Wie lernen wir mit KI?
Täglich sind wir von spannenden Wissenschaftsthemen umgeben. Mit dem neuen regelmäßigen Format "Wissenssnack" möchten wir aktuelle wissenschaftliche Themen näher beleuchten und durch gezielte Fragen an unsere unterschiedlichen Expert*innen am Campus Lingen aufklären.
An der Hochschule Osnabrück ist der Monat November dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) gewidmet. Der zweite "Wissenssnack" nimmt sich ebenfalls dieses breiten Themenfeldes an und stellt die Frage: Wie lernen wir mit KI?
Das nachfolgende Interview hat Hochschul-Redakteurin Miriam Kronen mit Prof. Dr. Marco Barenkamp geführt. Er ist Lehrbeauftragter an der Fakultät Management, Kultur und Technik am Campus Lingen sowie stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der auf KI-Entwicklungen spezialisierten Osnabrücker LMIS AG. Zudem engagiert sich Barenkamp als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Studiengesellschaft für Künstliche Intelligenz e.V. in der Förderung des öffentlichen Diskurses rund um Fragestellungen der KI und wurde in die Bundesfachkommission für Künstliche Intelligenz und Wertschöpfung 4.0 berufen.
Herr Prof. Dr. Barenkamp, wie lernen wir mit KI?
Die KI hilft uns beim Lernen, indem sie uns viele Informationen in Raketenzeit aggregieren kann. Das heißt wir haben, vor allem wenn es um Wissensarbeit geht, die tolle Situation, dass wir viel Lebenszeit sparen. Das geschieht dadurch, dass wir über die KI die wichtigsten Aspekte zusammenfassen lassen und gleichzeitig die Aufgabe bekommen, diese auch zu verifizieren. Denn am Ende werden über statistische Methoden, statt zuvor reiner manueller Stichproben, Korrelationen hergestellt und die Daten verdichtet. Diese Modelle können aus den verschiedensten Gründen auch halluzinieren (Anmerkung der Redaktion: Eine KI-Halluzination erzeugt ungerechtfertigte Resultate als Text oder Bild). Deshalb wird es zukünftig eine Kernkompetenz sein müssen, mit diesem Hilfsmittel - also dem Werkzeug KI - die Informationen so zu verifizieren oder zu falsifizieren, dass wir sinnvolle und belastbare Ergebnisse erzielen - Und dadurch eine tolle, fundierte Entscheidungsgrundlage!
Was bedeutet in diesem Zusammenhang Generative KI?
Generative KI ermöglicht es, Dinge neu zu entwickeln. Wenn man z.B. eine Zusammenfassung eines Kapitels oder gar ein ganz neues Kapitel des Harry Potter Romans benötigt, kann man sich das von einer KI erstellen lassen. Das ist ein Bestandteil von generativer KI. Sie unterstützt unter anderem im Journalismusbereich oder in der Werbung. So bekomme ich schon einige Ideen vorgeneriert. Das sorgt dafür, dass ich beispielsweise viel besser antizipieren kann, wie sich mein Text später in das bestehende Format einfügen wird. Das gilt auch für andere Bereiche wie z.B. die Theaterpädagogik. Hier kann generative KI bei der Frage unterstützen, wie die Emotionalität einer Szenerie nach außen ausgedrückt wird. Mithilfe Generativer KI kann ich also Texte, Bilder, oder auch Musik und Sprache eigenständig erstellen lassen.
Wie kann KI in die Lehre am Campus Lingen eingebunden werden?
Wir werden gerade in Deutschland unseren Wohlstand dadurch aufrechterhalten können, dass wie gesellschaftlich intelligent mit den Möglichkeiten der KI umgehen können. Eine große Aufgabenstellung ist es daher am Campus, KI auf eine Art und Weise in die Lehre zu integrieren, dass die Studierenden mit einer gewissen Grundkompetenz ausgestattet werden, so dass sie für ihren individuellen Anwendungsfall KI strukturiert und korrekt einsetzen können. Das heißt, dass sie Künstliche Intelligenz letztlich als passendes Werkzeug nutzen können. Es geht letztlich darum, die Studierenden am Campus Lingen dazu zu befähigen, kompetent und effektiv mit diesen Mitteln umzugehen.
Was bedeutet das genau?
Solche Aufgabenstellungen lauten beispielsweise: Wie kann man verifizieren, dass die Ergebnisse des Sprachenmodells korrekt sind? Es gibt spezielle Methodiken, die ich anhand des aktuellen Stands der Wissenschaft auch in meinen Lehrveranstaltungen erläutere. Sie ermöglichen es uns, dass wir also nicht nur naiv mit diesen Technologien umgehen, sondern auch sehr fundiert arbeiten können. Denn das Problem der generativen KI ist, dass sie vermeintlich niederschwellig zu nutzen erscheint. Diese Niederschwelligkeit suggeriert, dass die Ergebnisse tatsächlich auch als "bare Münze" genutzt werden können. Aber beim genaueren Hinsehen, beispielsweise durch Halluzinieren, zeigt sich, dass es zwar vermeintlich plausibel klingt, aber gar nicht ist. Insofern müssen wir gerade in der Wissenschaft eine Grundkompetenz erwerben, die es uns ermöglicht, solide und authentische Ergebnisse zu erzielen. Am Campus Lingen versuchen wir, in verschiedenen Aufgabenstellungen mit den Fallstricken der KI zu arbeiten und dadurch ein Bewusstsein und eine Methodik zu entwickeln, wie man konstruktiv mit diesen Werkzeugen umgehen kann.
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für den Wissenssnack genommen haben.
Von: Miriam Kronen