebundenes Lernen Std. Workload Lehrtyp Mediale Umsetzung Konkretisierung 20 Veranstaltungsvor- und -nachbereitung - 30 Literaturstudium - 40 Arbeit in Kleingruppen -
- Benotete Prüfungsleistung
- Klausur oder
- Referat (mit schriftlicher Ausarbeitung) oder
- Portfolio-Prüfungsleistung
- Bemerkung zur Prüfungsart
Die Portfolio Prüfung umfasst insgesamt 100 Punkte und besteht aus den Prüfungselementen Referat (R) und 1-stündiger Klausur (K1). Das Referat wird mit 30 Punkten und die abschließende Klausur (K1) wird mit 70 Punkten gewichtet.
- Prüfungsdauer und Prüfungsumfang
Die Klausurdauer kann der jeweils gültigen Studienordnung entnommen werden.
Das Referat als alleinige Prüfungsform hat eine Dauer von ca. 40 Minuten, die dazugehörige Ausarbeitung umfasst ca. 10 Seiten.
Dauer des Referats als Bestandteil der Portfolioprüfung: 20-40 Minuten, dazugehörige Ausarbeitung: ca. 5-10 Seiten
Die Anforderungen werden in der jeweiligen konkreten Veranstaltung präzisiert.
- Empfohlene Vorkenntnisse
Dieses Modul versteht sich als vertiefende Studienmöglichkeit, indem grundlegende Kenntnisse aus den Modulen „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung durch den öffentlichen Jugendhilfeträger“ und „Umsetzung des Schutzauftrags durch den öffentlichen Jugendhilfeträger unter Beachtung öffentlicher Verwaltungsstrukturen im Kinderschutz“ inhaltlich mit aufgegriffen und vertiefend in praktische Anwendung gebracht werden. Zudem werden Inhalte aus den Modulen „Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit: Multiperspektivische Fallarbeit und Beratung“ aufgegriffen, in neuen Anwendungskontexten vertiefend betrachtet, analysiert und dadurch erweitert werden.
- Wissensverbreiterung
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben:
- Kennen die handlungstheoretischen Grundlagen eines Kinderschutzes, der auf dem Konzept der Lebensweltorientierung aufbaut.
- Können datenschutzrechtliche Vorgaben der DSGVO, des SGB I, SGB X und SGB VIII unter Beachtung ethischer Prinzipien Sozialer Arbeit in Kinderschutzfällen sicher anwenden.
- Kennen die Schranken der strafrechtlichen Schweigepflicht in Kinderschutzfällen
- Sind in der Lage Netzwerkpartner in Kinderschutzfällen datenschutzkonform mit einzubeziehen.
- Kennen Formen der Hilfe, die Eltern schon vor der Entstehung einer möglichen Überforderungssituationen Unterstützung anbieten (z.B. Frühe Hilfen, das Konzept der Familienhebammen) sowie deren rechtliche Grundlagen im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG). Die Studierenden erlangen Wissen darüber, welche institutionellen Partner*innen sie für die Gestaltung solcher Hilfenetzwerke einbinden können.
- Kennen datenschutzrechtliche Vorgaben für den innerbehördlichen Datenverkehr in Kinderschutzfällen.
- Können digitale Infrastrukturen in Kinderschutzfällen sicher anwenden
- Können (Teil)Prozesse der Sozialen Arbeit in einer Prozessmodellierungssprache spezifizieren.
- Können Tabellenkalkulationsprogramme (wie z.B. Microsoft Excel) einsetzen, um Daten zu erfassen und zu verarbeiten.
- Verfügen über Grundkenntnisse in der Modellierung, Speicherung und Auswertung von Daten in Datenbanken.
- Wissensvertiefung
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, erlangen vertiefende Einblicke in handlungstheoretische und datenschutzrechtliche Grundlagen im Kinderschutz. Dabei sind sie in der Lage, datenschutzrechtliche Befugnisse mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Subjektorientierung der Lebensweltorientierung zu verbinden. Im Bereich der Digitalisierung entwickeln Studierende dieses Vertiefungsmoduls Kenntnisse über die technischen Voraussetzungen und Notwendigkeiten für laufende und anstehende Digitalisierungsprojekte in der Sozialen Arbeit.
- Wissensverständnis
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, sind in der Lage, in Kinderschutzfällen notwendige Netzwerkpartner zu analysieren und für einen effektiven Kinderschutz datenschutzkonform mit einzubeziehen.
- Nutzung und Transfer
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, erwerben theoretische und praxisbezogene Kenntnisse bei der Gestaltung von Netzwerkarbeit in Kinderschutzfällen. Sie sind in der Lage, durch ein ressourcenorientiertes und partizipatives Vorgehen Betroffene mit einzubeziehen, ohne dabei den Schutz der Kinder und Jugendlichen aus den Augen zu verlieren. Sie kennen datenschutzrechtliche Vorgaben kooperierender Professionen im Kinderschutz und können rechtliche Möglichkeiten zur Datennutzung erläutern. Sie sind sicher im Umgang mit den notwendigen Möglichkeiten digitaler Unterstützungsformen im Kinderschutz und setzen dabei passend die angebotenen Werkzeuge der unterstützenden IT-Systeme ein.
- Wissenschaftliche Innovation
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen die rechtlichen und methodischen Rahmenbedingungen von Digitalisierungsprozessen und Netzwerkarbeit im Kinderschutz. Sie können sie bezüglich ihres Nutzens für den Kinderschutz analysieren und reflektiert bewerten.
- Kommunikation und Kooperation
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen das fachliche Vorgehen bei der Netzwerkarbeit in Kinderschutzfällen. Sie können zentrale Informationen aus Fallverläufen so aufbereiten, dass nur unbedingt notwendige Daten weitergegeben werden und dies den Beteiligten und Betroffenen erläutern. Zusätzlich können Studierende Anforderungen an IT-Systeme gegenüber Fachkräften aus den IT-Bereichen von Organisationen mittels Prozessbeschreibungen kommunizieren.
- Wissenschaftliches Selbstverständnis / Professionalität
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe in Kooperation mit Netzwerkpartner*innen und unter Einbeziehung digitaler Prozessesicher erfüllen.
- Literatur
Fegert, J. M.; Ziegenhain, U.; Fangerau, H. (2010): Problematische Kinderschutzverläufe. Weinheim und München: Juventa
Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. [Hrsg.] (2008): Vernachlässigte Kinder besser schützen. Sozialpädagogisches Handeln bei Kindeswohlgefährdung. München: Juventa
Jordan, E. [Hrsg.] (2008): Kindeswohlgefährdung. Rechtliche Neuregelungen und Konsequenzen für den Schutzauftrag der Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim und München
Kindler, H.; Lillig, S.; Blüml, H.; Meysen, T.; Werner, A. [Hrsg.]: Handbuch Kindeswohlge-fährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), Deutsches Jugendinstitut (dji), München 2006
Körner, W.; Deegener, G. [Hrsg.] (2011): Erfassung von Kindeswohlgefährdung in Theo-rie und Praxis, Lengerich: Pabst
Kunkel, P.-C.; Kepert, J.; Pattar, A.K. [Hrsg.] (2017): LPK SGB VIII - Lehr- und Praxiskom-mentar SGB VIII, 8. Auflage, Baden-Baden: Nomos
Lehmann, M. K.-H.; Radewagen, C., Stücker, U. (2019): Basiswissen Datenschutz, EREV, Hannover
Möller, W. [Hrsg.] (2020): PK-SGB VIII, Praxiskommentar SGB VIII, 3. Auflage, Köln: Bun-desanzeiger Verlag
Münder, J.; Meynsen, T.; Trenczek, T. [Hrsg.] (2019): FK-SGB VIII - Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 8. Auflage, Baden-Baden: Nomos
Radewagen, Chrsitof (2021): Vertrauenschutz im Kinderschutz. Herausgegeben vom Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie und dem Nds. Sozialministeriun, Hildesheim, Hannover.
Wiesner, R. [Hrsg.] (2020): SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe Kommentar, 6. Auflage, München: Beck
Hansen, H. R., Mendling, J., Neumann, G., (2019) Wirtschaftsinformatik, 12. Auflage, De Gruyter Oldenbourg
- Zusammenhang mit anderen Modulen
Das Modul ist Teil des Schwerpunktes „Kinderschutz“ und steht damit in Zusammenhang mit den Modulen „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung durch den öffentlichen Jugendhilfeträger“ und „Umsetzung des Schutzauftrags durch den öffentlichen Jugendhilfeträger unter Beachtung öffentlicher Verwaltungsstrukturen im Kinderschutz“. Es bereitet insbesondere auf das Modul „Wissenschaftliches Praxisprojekt“ vor.
- Verwendbarkeit nach Studiengängen
- Soziale Arbeit
- Soziale Arbeit, B.A. (01.09.2024)
- Modulpromotor*in
- Radewagen, Christof
- Lehrende
- Radewagen, Christof