Humanernährung meets Tierernährung Freitag, 10. Mai 2024
Die Arbeitsgruppe Tierernährung der Hochschule Osnabrück unter Leitung von Professor Heiner Westendarp erforscht seit dem 1. April 2024 in einem dreijährigen Forschungsprojekt den Einsatz sogenannter humaner Milch-Oligosaccharide (MOs) in der Fütterung von Kälbern. Die in der menschlichen Muttermilch in einer hohen Konzentration vorkommenden Milch-Oligosaccharide können einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Kälbergesundheit liefern.
Das Projekt wird im Programm zur Innovationsförderung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefördert. Eine solche Projektförderung zu erhalten gelingt, wenn ein bedeutender technologischer Fortschritt zu erwarten ist. Es soll der für so ein wissenschaftlich begleitetes Projekt maximal mögliche Technologiereifegrad erreicht werden. Ziel der Innovationsförderung ist es, besonders nachhaltige Produkte zu fördern, um so die Wettbewerbsfähigkeit des nationalen Wirtschaftsstandortes zu stärken.
Milch-Oligosaccharide: beim Menschen unersetzlich
Bei den Milch-Oligosacchariden handelt es sich um größtenteils unverdauliche Kohlenhydrate, die hauptsächlich in der menschlichen Muttermilch vorkommen. Die menschliche Muttermilch wirkt sich positiv auf die Gesundheit und hier besonders auf die Darmgesundheit der Säuglinge aus. Diese positiven Effekte sind nachweislich den Milch-Oligosacchariden zuzuschreiben. Milch-Oligosaccharide gehören zu der Gruppe der Präbiotika, das heißt sie dienen nützlichen Darmbakterien, wie sie jeder Mensch hat, und bekämpfen schädigende Darmbakterien. Des Weiteren gelten sie als antimikrobiell und immunmodulierend. Diese Eigenschaften führen zu der Annahme, dass die Milch-Oligosaccharide auch einen wertvollen Beitrag in der Kälberernährung mit sich bringen können.
Kälber - Zukunft stärken
Die Kälberaufzucht stellt die Basis eines jeden milchviehhaltenden Betriebes dar. Nur wenn es gelingt, gesunde Kälber aufzuziehen, kann eine ressourcenschonende, nachhaltige Milcherzeugung erreicht werden. Kälber sind in der Phase der Aufzucht einem erhöhten Risiko für Durchfall- und Atemwegserkrankungen ausgesetzt. Dieses Risiko gilt es zu minimieren. Der präventive Einsatz der Milch-Oligosaccharide in der Kälberfütterung soll die Gesundheit der Kälber verbessern, die Aufzuchtleistungen stabilisieren und somit den im Krankheitsfall nötigen Antibiotikaeinsatz reduzieren.
Projektverbund aus Wissenschaft, Wirtschaft und landwirtschaftlicher Praxis
Die in diesem Projekt verwendeten Milch-Oligosaccharide werden mit Hilfe eines genetisch modifiziertem E. coli Produktionsstammes fermentativ von der Oligoscience Biotechnology GmbH hergestellt. Das 2017 gegründete Unternehmen, welches als innovativer Treiber an dem Forschungsprojekt beteiligt ist, hat es sich zur Vision gemacht menschliche und tierische Gesundheit zu verbessern. Das Projekt wird auf dem landwirtschaftlichen Betrieb Westrup-Koch Milch GbR in Bissendorf durchgeführt. Der Betrieb gilt als einer der Vorzeigebetriebe im Bereich Milchwirtschaft in Deutschland. Dies zeigt unter anderem die Auszeichnung als „Bester Milcherzeuger Niedersachsens 2022“. Innerhalb der praktischen Versuchsphase werden auf dem Betrieb insgesamt 176 Kälber auf Gesundheits- und Aufzuchtmerkmale untersucht. Die Untersuchungen finden durch die Arbeitsgruppe Tierernährung der Hochschule Osnabrück in enger Kooperation mit der agro prax Gesellschaft für Tiermedizin und Betriebsbegleitung mbH, einem der größten Tierarzt- und Beratungsunternehmen im Bereich Milchvieh, statt.
Die Arbeitsgruppe Tierernährung hat sich zum Ziel gesetzt, innovative Strategien und Fütterungskonzepte für eine tierwohlorientierte und klimaschonende Tierernährung am Standort Osnabrück weiter zu etablieren. Der erstmalige Einsatz von Milch-Oligosacchariden innerhalb eines Praxisversuches in der Kälberaufzucht entspricht genau der Vision, neue Fütterungskonzepte anwendungsorientiert zu erforschen.
Von: Ronan Morris