Geeignete Methoden für Praxistransferprojekte – Teil 4: Systematische Literaturanalyse Freitag, 4. November 2022

Im vierten Teil dieser Reihe zu wissenschaftlichen Methoden für Praxistransferprojekte (PTPs) steht die systematische Literaturanalyse im Mittelpunkt. Mit ihr kann der aktuelle Stand der Forschung ermittelt werden.

PTPs sind schriftliche Ausarbeitungen, in denen dual Studierende eine betriebliche Fragestellung theoriegeleitet bearbeiten müssen. Hintergrundinformationen bieten die Beiträge „Praxistransferprojekte und ihre Bedeutung für das duale Studium“ und „Tipps und Tricks fürs nächste PTP“. Bisher wurden die Methoden Beobachtung, Dokumentenanalyse und Arbeitsplatzanalyse vorgestellt (siehe unten).

Systematische Literaturanalyse

Die systematische Literaturanalyse (SLA) ist eine Methode, um zu einer Forschungsfrage den aktuellen Literaturstand systematisch reproduzierbar zu identifizieren und auszuwählen (vgl. Fink, 2019). Darüber hinaus kann sie genutzt werden, um Ergebnisse zusammenzufassen, zu kritisieren und / oder zu integrieren.

Im Gegensatz zu einer „nicht strukturierten Literaturanalyse“ werden bei der SLA alle methodischen Schritte der Literaturanalyse durchlaufen, die Ergebnisse jeweils detailliert dokumentiert und die Filterkriterien zur Literatursuche offengelegt. Dadurch wird die Literaturauswahl transparent und nachvollziehbar.

Die Phasen der systematischen Literaturanalyse

Das Konzept der SLA beruht auf der Arbeit von Arlene Fink (Grundlagenliteratur). Jan vom Brocke reflektierte die Ergebnisse von Fink kritisch in verschiedenen Papern und hat auf dieser Basis ein Kreislaufmodell entworfen.

Nach vom Brocke unterteil sich die SLA in fünf Phasen (Erweiterung des Modells von Fink): 1. Definition des Umfangs, 2. Überblick über das Thema, 3. Literaturrecherche, 4. Literaturanalyse und Synthese und zuletzt 5. Literaturagenda.

Im Rahmen der ersten Phase wird zunächst eine übergeordnete Forschungsfrage festgelegt und der inhaltliche Fokus definiert, auf den die Literatursuche ausgerichtet werden soll. Dabei ist es wichtig, die Forschungsfrage klar und deutlich zu formulieren, um die weitere Arbeit darauf auszurichten. Um das tun zu können, muss zunächst das Untersuchungsfeld abgesteckt werden. Bei der Anfertigung von PTPs liegt dieses im Unternehmen. Deshalb ist zunächst zu schauen, welche Probleme im betrieblichen Untersuchungsfeld auftreten, welche Ziele verfolgt werden und ob es dazu schon Beschreibungen (z.B. aus einer Beobachtung oder einer ersten Betrachtung von Dokumenten) gibt. Hier können wichtige Stichwörter identifiziert werden, die dann den Einstieg in die Themenübersicht erleichtern.

In der zweiten Phase wird sich ein Überblick über das Thema verschafft. In diesem Rahmen wird geschaut, welche Fach- und Forschungsbereiche eine Problemstellung adressiert. Daraus werden möglichst präzise weitere Forschungsfragen abgeleitet. Hier ist auch Raum, für die Entwicklung eigener Fragen und Ideen, die in der weiteren Analyse berücksichtigt werden können.

In der dritten Phase findet die Literaturrecherche statt. Dabei werden Stichwörter und Datenbanken sowie die Methode und Suchstrategie festgelegt. Die Stichwortauswahl orientiert sich an den Forschungsfragen. Sollten die Ergebnisse unbefriedigend sein, nicht verzweifeln und stattdessen die Stichwortauswahl reflektieren und Kommiliton*innen um Hilfe bitten. Hinsichtlich der Wahl der Datenbanken darf in der Arbeit nicht vergessen werden, diese schlüssig zu begründen. Eine Suchmaschine für Literaturrecherche wissenschaftlicher Dokumente ist Google Scholar, die Volltexte von lizensierten und nicht lizensierten Büchern durchsucht. Bei der Methode eignen sich die vorwärts- und rückwärtsgerichtete Suche. Werden diese Strategien angewendet, wird das Ziel schneller erreicht.

Bei der Auswahl der Quellen ist genau darauf zu achten, dass im wissenschaftlichen Kontext nur wissenschaftliche Quellen verwenden werden. Dazu gehören wissenschaftliche Fachbücher, wissenschaftliche Lehrbücher, Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften sowie Forschungsberichte und wissenschaftliche Internetquellen. Besonders bei den Internetquellen muss man ganz genau schauen, ob es sich wirklich um wissenschaftliche Seiten handelt. Nicht-zitierfähige sind private Webseiten, Websites von kommerziellen Einrichtungen, Seminar- und Hausarbeiten anderer Studierender, Boulevardzeitungen und -zeitschriften sowie Vorlesungsskripte. Dazu zählen beispielsweise Wikipedia, Gabler Wirtschaftslexikon, die Tagesschau, hausarbeiten.de und die AUTO Bild. Falls Sie sich an dieser Stelle fragen, ob das schon vorkam – ja, kam es ;) Werden unwissenschaftliche Quellen genutzt, schmälern diese die Argumentationskraft der gesamten Arbeit und führen im schlimmsten Fall zu einer nicht bestandenen Prüfungsleistung.

Die dritte Phase umfasst die Datenanalyse, bei der relevante Informationen und Daten extrahiert werden (inhaltliche Auswertung).

In der vierten Phase erfolgt die Literatursynthese. Im Rahmen dieser werden die Daten entlang der Forschungsfragen und/oder Zielsetzung beschrieben. Außerdem erfolgt die Interpretation der Daten und die Ergebnisse werden für die Beantwortung der Forschungsfragen zusammengefasst. Danach werden Forschungslücken identifiziert und reflektiert.

Learnings

Im Rahmen der Methodennutzung geht es im Studium nicht „nur“ darum, wissenschaftlich zu arbeiten und eine Hausarbeit/ein PTP abzulegen, sondern auch darum, sich Kompetenzen anzueignen und möglicherweise für das Kooperationsunternehmen einen Nutzen zu generieren. Auf der einen Seite lernt man viel Theorie und erkennt, wie die zu einem praktischen Untersuchungsfeld passt. Auf der anderen Seite kann man lernen, schnell den Inhalt eines Textes zu erfassen und versteht, warum Abstracts wichtig für eine Veröffentlichung sind und was in ein Abstract gehört, damit es aussagekräftig ist. Falls es Studierenden gelingt, durch die Literaturanalyse einen Impuls für die Lösung eines Praxisproblems zu liefern, entsteht kann das Kooperationsunternehmen davon profitieren und vielleicht sogar Geld sparen.

 

Literatur und Empfehlungen

Fink, A. G. (2019). Conducting Research Literature Reviews. From The Internet To Paper. 5. Ausgabe. UCLA: Los Angeles.

Vom Brocke, J., Simons, A., Niehaves, B., Niehaves, B., Reimer, K., Plattfaut, R. & Cleven, A. (2009). Reconstruction The Giant: On The Importance Of Rigour In Documentin