Wirkung und Wirksamkeit von Eingliederungshilfe

Fakultät

Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo)

Version

Version 1 vom 22.07.2024.

Modulkennung

22B1547

Niveaustufe

Bachelor

Unterrichtssprache

Deutsch

ECTS-Leistungspunkte und Benotung

5.0

Häufigkeit des Angebots des Moduls

Winter- und Sommersemester

Dauer des Moduls

1 Semester

 

 

Kurzbeschreibung

Die Anfänge sozialer Diagnostik sind mit der Entwicklung der Disziplin Soziale Arbeit eng verbunden. In den letzten zwei Jahrzehnten ist es zu einer zunehmenden Beschäftigung mit dieser Thematik gekommen. 
Ein zentraler Anwendungsbereich für soziale Diagnostik ist die Eingliederungshilfe. Ausgangspunkt ist das Bundesteilhabegesetz (BTHG), mit dem der Gesetzgeber erstmalig Forderungen nach Wirkung, Wirksamkeit von Leistungen und Wirkungskontrolle formuliert. Neben diesen rechtlichen Weichenstellungen in der Behindertenhilfe, sind es fachliche Entwicklungen, die die Beschäftigung mit sozialer Diagnostik erfordern. Insbesondere die Transformation des Klassifikationssystems der ICF in Messinstrumente zur Bedarfsermittlung stellt eine vollständige Neuorientierung in der Eingliederungshilfe dar. 
Aus disziplinärer Sicht ist eine methoden- und anwendungskritische Bewertung von Messinstrumenten und eine Verortung von sozialer Diagnostik in eine multiprofessionelle Diagnostik, welche die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Eingliederungshilfe, bspw. mit Fachkräften aus der Medizin und der Psychologie, abbildet, erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, Begriffe, Funktionen und Ziele sozialer Diagnostik zu klären, sie theoretisch und anwendungsbezogen einzuordnen, und ein disziplinäres Verständnis von sozialer Diagnostik zu entwickeln. 
Darüber hinaus sind Prozesse der sozialen Diagnostik mit Entwicklungen der digitalen Dokumentation in Verwaltungen, insbesondere öffentlichen Sozialhilfeträgern, und sozialen Organisationen zu diskutieren. 
Für die zielgerichtete digitale Datenerfassung und -verarbeitung in der Sozialen Arbeit vermittelt dieses Vertiefungsmodul ebenfalls die notwendigen Kompetenzen. Dies umfasst die Modellierung von Prozessen der sozialen Arbeit als Grundlage und Schnittstelle für die Einführung und Weiterentwicklung von unterstützenden IT-Systemen. Aber auch die Modellierung, Bereitstellung und Auswertung von Daten, sowie die praktische Nutzung von Softwareprodukten, sind dabei gleichermaßen von Bedeutung. 

Lehr-Lerninhalte

Prozesse der Diagnostik

  • Diagnostik in der Sozialen Arbeit
  • Verhältnis von Diagnostik und Digitalisierung
  • Inhalte von Diagnostik
  • Soziale Diagnostik
    • Diagnostik in der Praxis

Wirkung, Wirksamkeit und Wirkungskontrolle in der EGH

  • Wirkungsorientierung
  • Wirkung und Wirksamkeit
  • Klassifikationssysteme
  • Verfahren der Bedarfsermittlung
  • Instrumente im ICF-Bezug

Einführung in Digitalisierung

  • Modellierung von Prozessen der Sozialen Arbeit in einer Prozessmodellierungs-sprache als Grundlage für den Einsatz von unterstützenden IT-Systemen.
  • Möglichkeiten und Grenzen der Datenerfassung und -verarbeitung mit aktuellen Tabellenkalkulationsprogrammen
  • Grundkonzepte der Datenmodellierung und des Datenmanagements mit Datenbanken 

Gesamtarbeitsaufwand

Der Arbeitsaufwand für das Modul umfasst insgesamt 150 Stunden (siehe auch "ECTS-Leistungspunkte und Benotung").

Lehr- und Lernformen
Dozentengebundenes Lernen
Std. WorkloadLehrtypMediale UmsetzungKonkretisierung
60VorlesungPräsenz-
Dozentenungebundenes Lernen
Std. WorkloadLehrtypMediale UmsetzungKonkretisierung
90Veranstaltungsvor- und -nachbereitung-
Benotete Prüfungsleistung
  • Referat (mit schriftlicher Ausarbeitung) oder
  • Portfolio-Prüfungsleistung oder
  • Klausur
Bemerkung zur Prüfungsart

Die Portfolioprüfung umfasst insgesamt 100 Punkte und setzt sich aus den Prüfungselementen Klausur 1 stündig (K1) und einer Präsentation (PR) zusammen, die Klausur wird mit 60 Punkten und die Präsentation mit 40 Punkten gewichtet..

Prüfungsdauer und Prüfungsumfang

Klausur: siehe jeweils gültige Studienordnung

Referat: ca. 20 Minuten; dazugehörige Ausarbeitung: ca. 5 Seiten

Präsentation im Rahmen der Portfolio Prüfung: ca. 15 Minuten

Die Anforderungen werden in der jeweiligen konkreten Veranstaltung präzisiert.

Empfohlene Vorkenntnisse

Dieses Modul versteht sich als vertiefende Studienmöglichkeit, indem hier grundlegende Kenntnisse u. a. aus dem Modul „Eingliederungshilfe als Gestaltungsaufgabe der öffentlichen Sozialhilfeträger“ (3. Sem.) aufgegriffen und in praktische Anwendung gebracht werden. Darüber hinaus werden bspw. auch Inhalte der Module „Soziale Exklusion und Inklusion im Kontext Sozialer Arbeit" (2. Sem.) aufgegriffen, in einen erweiterten Anwendungskontext vertiefend betrachtet, analysiert und dadurch erweitert.

Wissensverbreiterung

Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben:
1. können Ebenen, Ziele und Inhalte sozialer Diagnostik benennen
2. können zwischen sozialer, psychologischer und medizinischer Diagnostik unterscheiden und kennen Berührungspunkte zwischen den Disziplinen in den diagnostischen Prozessen der Eingliederungshilfe
3. kennen die methodischen Anforderungen an Wirkungs- und Wirksamkeitsmessung im Allgemeinen und können sie auf das Anwendungsfeld der Eingliederungshilfe übertragen
4. können Messinstrumente nach ihrer inhaltlichen Ausrichtung klassifizieren und kennen ihre Nützlichkeit und ihre Begrenzungen  
5. haben unterschiedliche Bedarfsermittlungsinstrumente analysiert und erprobt
6. sind mit Messinstrumenten, die sich an der ICF ausrichten, im theoretischen und praktischen vertraut 
7. kennen Messinstrumente zur Zielfindung und Zielerfassung
8. können (Teil)Prozesse der Sozialen Arbeit in einer Prozessmodellierungssprache spezifizieren
9. können Tabellenkalkulationsprogramme (wie z.B. Microsoft Excel) einsetzen, um Daten zu erfassen und zu verarbeiten 
10. verfügen über Grundkenntnisse in der Modellierung, Speicherung und Auswertung von Daten in Datenbanken

Wissensvertiefung

Die Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, erlangen vertiefende Einblicke in die soziale Diagnostik und können diese auf das Anwendungsfeld der Eingliederungshilfe übertragen. Dabei sind sie in der Lage, die komplexen diagnostischen Prozesse in diesem Praxisfeld in ihrer Gesamtheit zu verstehen, theoretisch einzuordnen und kritisch zu begleiten. Im Bereich der Digitalisierung entwickeln Studierende dieses Vertiefungsmoduls Kenntnisse über die technischen Voraussetzungen und Notwendigkeiten für laufende und anstehende Digitalisierungsprojekte in der Sozialen Arbeit.

Wissensverständnis

Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, verstehen den Bereich der Eingliederungshilfe als ein interdisziplinäres Handlungsfeld, als einen Aushandlungsprozess zwischen Prozessbeteiligten im Leistungsdreieck und als eine Mehrebenen-Diagnostik, die eine multiperspektivische Herangehensweise erfordert und unterschiedliche Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen zu berücksichtigen hat.

Nutzung und Transfer

Die Studierenden die dieses Modul erfolgreich studiert haben, erwerben theoretische und Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, können theoriegeleitet und anwendungsbezogen, mithilfe von verschiedenen Instrumenten, datengestützt soziale Diagnostik und Bedarfsermittlungen durchführen. Sie sind in der Lage, Ziele auf eine quantitative Ebene zu transformieren. Es ist ihnen möglich, Daten aus diesen Prozessen einer Wirkungs- und Wirksamkeitsanalyse zu unterziehen, indem sie Einflussfaktoren und Wechselwirkungsprozesse im Zusammenhang mit Maßnahmen beschreiben und diskutieren können. Dabei setzen Studierenden zielgerichtet aktuellen Office-Anwendungen sowie die angebotenen Werkzeuge der unterstützenden IT-Systeme ein.

Wissenschaftliche Innovation

Studierende, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen Forschungs- und Innovationsbedarfe in dem interprofessionellen Arbeitsfeld der Eingliederungshilfe. Sie sind in der Lage innovative Verfahrensweisen (Instrumente sozialer Diagnostik) auf die Übertragbarkeit in anderen Praxisfledern zu überprüfen und genereieren dadurch neues Wissen.

Kommunikation und Kooperation

Die Studierenden, die dieses Modul erfolgreich studiert haben, kennen die Prozesse der Bedarfsermittlung in der Eingliederungshilfe und können die Erfordernisse einer datengestützten sozialen Diagnostik und Bedarfsermittlung in die Aushandlungsprozesse zwischen Leistungsträgern, Leistungsberechtigten und Leistungserbringern vermitteln.  Studierende können Anforderungen an IT-Systeme gegenüber Fachkräften aus den IT-Bereichen von Organisationen mittels Prozessbeschreibungen kommunizieren.

Wissenschaftliches Selbstverständnis / Professionalität

Studierende sind auf der Grundlage ihres erworbenen Fachwissens in der Lage eine sachlich-kritische, verantwortungsvolle und professionalisierte Haltung einzunehmen. Sie können die eigenen Fähigkeiten in Bereich der sozialen Diagnostik einschätzen und reflektieren autonom sachbezogene Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheiten im Berich der Eingliederungshilfe. 

Literatur

Beyerlein, M. (2019). Wirkung und Wirksamkeit im Recht der Eingliederungshilfe. Nachrichtendienst (NDV). S. 251-259.

Boecker, M.: & Weber, M (2018). Bedarf, Steuerung, Wirkung - zur Gestaltbarkeit sozialer Leistungserbringung im Dreiecksverhältnis. Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, S. 4-17.

Borrmann, S. & Thiessen, B. (2016). Wirkung Sozialer Arbeit. Potenziale und Grenzen der Evidenzbasierung für Profession und Disziplin. Opladen: Barbara Budrich.

Buttner, P., Gahleitner, S. B., Hochuli Freund, U., Roh, D. (2018). Handbuch Soziale Diagnostik. Berlin: dv.

Degkwitz, P., Degkwitz, H., Martens, M.-S., & Verthein, U. (2016). Evaluation der Wirksamkeit der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte suchtkranke Menschen nach SGB XII. Hamburg.

Hansen, H. R., Mendling, J., Neumann, G., (2019) Wirtschaftsinformatik, 12. Auflage, De Gruyter Oldenbourg.

Küfner, H., Coenen, M. & Indlekoger, W. (2006). PREDI. Psychosoziale ressourcenorientierte Diagnostik. Lengerich u.a.: PABST.

Linden, M., Baron, S. Muschalla, B. (2013). Diagnostik von Fähigkeitsstörungen. In: W. Rössler & W. Kawohl (Hrsg.). Soziale Psychiatrie. Handbuch für die psychosoziale Praxis (Bd. 1: Grundlagen), S. 181-196.

Linden, M., Baron, S. Muschalla, B. (2015). Mini-ICF-APP. Mini-ICF-Rating für Aktivitäts- und Partizipationsbeeinträchtigungen bei psychischen Erkrankungen. Bern: Huber.

Merchel, J. (2019). Evaluation in der Sozialen Arbeit. Stuttgart: utb.

Pantuček-Eisenbacher, P. (2019). Soziale Diagnostik. Verfahren für die Praxis Sozialer Arbeit. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Schuntermann, M.F. (2018). Einführung in die ICF. Grundkurs, Übungen, offene Fragen. Landsberg am Lech: ecomed.

Schäfers, M. & Wansing, G. (2016). Teilhabebedarfe von Menschen mit Behinderungen. Stuttgart: Kohlhammer.

Torrnow, H. (2019). Wirkungskontrolle und Wirksamkeitsprüfung in der Eingliederungshilfe – Messtheoretische Betrachtungen. Nachrichtendienst (NDV). S. 267-371.

Zusammenhang mit anderen Modulen

Das Modul ist Teil des Schwerpunktes „Eingliederungshilfe“ und steht damit in Zusammenhang mit den Modulen „Eingliederungshilfe als Gestaltungsaufgabe der öffentlichen Sozialhilfeträger“ und „Digitalisierungsprozesse in der Eingliederungshilfe“ als auch mit den Modulen „Praxisprojekt“ (4. und 5. Sem.) und „Substanzmissbrauch und -abhängigkeit“ (3. Sem., Schwerpunkt "Klinische Sozialarbeit").

Verwendbarkeit nach Studiengängen

  • Soziale Arbeit
    • Soziale Arbeit, B.A. (01.09.2024)

    Modulpromotor*in
    • Riecken, Andrea
    Lehrende
    • Riecken, Andrea