Differentialdiagnose in der Physiotherapie

Fakultät

Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo)

Version

Version 1 vom 11.03.2025.

Modulkennung

22B1903

Niveaustufe

Bachelor

Unterrichtssprache

Deutsch

ECTS-Leistungspunkte und Benotung

5.0

Häufigkeit des Angebots des Moduls

nur Wintersemester

Dauer des Moduls

1 Semester

 

 

Besonderheiten des Moduls

Das Modul schafft die Voraussetzung für Physiotherapeuten, die berufsautonom arbeiten wollen, den sog. sektoralen Heilpraktiker bei den für sie zuständigen Behörden zu beantragen. Neben dem medizinischen und physiotherapeutischen Kompetenzen werden dafür zusätzlich rechtliche verlangt. Dieses werden in der LE "Recht" im Modul ETHIK & RECHT" gelehrt.

Kurzbeschreibung

Im Modul Differentialdiagnose in der Physiotherapie werden die grundsätzlichen medizinischen und physiotherapeutischen Voraussetzungen für das autonome Arbeiten am Patienten gelehrt. Die Inhalte entsprechen den notwendigen (medizinischen) Voraussetzungen, um eine sektorale Heilpraktikererlaubnis zu beantragen. (Die rechtlichen Voraussetzungen dafür werden im Modul "Ethik und Recht" in der Lehreinheit "Recht" vermittelt.)

Lehr-Lerninhalte

Die Lerninhalte entsprechen den Vorgaben

- des Mustercurriculums für die Zusatzqualifikation "Sektoraler Heilpraktiker für Physiotherapie" Bayerns (für den medizinischen Teil, der rechtliche Teil wird entsprechend im Modul "Ethik & Recht" gelehrt.

- sowie der Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis nach dem HPGesetz (RdErl. d. MS v. 25.022015 - 405-41022/15 - Nds. MBI. S. 294, geändert durch RdErl. d. MS v. 01.09.2018  -VORIS 21064 - und zwar insbesondere Punkt 7.2 (Eingeschränkte Überprüfung auf dem Gebiet der Physiotherapie), S. 11 ff.

Im Einzelnen sind dies:

- Grundprinzipien von Befund, Diagnose und interdisziplinärer Zusammenarbeit - Theoretische Vertiefung der “Yellow Flags“ und “Red Flags“ in Zusammenhang mit dem neuromuskuloskelettalen System

- Pathologie und relevante physiotherapeutische Differenzialdiagnose von Erkrankungen des Bewegungssystems, - des Nervensystems und der Psyche - von Erkrankungen des Uro-/Genitalsystems -  von Erkrankungen des kardiovaskulären Systems -  von Erkrankungen des Gastrointestinalsystems - von Erkrankungen des endokrinen Systems -  von Kopf- und Gesichtsschmerz - sowie Notfallmanagement.

bzw.  Erst- und Differentialdiagnostik von Störungen auf dem Gebiet

- der Inneren Medizin, Notfallmedizin und Onkologie,

- der Chirurgie, Unfallheilkunde und Notfallmedizin,

- der Gynäkologie & Urologie,

- der Orthopädie,

- Neurologie, Geriatrie, Psychosomatik und Psychiatrie,

- der Pädiatrie und 

- der Dermatologie.

Dabei geht es im Besonderenum Kenntnisse über:

- Anzeichen für Störungen des Kreislaufsystems, des Atmungssystems, bösartiger Neubildungen, von Stoffwechselerkrankungen, von Infektionskrankheiten und der Entwicklung von Kleinkindern und Säuglingen einschließlich möglicher Entwicklungsstörungen,

- Anzeichen für Komplikationen von Erkrankungen und Befunden wie Rheuma, Gicht, Arthrose, Kopf-, Schulter-, Rücken-, Hüft-, Knieschmerzen, Thrombose und Thrombophlebitis, von Erkrankungen des Nervensystems und der Nervenbahnen, wie Polyneuropathie, Nervenläsionen, isolierte Paresen, Schädigung des Rückenmarks, Meningitis und das Cauda-Syndrom, und von Erkrankungen des Knochens und Knochenmarks, wie Osteoporose, Knochenmetastasen, Osteomyelitis und Plasmozytom,

- Anzeichen für Komplikationen ansteckender Hautkrankheiten, von Tumorerkrankungen und Störungen des Lymphsystems, bei Schmerzen und Schmerzsyndrome bei aktuell lebensbedrohlichen Krankheiten, wie Herzinfarkt, Enzephalitis, Epi- und Subduralhämatom und Aneurysmablutungen, über Schmerzzustände bei abdominellen Schmerzen, Koliken und chronischen Schmerzen,

- Anamnese- und Untersuchungstechniken in der Praxis, des Blutdruckmessens, des Abhörens von Herz und Lunge sowie des Abdomens, sowie das Erkennen von Warnhinweisen, insbesondere eines schlechten Allgemeinzustandes, Zeichen nach Trauma, bekannter Tumorerkrankungen, Kortisoneinnahme, Entzündungszeichen, Blutungszeichen, Gefäßverschlusszeichen, neurologische Zeichen, psychosomatische Zeichen, anhaltende, zunehmende und/oder rezidivierende Beschwerden, längerfristige Arbeitsunfähigkeit, psychosoziale Zeichen, Drogengebrauch, Gewichtsverlust, besonders junger oder alter Patientinnen und Patienten, bei deren Vorliegen eine zusätzliche Diagnostik durch eine Ärztin oder einen Arzt erforderlich ist und eingeleitet werden muss.

Gesamtarbeitsaufwand

Der Arbeitsaufwand für das Modul umfasst insgesamt 150 Stunden (siehe auch "ECTS-Leistungspunkte und Benotung").

Lehr- und Lernformen
Dozentengebundenes Lernen
Std. WorkloadLehrtypMediale UmsetzungKonkretisierung
60SeminarPräsenz oder Online-
Dozentenungebundenes Lernen
Std. WorkloadLehrtypMediale UmsetzungKonkretisierung
90Veranstaltungsvor- und -nachbereitung-
Benotete Prüfungsleistung
  • Klausur und Arbeitsprobe (praktisch)
Bemerkung zur Prüfungsart

Die 1-stündige Klausur und die Arbeitsprobe (praktisch) werden jeweils mit 50% gewichtet.

Die Auswahl der benoteten und unbenoteten Prüfungsarten aus den vorgegebenen Optionen obliegt der jeweiligen Lehrperson. Diese hält sich dabei an die jeweils gültige Studienordnung.

Prüfungsdauer und Prüfungsumfang

Für die im Modul zulässigen Prüfungsarten gelten jeweils die folgenden Angaben zum Umfang bzw. zur Dauer.

  • Klausur: siehe jeweils gültige Studienordnung
  • Arbeitsprobe, praktisch: ca. 30 Minuten

Die Anforderungen werden in der jeweiligen Veranstaltung konkretisiert.

Empfohlene Vorkenntnisse

V.a. klinische Berufserfahrung als Physiotherapeut/in

Wissensverbreiterung

Die Studierenden kennen das System der verschiedenen Flaggen (insbesondere red flags) mit deren Bedeutung und Konsequenzen für ihre therapeutischen Entscheidungen. Sie kennen relevante Erkrankungen der relevanten Organsysteme mit ihren Auswirkungen und beitragenden Faktoren auf neuromuskuloskelettale Funktionsstörungen.

Insbesondere können sie anhand von erlernten Hypothesenkategorien entscheiden, ob ein individuelles Krankheitsmuster für den primären physiotherapeutischn Zugang geeignet oder eine vorherige ärztliche Abklärung geboten ist.

Wissensvertiefung

Die Studierenden weisen ein detailliertes und breites Wissen über Erkrankungen des Bewegungssystems, des Nervensystems, des Urogenitalsystems, des kardiovaskulären Systems, des gastrointestinalen Systems und des endokrinen Systems auf. Sie verstehen die Zusammenhänge zwischen neuromuskuloskelettalen und organischen Funktionsstörungen. Sie können entsprechende Fremdbefunde z.B. aus der ärztlichen Diagnostik richtig einordnen und auf den jeweiligen individuellen Fall interpretieren. Sie kennen die relvante internationale Literatur zum berufsautonomen Arbeiten in der Physiotherapie. Außerdem entwicklen sie ein ethisches Grundverständnis für die insbesondere berufsethischen Verpflichtungen, die aus dem autonomen Arbeiten resultieren.

Wissensverständnis

Können - systemische Kompetenz
Die Studierenden haben durch die theoretischen Kenntnisse die Möglichkeit, schneller therapeutische Entscheidungen für den individuellen Patienten zu treffen. Dabei greifen sie bereits auf zahlreiche klinische Muster zu, die sie durch ihre therapeutische Erfahrung und ihr fundiertes Wissen entwickelt haben und die sie zum schnellen und sicheren Erkennen von klinischen Zusammenhängen befähigen. Sie erkennen ihre eigenen therapeutischen Grenzen und verweisen gegebenenfalls an andere Mitglieder des multiprofessionellen Teams.

Nutzung und Transfer

Die Studierenden entwickeln das Selbstverständnis auf dem Boden einer reflektierenden Praxis ihre Wissensbestände auf den jeweiligen individuellen Patientenfall optimal anzuwenden.

Können - instrumentale Kompetenz
Die Studierenden führen Befunderhebungen und physiotherapeutische Differenzialdiagnosen durch. Dabei setzen sie ihr Wissen über relevante Erkrankungen des Bewegungssystems, des Nervensystems, des Urogenitalsystems, des kardiovaskulären Systems, des gastrointestinalen Systems und des endokrinen Systems ein und erkennen Zusammenhänge. Sie haben theoretische Kenntnisse möglicher Yellow Flags und Red Flags der besprochenen Erkrankungen und sind in der Lage durch ein systematisches Screening, die Patienten mit möglichen nicht primär physiotherapeutisch zu behandelnden Erkrankungen von solchen zu unterscheiden, die gefahrlos physiotherapeutisch behandelt werden können.

Wissenschaftliche Innovation

Die Studierenden entwickeln das Selbstverständnis, ihr berufliches Handeln im Erstkontakt auf dem Boden des Konzeptes des lebenslangen Lernens stetig an der international verfügbaren Evidenz auszrichten.

Kommunikation und Kooperation

Absolventinnen und Absolventen sind in der Lage, eine, dem jeweiligen Problem angemessenen Kommunikation mit dem Patienten zu führen. Dies bezieht sich auf die Anamneseerhebung, den Therapieprozess und auch die mögliche Überweisungsnotwendigkeit z.B. zu Ärzten. Diesbezüglich beherrschen sie auch die Anfertigung kurzer Epikrisen mit der Formulierung einer Fragestellung nach ergänzender medizinischer Diagnostik.

Können - kommunikative Kompetenz
Die Studierenden sind in der Lage, differenzialdiagnostische Befunderhebungen durchzuführen und dabei ihre kommunikativen Fähigkeiten zu nutzen, um im Gespräch mit dem Patienten entscheidende Informationen schnell zu erfassen und diese in ihr Clinical Reasoning einzubauen. Sie können Patienten systematisch und wissenschaftlich fundiert befragen. Sie besprechen Problemfälle aus der Pathologie, welche die Basis klinischer Muster sein können, im Team, um gemeinsam eine Behandlungsstrategie zu entwickeln.  Sie kommunizieren mit anderen Berufsgruppen oder verweisen an diese, um eine optimale Therapie für den individuellen Patienten zu finden.

Wissenschaftliches Selbstverständnis / Professionalität

Absolventinnen und Absolventen begründen das eigene berufliche Handeln mit theoretischem und methodischem Wissen, können die eigenen Fähigkeiten einschätzen, reflektieren autonom sachbezogene Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheiten und nutzen diese. Sie erkennen situationsadäquat Rahmenbedingungen beruflichen Handelns und begründen ihre Entscheidungen verantwortungsethisch.

Literatur

  • Heick J & Lazaro RT (2022) Goodman and Snyder's Differential Diagnosis for Physical Therapists – Screening for Referral, 7th ed.  Elsevier.
  • von Piekartz H & Zalpour C (2023) Red Flags erkennen, THIEME, Stuttgart
  • Zalpour, C., von Piekartz, H. (2024): Differenzialdiagnostik in der Physiotherapie – Screening, Pathologie, Red Flags, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH

Zusammenhang mit anderen Modulen

Die Grundlagen zur Reflexion und Steuerung des Therapieprozesses werden in den Clinical Reasoning Modulen und Kommunikation und Dokumentation vermittelt. In diesem Modul werden diese Themen hinsichtlich differentialdiagnostischer Aspekte vertieft vertieft. 

Verwendbarkeit nach Studiengängen

  • Physiotherapie
    • Physiotherapie, B.Sc. (01.09.2024)

    Modulpromotor*in
    • Zalpour, Christoff
    Lehrende
    • Zalpour, Christoff
    • Person unbekannt