Ein Blick hinter die Kulissen mit Prof. Dr. Stefan Guericke Montag, 19. September 2022

In unserem Format „Ein Blick hinter die Kulissen mit…“ stellen wir Ihnen einmal im Monat Lehrende oder Mitarbeitende der Hochschule vor, die Sie im Laufe Ihres Studiums am Campus Lingen am Institut für Duale Studiengänge (IDS) oder vorher beim Informationsprozess kennenlernen können. Dieses Mal im Interview: Prof. Dr. Stefan Guericke.

Prof. Dr. Stefan Guericke ist ein begeisterter Wirtschaftsinformatiker. Er ist gebürtig aus Eswatini, Südafrika, wohnte jeweils zwei Jahre in China und Peru und arbeitete sechs Jahre in Kopenhagen. Wieso es sein Wunsch war, als Professor in Lingen zu lehren und welches dänische Gericht er bis heute noch gerne zubereitet, beantwortet er im Interview.

Guerickes berufliche Laufbahn begann mit einer Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung. Danach studierte er erst Wirtschaftsinformatik an der Universität Paderborn und dem Beijing Institute of Technology und promovierte dann im Bereich mathematische Optimierung. Von 2015 bis 2021 arbeitete er erst als Data Scientist und zuletzt als Senior Engineering Manager bei A.P. Moller-Maersk in Kopenhagen. Zuletzt war er verantwortlich für die IT-Umsetzung der globalen Netzwerkplanung und sorgte für effiziente Arbeits-, Planungs- und Buchungsprozesse. Seit Anfang 2022 ist er Professor für Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt Data Science am Campus Lingen – Institut für Duale Studiengänge.

Wie waren die letzten Monate am IDS als Lehrender für Sie?

Guericke: Das erste Semester war sehr interessant und herausfordernd. Bereits im Januar begann meine Zeit als Lehrender mit der Vorlesung „Big Data“. Die Vorlesung(en) bereiteten mir viel Freude dank der abwechslungsreichen Zusammenarbeit mit den Studierenden. Vor der Sommerpause habe ich auch eine Reihe von Bachelorarbeiten und Kolloquien begleitet, was mir interessante Einblicke in die Hochschule und regionale Unternehmen gegeben hat.

Sie haben zuletzt von 2015 bis 2021 in Kopenhagen gearbeitet: Wie kam es dazu, dass Sie sich entschieden haben, Professor am IDS zu werden?

Guericke: Im Endeffekt war es eine Mischung aus familiären und perspektivischen Gründen. Zum einen wollten wir nach einer lehrreichen Zeit im Ausland wieder zurück in die Nähe der Heimat, Familie und Freund*innen. Ein weiterer Grund war, dass sich vor 20 Jahren während meiner Ausbildung, insb. durch meinen damaligen Entwicklungsleiter, das erste Mal der Wunsch gebildet hat, Wissen an jüngere Menschen weiterzugeben. Dieser Gedanken hat mich auch während meiner Promotion und späteren Berufslaufbahn begleitet. Durch die Chance an der Hochschule Osnabrück freue ich mich nun meine Erfahrungen und Wissen weitergeben zu können.

Daran anknüpfend – Sie haben ein „ungewöhnlichen” Lebenslauf. Von der Berufsausbildung hin zum Doktortitel, das hört man eher selten. Wieso haben Sie sich damals zuerst für eine Ausbildung entschieden und dann das Studium angeschlossen?

Guericke: Mich hat es interessiert, die Anwendung im Betrieb zu sehen und welches Wissen ich dafür brauche. Das praktische Wissen aus meiner Ausbildung und diversen Werksstudententätigkeiten haben mich meinen ganzen universitären Werdegang bis hin ins Berufsleben begleitet. Dadurch konnte ich spannende Themen wie maschinelles Lernen und mathematische Optimierung immer in den Kontext der betrieblichen und Softwareumsetzung integrieren.

Wieso haben Sie sich für die Wirtschaftsinformatik entschieden und welches Thema mögen Sie in Ihrem Bereich am liebsten?

Guericke: Die Wirtschaftsinformatik ist für mich die perfekte Mischung aus Informatik und der Schaffung von Mehrwert für ein Unternehmen. Für die Umsetzung von Digitalisierung, Data Science etc. benötigt man Softwareentwicklung und ein großes Interesse ein Unternehmen zu verstehen.  Mein Lieblingsthema ist ganz eindeutig maschinelles Lernen und Operations Research. Es ist zwar sehr quantitativ, aber spannend aufgrund der Fragestellungen von Unternehmen und der Wirtschaft.

Wie gefällt ihnen die Arbeit mit den Studierenden an der Hochschule?

Guericke: Mich begeistert besonders das Interesse der Studierenden. Im Vergleich zu meiner damaligen Vorlesungszeit sind die Vorlesungen hier viel interaktiver. Es macht mir eine Menge Freude, kritisch mit den Studierenden über Themen zu diskutieren und Inhalte interaktiv zu erarbeiten. Im Vergleich zu Studierenden von Universitäten bringen die dualen Studierende bereits viel Praxiserfahrung, wodurch sie Vorlesungsthemen in Kontext ihres Unternehmens setzen können.

Gibt es eine Erfahrung/ein Erlebnis aus ihrer Arbeitszeit bei Maersk, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist und Sie mit den Leser*innen teilen können?

Guericke: Ein persönlich sehr beeindruckendes Erlebnis war, als wir mit einem Team ein Containerschiff am Terminal Aarhus besucht haben. Die Mette Maersk mit ca. 20.000 Containern und über 400 m Länge wird von lediglich 20 Personen betrieben. Die Einblicke haben meine Einstellung zu den Auswirkungen von entwickelten Planungsverfahren auf die Kollegen geprägt und mich sicherlich etwas demütiger gemacht.

Was hat Ihnen bei Ihrem damaligen Job besonders Spaß gemacht?

Guericke: Ich hatte besonders Spaß daran, den Konzern bei seiner digitalen Transformation von Anfang an zu begleiten und dabei viele interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen zu lernen. Durch die vielen internationalen Kollegen hatte man selbst in Kopenhagen noch die Möglichkeit ein wenig Chinesisch zu sprechen.

Welche Erfahrungen kommen Ihnen in der Lehre aus Ihrer Zeit in Kopenhagen zugute?

Guericke: Auf jeden Fall die Flexibilität, sich auf neue Themen, Prozesse und Änderungen allgemein einzulassen und so neue Themen in die Vorlesung zu integrieren. Weiterhin bieten die vielschichtigen Erfahrungen der großen digitalen Transformation viele Möglichkeiten für Anknüpfungspunkte in den Vorlesungen.

Wie ist Ihr Eindruck von Lingen?

Guericke: Wir hatten viele fantastische Wochenenden um zusammen mit der Familie und alten sowie neuen Freunden die Umgebung zu erkunden. Die Nähe zum Grünen, zum Meer und den Moorlandschaften eignet sich fantastisch für kleine Wanderungen oder Radtouren.

Vermissen Sie Kopenhagen? Wenn ja, was genau?

Guericke: Ja etwas, gerade im Sommer innerhalb von 10 Minuten an der Ostsee oder den Kanälen der Innenstadt zu sein war schon klasse.

Was war Ihr Lieblingsgericht in Dänemark? Kochen Sie dieses heute Zuhause nach?

Guericke: Tatsächlich sind die Gerichte in Dänemark sehr speziell *lacht*. Am besten hat mir noch das Smørrebrød geschmeckt, was im Wesentlichen ein fancy Butterbrot ist, das bis zu mehreren Zentimetern hoch belegt sein kann. Tatsächlich haben eine Affinität zu diesen entwickelt, auch wenn wir nicht im Ansatz an das Original herankommen.

Welches Buch konnten Sie das letzte Mal nicht mehr aus der Hand legen?

Guericke: „The Three-Body-Problem“ von Liu Cixin ist ein Science-Fiction-Roman, welcher mich so sehr begeistert hat, dass ich die Trilogie ein zweites Mal gelesen habe.

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