Eingliederungshilfe als Gestaltungsaufgabe der öffentlichen Sozialhilfeträger
- Fakultät
Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo)
- Version
Version 1 vom 05.12.2024.
- Modulkennung
22B1546
- Niveaustufe
Bachelor
- Unterrichtssprache
Deutsch
- ECTS-Leistungspunkte und Benotung
5.0
- Häufigkeit des Angebots des Moduls
Winter- und Sommersemester
- Dauer des Moduls
1 Semester
- Kurzbeschreibung
Die sich in Deutschland vollziehenden Reformprozesse in der Behindertenhilfe gründen auf der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF 2005) und der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK 2009). Mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG 2016), wird dieser Reformprozess in Deutschland in mehreren Stufen vollzogen.
Ein wesentlicher Kern der Reform ist, dass das Recht der Eingliederungshilfe aus dem Recht der Sozialhilfe (SGB XII) herausgelöst und als eigenständiges Leistungsgesetz ausgestaltet wird. Wesentliche Neuerungen sind u.a. die personenzentrierte Ermittlung der Bedarfe sowie die Neustrukturierung der Bedarfsermittlung über Teilhabeplan- oder Gesamtplankonferenzen.
Für die Umsetzung und Steuerung dieser Prozesse sind die öffentlichen Sozialhilfeträger als Träger der Eingliederungshilfe verantwortlich. Die multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Fachkräften aus der Verwaltung und Fachkräften aus der Sozialen Arbeit ist ein Charakteristikum der Eingliederungshilfe und setzt ein gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Aufgabengebiete voraus. Fachkräfte aus der Sozialen Arbeit müssen neben ihrem fachspezifischen Wissen zur Eingliederungshilfe ein Verständnis für die Strukturen und Abläufe einer öffentlichen Verwaltung entwickeln und sicher im Umgang mit verwaltungsrechtlichen Grundbegriffen sein.
- Lehr-Lerninhalte
Inhaltliche Grundlagen
- UN-BRK und BTHG
- ICF-Modell von Behinderung
- Eingliederungshilfe
- Teilhabe- und Gesamtplan im Vergleich
- Begriffe und rechtliche Einordnung
- Personenkreise (Alter, Behinderungsform)
- Leistungen und Leistungsgruppen
Grundlagen zu Prozessen
- Steuerungsprozesse (u.a. Teilhabeplan, andere Reha-Träger)
- Antragsverfahren (Prozesse, EUTB)
- Bedarfsermittlung als Prozess
- Teilhabe-/Gesamtplanverfahren
Grundlagen der Verwaltung
- Aufbau der Verwaltungsorganisation in der BRD
- Organisations- und Prozessmanagement in der Kommunalverwaltung insbesondere im Bereich Familie, Jugend, Soziales
- Management und Controlling insbesondere Steuerung mit Kennzahlen sowie Berichtswesen in der Kommunalverwaltung
- Digitale Transformation und E-Government (Onlinezugang, E-Akte, Workflow)
- Verwaltungs- und verfahrungsrechtliche Grundlagen mit besonderem Bezug zur Eingliederungshilfe
- Gesamtarbeitsaufwand
Der Arbeitsaufwand für das Modul umfasst insgesamt 150 Stunden (siehe auch "ECTS-Leistungspunkte und Benotung").
- Lehr- und Lernformen
Dozentengebundenes Lernen Std. Workload Lehrtyp Mediale Umsetzung Konkretisierung 60 Vorlesung Präsenz - Dozentenungebundenes Lernen Std. Workload Lehrtyp Mediale Umsetzung Konkretisierung 90 Veranstaltungsvor- und -nachbereitung -
- Benotete Prüfungsleistung
- Referat (mit schriftlicher Ausarbeitung) oder
- Portfolio-Prüfungsleistung oder
- Klausur
- Bemerkung zur Prüfungsart
Die Portfolio Prüfung umfasst insgesamt 100 Punkte und setzt sich aus den Prüfungselementen Klausur 1 stündig (K1) und einer Präsentation (PR) zusammen, die Klausur wird mit 60 Punkten und die Präsentation mit 40 Punkten gewichtet.
- Prüfungsdauer und Prüfungsumfang
Klausur: siehe jeweils gültige Studienordnung
Referat: ca. 20 Minuten; dazugehörige Ausarbeitung: ca. 5 Seiten
Präsentation im Rahmen der Portfolio Prüfung: ca. 15 Minuten
Die Anforderungen werden in der jeweiligen konkreten Veranstaltung präzisiert.
- Empfohlene Vorkenntnisse
Das Modul bietet eine vertiefende Studienmöglichkeit, indem hier grundlegende Kenntnisse u. a. aus den Modulen „Praxisfelder der Sozialen Arbeit“ (1. Sem.), "Soziale Exklusion und Inklusion im Kontext Sozialer Arbeit“ (2. Sem.) und „Mentorenprogramm I – Zielgruppen Sozialer Arbeit“ sowie „Mentorenprogramm II – Organisation Sozialer Arbeit“ (2. und 3. Sem.), aufgegriffen, in neue Anwendungskontexten vertiefend betrachtet, analysiert und dadurch erweitert werden.
- Wissensverbreiterung
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben:
1. kennen die Inhalte und Ziele der UN-BRK (Selbstbestimmung, Teilhabe, Wunsch- und Wahlrecht)
2. können die Umsetzungsschritte des BTHG und deren Inhalte benennen
3. verstehen die Logik der ICF und das der ICF zugrundliegende Modell von Behinderung
4. verfügen über Grundkenntnisse der Eingliederungshilfe
5. haben ein Verständnis von den Steuerungsprozessen in der Eingliederungshilfe
6. kennen die Personenkreise der Eingliederungshilfe
7. können zwischen Teilhabe- und Gesamtplanverfahren unterscheiden
8. wissen um die Rechte und Pflichten von Leistungsberechtigten
9. kennen die Rolle der Leistungserbringer
10. kennen den Aufbau und die Struktur öffentlicher Verwaltungen
kennen Verfahrensabläufe öffentlicher Verwaltungen insbesondere in der Eingliederungshilfe
- Wissensvertiefung
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, verfügen über vertiefte theoretische und praxisbezogene Kenntnisse in den Bereichen Gestaltung und Steuerung der Eingliederungshilfe in kommunaler Verantwortung, d. h. sie können gesetzliche Vorgaben und Prozesse der Umsetzung verbinden, Handlungspraktiken beschreiben und Gestaltungspielräume identifizieren. Sie kennen die Prozesse und Strukturen einer öffentlichen Verwaltung und können darin sicher agieren.
- Wissensverständnis
Studierende die dieses Modul studiert haben, können Eingliederungshilfe als Gestaltungsaufgabe öffentlicher Sozialhilfeträger einordnen und verstehen die soziale Arbeit als eine, in Verwaltungsbehörden inkorporierte Profession, die dort tätig ist, wo über Leistungen entschieden wird. Sie können die Effizienz und Effektivität von Strukturen und Abläufen in einer öffentlichen Verwaltung einschätzen und an Lösungen für Verbesserungen mitarbeiten.
- Nutzung und Transfer
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen die Grundlagen der wesentlichen Instrumente und Methoden zur Abbildung und Gestaltung von Strukturen und Prozessen in der öffentlichen Verwaltung. Sie können die theoretischen und rechtlichen Grundlagen mit Verwaltungs- und pädagogischen Handeln in Verbindung bringen und sind in der Lage, die Anwendungspraxis und die dahinterliegenden Steuerungsprozesse zu analysieren und zu bewerten.
- Wissenschaftliche Innovation
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen Forschungs- und Innovationsbedarfe in dem interprofessionellen Arbeitsfeld der Eingliederungshilfe. Sie sind in der Lage innovative Verfahrensweisen (Prozesse, Strukturen) auf die Übertragbarkeit in anderen Praxisfledern zu überprüfen und genereieren dadurch neues Wissen.
- Kommunikation und Kooperation
Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können im interdisziplinären Dialog sozialpädagogische Fachlichkeit vermitteln und begründen. Es ist ihnen möglich, Perspektiven anderer Disziplinen zu integrieren. Sie sind insbesondere in der Lage, mit verwaltungsspezifisch ausgebildeten Mitarbeiter*innen auf der Grundlage der erlernten Fachbegriffe sicher zu kommunizieren.
- Wissenschaftliches Selbstverständnis / Professionalität
Studierende entwickeln im Bereich der Eingliederungshilfe ein berufliches Selbstverständnis, was auf dem situationsadäquaten Erkennen von Rahmenbedingungen beruflichen Handelns gründet und auf einer verantwortungsethischen Begründung ihrer Entscheidung beruht.
- Literatur
Bieker, R. (2016). Verwaltungswissen für die Soziale Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer.
Boetticher, Arne von (2020). Das neue Teilhaberecht. Baden-Baden: Nomos.
Bossong, H. (2009). Sozialverwaltung: Ein Grundkurs für soziale Berufe. Weinheim: Juventa.
Cleorkes, G. (2007). Soziologie der Behinderten. Heidelberg: Universitätsverlag Winter.
Dame, H.-J. & Wohlfahrt, Norbert (2013). Lehrbuch Kommunale Sozialverwaltung und Soziale Dienste: Grundlagen, aktuelle Praxis und Entwicklungsperspektiven. Weinheim: Belz Juventa.
Frieboes, R.-M., Zaudig, M., Nosper, M. (2005). Rehabilitation bei psychischen Störungen. München: Urban & Fischer.
Gourmelon, A./Mroß, M./Seidel, S. (2018): Management im öffentlichen Sektor: Organisationen steuern - Strukturen schaffen - Prozesse gestalten, Heidelberg: Rehm
Gürbüz; S. (2016). Verfassungs- und Verwaltungsrecht für die Soziale Arbeit: Eine praxisnahe Einführung. Stuttgart: utb.
Hopp, H./Göbel, T. (2013): Management in der öffentlichen Verwaltung: Organisations- und Personalarbeit in modernen Kommunalverwaltungen, Stuttgart: Schäffer-Poeschel
Knoche, T. (2019). Bundesteilhabegesetz Reformstufe 3: Neue Eingliederungshilfe. Regensburg: Walhalla.
Konrad, M. (2019). Die Assistenzleistung. Anforderungen an die Eingliederungshilfe durch das BTHG. Bonn: Psychiatrieverlag
Röh, D. (2018). Soziale Arbeit in der Behindertenhilfe. Stuttgart: utb.
Schuntermann, M.F. (2018). Einführung in die ICF. Grundkurs, Übungen, offene Fragen. Landsberg am Lech: ecomed.
Tabatt-Hirschfeldt, A. (2018): Öffentliche Steuerung und Gestaltung der kommunalen Sozialverwaltung im Wandel, Wiesbaden: Springer
Wallhalla-Fachredaktion (2018). Bundesteilhabegesetz Reformstufe 2: Das neue SGB IX. Regensburg: Walhalla.
Wansing, G. (2006). Teilhabe an der Gesellschaft. Menschen mit Behinderung zwischen Inklusion und Exklusion. Wiesbaden: VS Verlag.
Wansing, G. & Windisch, M. (2017). Selbstbestimmte Lebensführung und Teilhabe. Behinderung und Unterstützung im Gemeinwesen. Stuttgart: Kohlhammer.
- Zusammenhang mit anderen Modulen
Das Modul ist Teil des Schwerpunktes „Eingliederungshilfe“ und steht damit in Zusammenhang mit den Modulen „Wirkung und Wirksamkeit von Eingliederungshilfe“ und „Digitalisierungsprozesse in der Eingliederungshilfe“.
- Verwendbarkeit nach Studiengängen
- Soziale Arbeit
- Soziale Arbeit, B.A. (01.09.2024)
- Ökotrophologie
- Ökotrophologie B.Sc. (01.09.2025)
- Modulpromotor*in
- Riecken, Andrea
- Lehrende
- Riecken, Andrea