ROSE
eHygienebericht
Entwicklung eines eHygieneberichts
Die Entwicklung des eHygieneberichts durch die Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen in Kooperation mit dem Netzwerk Versorgungskontinuität in der Region Osnabrück e.V. findet innerhalb des Projekts ROSE statt und befasst sich mit der Überleitung von Patient*innen, die als Träger*innen von Krankheitserregern oder besonders infektionsgefährdete Personen einer besonderen Aufmerksamkeit, Behandlung und Versorgung bedürfen. Die Überleitungen können zwischen den Versorgungseinrichtungen des Gesundheitswesens oder innerhalb dieser stattfinden. Die Notwendigkeit der Betrachtung und Behandlung dieser Thematik ist vorbestehend, hat aber durch die aktuelle SARS-CoV-2-Pandemie noch an Bedeutung gewonnen.
Versorgungen mit Gesundheitsdienstleistungen sind grundsätzlich mit einem endogenen und exogenen Infektionsrisiko verbunden. Im Zuge des medizinischen Fortschritts und der demographischen Entwicklung wächst die Zahl multimorbider, chronisch kranker und langzeit-pflegebedürftiger Menschen, die von mehreren Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Pflegeheime und -dienste, Praxen) gleichzeitig oder nacheinander versorgt werden. Dies erhöht die Gefahr nosokomialer Infektionen. Es ergibt sich die Notwendigkeit regelmäßig wiederholter, sorgfältiger infektionsbezogener Anamneseerhebungen und der Koordination der Versorgung unter infektionspräventiven Aspekten. Eine rechtzeitige, gezielte und individuell angepasste Therapie entscheidet zudem darüber, ob Infektionen wirksam behandelt werden können. Außerdem sind die beschriebenen Maßnahmen wesentliche Voraussetzungen dafür, die Verbreitung von Krankheitserregern zu verhindern und Resistenzentwicklungen vorzubeugen. Ihre Durchführung ist lt. Infektionsschutzgesetz (IfSG) u. a. durch die kollegiale Zusammenarbeit aller Beteiligten und eine geeignete Dokumentation und rechtzeitige Information zu gewährleisten. Die dokumentierten Daten können in aggregierter Form darüber hinaus dazu dienen, Häufungen zu erkennen und risikobehaftete Situationen zu prognostizieren.
In der Praxis sind hier Defizite zu beobachten, die auf hohe Arbeitsbelastung, Zeitmangel und zunehmende Dokumentationspflicht zurückzuführen sind. Hygienerelevante Informationen sind in der Regel Teil der ärztlichen und/oder pflegerischen Dokumentationen bzw. Übergabedokumente, dort aber oft unvollständig vorhanden. Eine zielgerichtete und zeitnahe Information über hygienerelevante und infektionsbezogene Sachverhalte erfolgt oft nicht. Genaue und sofortige Informationen über die Art der Infektion, Infektionswege und -verläufe, Krankheitsverläufe, getroffene Maßnahmen und deren Wirkungen sind hier jedoch besonders notwendig.
Mit der Entwicklung des eHygieneberichts soll die Frage beantwortet werden, wie hygienerelevante Informationen zwischen den relevanten Beteiligten verschiedener Berufsgruppen, Institutionen und Abteilungen im Gesundheitswesen auch sektorenübergreifend so übermittelt werden können, dass bei einer Übergabe, Verlegung oder Entlassung die Sicherheit der betroffenen Patient*innen, die Sicherheit anderer Patient*innen, die Sicherheit des betreuenden Fachpersonals und die Versorgungskontinuität der betroffenen Patient*innen gewährleistet sind. Dazu werden folgende Sekundärfragen beantwortet:
- Welche Informationen sind hygiene- und übergaberelevant?
- Welche Ausprägungen sollen diese Informationen annehmen?
- Wie lassen sich diese Informationen fachlich sinnvoll für eine Überleitung strukturieren?
- Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den Informationen?
- Wie kann der Bericht technisch und interoperabel repräsentiert werden?
Zur Beantwortung dieser Fragen kommt das von der Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen erarbeitete Vorgehensmodell zur Entwicklung von Referenzmodellen für Überleitungsinstrumente zur Anwendung, das sich besonders bei der Entstehung des eWundberichts bewährt hat. Danach wird der eHygienebericht nacheinander auf vier Ebenen erarbeitet:
- Leitlinienebene: Mittels einer internationalen Literaturrecherche nach Artikeln, Leitlinien, Richtlinien und Standards wird ein erster Datensatz, bestehend aus Informationsitems und deren Ausprägungen, erstellt und strukturiert.
- Empirieebene: Der Datensatz und seine Struktur wird durch Hygiene-Expert*innen in Delphi-Befragungen verifiziert bzw. moduliert. Gleichzeitig findet ein Abgleich mit bestehenden Hygiene-Überleitungsbögen statt.
- Modellebene: Das gewonnene Informationsmodell wird als UML-Klassendiagramm dargestellt.
- Konsensebene: In Zusammenarbeit mit den führenden Fachgesellschaften und der Standardisierungsorganisation HL7 wird das Informationsmodell zu einem validen, nutzbringenden und interoperablen eHygienebericht finalisiert.
Der so entstandene, fachlich und technisch konsentierte eHygienebericht bietet sich dann beispielsweise zur Verwendung als Medizinisches Informationsobjekt (MIO) als Teil der elektronischen Patientenakte innerhalb der Telematikinfrastruktur an. Er soll so dazu beitragen, die Versorgungskontinuität der zunehmenden Zahl von Patient*innen mit besonderen hygienischen Bedarfen zu gewährleisten und die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern.
Inzwischen ist auf der Leitlinienebene ein erster Datensatz von hygienerelevanten Informationen und deren Ausprägungen entstanden. Für die Verifizierung bzw. Modulierung dieses Datensatzes werden jetzt Expert*innen aus Medizin und Pflege gesucht, die bereit sind, sich an einer Delphi-Befragung zu beteiligen und so zur Entstehung des eHygieneberichts beizutragen. Sie sollten entweder als ausgebildete Hygiene-Experter*innen oder als Praktiker*innen im ambulanten oder stationären Bereich mit dem Transfer von infektiösen oder infektionsgefährdeten Patient*innen befasst sein. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich über die u. a. Kontaktdaten zu melden.
Kontakt
- Ansprechpartner
Dr. Georg Schulte
Telefon: 0541 969-7066
E-Mail: g.schulte@hs-osnabrueck.de
- Projektleiterin
Prof. Dr. Ursula Hübner