Wissenssnack Dienstag, 23. Juli 2024

Wie funktionieren Künstliche Neuronale Netze?

Mann lächelt in die Kamera.
Axel Schaffland auf dem Gelände des Museums für Industriekultur. In der Sonderausstellung „Künstliche Intelligenz. Die letzte Erfindung der Menschheit?“ ist sein Modell eines Künstlichen Neuronalen Netzes ausgestellt (Bild: Hochschule Osnabrück).
Nahaufnahme des Modells.
Das Mechanische Neuronale Netz soll als Modell die Vorgänge in einem Künstlichen Neuronalen Netz veranschaulichen (Bild: Hochschule Osnabrück).
Nahaufnahme des Models.
Die Ausgabewerte der Neuronen werden an die nächste Schicht weitergegeben, im Modell veranschaulicht durch Seile und Flaschenzüge (Bild: Hochschule Osnabrück).
Modell auf einem Ausstellungstisch im Museum.
Das Mechanische Neuronale Netz ist aktuell im Museum für Industriekultur ausgestellt und kann dort selbst ausprobiert werden.

Täglich sind wir von spannenden Wissenschaftsthemen umgeben. Mit dem Format „Wissenssnack“ möchten wir aktuelle wissenschaftliche Themen näher beleuchten und mit unseren Expert*innen an der Hochschule Osnabrück zusammen beantworten.
Künstliche Intelligenz (KI) ist mittlerweile zu beeindruckenden Leistungen imstande: Sie kann selbst aus Beispielen Lernen oder komplexe Muster in Daten erkennen. Das ist möglich dank der Verwendung Künstlicher Neuronaler Netze (KNN).

Was genau diese KNN sind und wie sie funktionieren erklärt uns Axel Schaffland, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Osnabrück, im Interview.

 

Was sind Künstliche Neuronale Netze?

Künstliche Neuronale Netze sind Computerprogramme, die sowohl im Aufbau als auch der Funktionsweise vom menschlichen Gehirn inspiriert sind. Das heißt, sie bestehen aus vielen miteinander verbunden Neuronen, können aus Beispielen lernen und Muster in Daten erkennen. Das können sie besser als herkömmliche Computerprogramme. Damit nehmen sie eine Schlüsselrolle im Bereich des maschinellen Lernens sowie der künstlichen Intelligenz ein.

Wie ist ein Künstliches Neuronales Netz aufgebaut?

Ganz allgemein bestehen KNNs aus Neuronen, die in mehreren Schichten hintereinander angeordnet sind. Neuronen sind dabei in gewissen Maßen den Nervenzellen im Gehirn nachempfunden, die ebenfalls miteinander verknüpft sind. Werden Informationen - also Daten - in das KNN eingegeben, berechnen die Neuronen der ersten Schicht  
mittels mathematischer Funktionen aus den eingegebenen Daten einen Ausgabewert. Dieser wird wiederum an die Neuronen der nächsten Schicht weitergegeben usw. So werden die Informationen verarbeitet bis schließlich in der Ausgabeschicht ein Ergebnis ausgegeben wird.

Um diesen Prozess zu veranschaulichen, habe ich ein mechanisches Modell eines KNN entwickelt, das Mechanische Neuronale Netz. Das Mechanische Neuronale Netz (MNN) hat drei Schichten. Eine Eingabeschicht, eine versteckte Schicht und eine Ausgabeschicht. Die Eingabeschicht und die versteckte Schicht haben jeweils zwei Neuronen und die Ausgabeschicht hat ein Neuron. Ein Beispiel, mit dem unser Modell arbeitet, ist die Hunderassenerkennung. Das heißt wir haben verschiedene Merkmale von Hunden und wollen basierend auf diesen Merkmalen die Hunderasse klassifizieren.

In unserem Beispiel arbeiten wir mit der Körpergröße und der Kopfform des Hundes als Eingabeparameter (Anmerkung der Redaktion: siehe hellblaues und dunkelblaues Neuron im Bild). Als Ausgabe haben wir vier verschiedene Hunderassen, nämlich A. Dackel, B. Chihuahua, C. Barsoi und D. Bernhardiner. Diese können wir am gelben Ausgabe Neuron (siehe Bild) ablesen. Wenn wir nun einen Hund sehen, können wir seine Merkmale an den Eingabeneuronen einstellen. Wir können beispielsweise die Körpergröße auf Groß stellen und die Kopfform auf Kurz. Lesen wir dann den Output am Ausgabeneuron ab, sehen wir, dass es sich um einen Bernhardiner handelt. Genauer, von den vier möglichen Klassen, die wir zur Auswahl haben, ist der Bernhardiner die wahrscheinlichste Klasse.

Wie lernt ein Künstliches neuronales Netz?

KNNs fallen in den Forschungsbereich Maschinelles Lernen und können auf spezielle Aufgaben adaptiert werden. Sie lernen also bestimmte Probleme zu lösen. Wie funktioniert das bei künstlichen neuronalen Netzen? Die Verbindungen zwischen den einzelnen Neuronen sind gewichtet. Das heißt, die Gewichtungen bestimmen, wieviel der Information von einem Neuron zu einem Neuron in der nächsten Schicht weitergeleitet wird. Ist das Gewicht Null, wird keine Information vom ersten Neuron zum zweiten Neuron weitergeleitet. Ist das Gewicht positiv, aktiviert das erste Neuron das zweite Neuron, das heißt die Information wird ganz oder teilweise weitergeleitet. Ist das Gewicht negativ, hemmt das erste Neuron das zweite Neuron, das heißt das Gegenteil der Information wird ganz oder teilweise weitergeleitet. Durch die Anpassung der Gewichte kann also bestimmt werden, wie stark ein Neuron ein Neuron der nächsten Schicht aktiviert.

Wie genau funktioniert nun das das Lernen? Das Lernen funktioniert, indem die Gewichtungen angepasst werden. Vereinfacht erklärt vergleichen wir immer den gewünschten Ausgabewert mit dem Ausgabewert, den das Netzwerk tatsächlich ausgegeben hat und fragen uns dann, wie können wir die Gewichte anpassen, um den Fehler zwischen diesem tatsächlichen und dem gewünschten Ausgabewert zu minimieren. Dies machen wir immer wieder für alle Gewichte des Neuronalen Netzes, solange bis wir den Fehler auf ein zufriedenstellendes Maß reduzieren konnten. Für unser Hunde-Klassifikationsprojekt und das Mechanische Neuronale Netz heißt das, dass wir es auch auf andere Hunderassen oder auch für die Katzenrassen trainieren können, indem wir die Gewichte, die auf den Neuronen sitzen (Anmerkung der Redaktion: Grüne und gelbe Klemmen im Bild), verschieben.

Wo werden Künstliche Neuronale Netze angewendet?

Künstliche Neuronale Netze sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aktuelle Beispiele sind die Bildgenerierung und zahlreiche Chatbots. Aber auch in anderen Bereichen kommen KNNs zum Einsatz. Zum Beispiel in der Handschrifterkennung, bei der Spracherkennung, aber auch in Smartphone Apps zur Pflanzenklassifikation oder zum automatischen Bearbeiten von Fotos.

Von: Justine Prüne