Science Media Day: Wie Wissenschaft in die Medien kommt Donnerstag, 23. November 2023

Journalist*innen diskutieren mit Professor*innen darüber, wie die Zusammenarbeit gelingt
Wie gelangen wissenschaftliche Themen in Zeitungen, Online-Magazine und Zeitschriften? Darüber diskutierten beim Science Media Day Journalist*innen mit Professor*innen der Hochschule Osnabrück. Rund 35 Wissenschaftler*innen der Osnabrücker Hochschulen hörten in der Caprivi-Lounge am Caprivi-Campus nicht nur gespannt den Podiumsgästen zu, sondern brachten sich mit Meinungen, Fragen und Statements aktiv in die Diskussion ein.
„Es ist ein bisschen wie ein Dschungel. Als Journalist fragt man sich oft: Wo finde ich den passenden Experten?“, erklärte Volker Stollorz, Gründer des Science Media Centers, in seinem Impulsvortrag. Von der klassischen Zeitung bis zum eigenen Youtube-Kanal könne heute jeder sein Wissen teilen. Daraus entstehe ein Überfluss an Informationen. „Es ist wie eine Flut“, so Stollorz. Was er sich als ehemaliger Redakteur von Wissenschaftler*innen wünscht: „Einfach mal zum Hörer greifen und in einer Redaktion anrufen, wenn man ein spannendes Thema hat oder sich zu etwas äußern will.“
Viel Wissen, wenig Zeit
Auf der anderen Seite stehen Wissenschaftler*innen vor anderen Hürden, wie die anschließende Podiumsdiskussion zeigte: „Mir fallen direkt mindestens zehn Beispiele ein, bei denen haarsträubend über ein Thema berichtet wurde, zu dem ich mich gerne geäußert hätte. Aber ich habe einfach nicht die Kapazität darauf zu reagieren“, sagte Prof. Dr. Melanie Speck von der Hochschule Osnabrück.
Wenn Wissenschaftler*innen sich in den Medien dennoch äußern, stecke für die Redaktionen dahinter oft ein erheblicher Aufwand, wie die freie Wissenschaftsjournalistin Sigrid März erläuterte: „Bei Leuten, die schlechte Erfahrungen gemacht haben, ist es viel Arbeit. Sie wollen oft Zitate vor der Veröffentlichung lesen und sichergehen, dass alles bis ins Detail stimmt.“ März könne das nachvollziehen, dennoch sei ihr Blick ein anderer, obwohl sie für Magazine mit fachlich hohem Anspruch wie Quarks oder Spektrum der Wissenschaft schreibt. „Details sind wichtig. Aber wir können sie nicht immer übertragen, weil sie für Leser*innen nicht interessant sind oder einfach nicht verständlich.“
Was Leser*innen wissen wollen
Neben der Frage, wie Wissenschaft in die Medien kommt, diskutierten die Panelteilnehmenden auch, welche Themen es überhaupt in die Zeitung schaffen. „Was kann Journalismus denn liefern?“, fragte Speck. Sebastian Stricker berichtete aus der Perspektive als Lokalredakteur bei der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ): „Wir müssen uns fragen wie viele Menschen sind von diesem Thema betroffen: faktisch oder emotional.“ Campus-Themen interessiere die NOZ-Leser*innen, detailreiche Forschungsfragen dagegen eher nicht. Was beispielsweise gut ankam: Fledermäuse in Hochschulbüros. Speck quittierte das mit der Frage: „Was ist denn da die Relevanz?“ Schulterzucken bei Stricker: Die Leser*innen fänden es wohl eine interessante Geschichte. Darin waren sich alle einig: Eine Geschichte brauche es zu jedem Thema. Wer diese Story entwickelt – die Redaktion oder die Wissenschaft – dazu gab es verschiedene Ansichten.
Aus dem Publikum folgte dazu die Frage, ob es denn nicht Aufgabe der Hochschule sei, Wissenschaftler*innen darauf vorzubereiten, Geschichten zu entwickeln und im Medienkontakt zu schulen. Genau das biete die Hochschule an, wie Prof. Dr. Bernd Lehmann, Vizepräsident der Hochschule, erklärte. „Wir wollen Wissenschaftler*innen befähigen ihr Wissen und Know-how für Wissenschaftskommunikation zu verbessern.“ Daher gebe es seit diesem Jahr umfassende Trainings und Weiterbildungen.
Kritisch und unabhängig – für die Gesellschaft
Kommentare aus dem Publikum richteten sich vor allem an den Lokaljournalismus. Qualität, wenig Forschungsbezug und verkürzte Darstellungen kamen zur Sprache. Stricker reagierte darauf mit einer klaren Botschaft: „Wir sind ein Unternehmen und müssen uns so entwickeln, dass wir bestehen bleiben können.“ Klickzahlen seien heute wichtig, ebenso einfache, packende Headlines, da auch die Neue Osnabrücker Zeitung zunehmend auf Online-Journalismus setzt – wie die meisten Medien. Noch deutlicher reagierte März zu den Ideen aus dem Publikum, wie die Wissenschaft besser dargestellt werden könnte: „Es ist nicht meine Aufgabe für die Hochschule zu berichten – wir müssen unabhängig und kritisch bleiben.“ Lehmann reagierte darauf mit Verständnis und ergänzte: „Und wir wollen als Hochschule für gesellschaftliche Wirkung sorgen.“
Der Science Media Day war eine Veranstaltung der Werkstatt Wissenschaftskommunikation des Projekts GROWTH unter fachlicher Leitung des Geschäftsbereich Kommunikation in Kooperation mit dem Science Media Center.
Das Science Media Center ist eine gemeinwohlorientierte journalistische Organisation. Sie macht öffentlich relevante Erkenntnisse aus den Wissenschaften regelmäßig mehr als 2.000 akkreditierten Journalist*innen aller Mediengattungen zugänglich: www.sciencemediacenter.de.
Von: Julia Schächtele