Soziale Arbeit: Lokale Gestaltung sozialer Teilhabe (M.A.)
Studienfahrten
Studienfahrten
"Gemeinwesenarbeit ist wie ein Sandkasten..."
Endlich – eine Reise und der persönliche Kontakt untereinander sind wieder möglich, die Studienfahrt 2021 kann stattfinden. Mit dieser Erleichterung und Energie haben die Studierenden des Masterstudiengangs Soziale Arbeit im Sommer die Organisation der Studienfahrt gestartet. Wie immer wählen sie Reiseziele aus und stimmen ab: Rostock war das Ziel der Studienfahrt in diesem Jahr. Das Programm wurde ebenso von den Studierenden eigenständig erarbeitet und der Kontakt zu Einrichtungen der Quartiersarbeit gesucht. Ergebnis: Eine gemeinsame Tour durch Orte, Institutionen, öffentliche Räume und vor allem mit Menschen, die eindrücklich den Stellenwert Sozialer Arbeit und bürgerschaftlicher Aktivität in Stadtteilen Rostocks vor Augen führte.
Die erste Station war am Donnerstag das Quartiersmanagement in Rostock-Toitenwinkel. Und der Besuch dort hat dann auch gleich das Motto der weiteren Studienfahrt geprägt: „Gemeinwesenarbeit ist wie ein Sandkasten – man buddelt an einer Stelle und von außen fällt der Sand wieder rein!“ Mit dieser Äußerung hat der Quartiersarbeiter sein Engagement beschrieben, die Notwendigkeit, Geduld zu haben und auch die Fähigkeit, (kleine) Erfolge zu sehen und Schritte hin zu größeren Zielen behutsam mit den Menschen im Stadtteil zu gehen. Das gute Zusammenspiel von Gemeinwesenarbeit, persönlichem Engagement, Politik und Zivilgesellschaft ist dabei eine tragende Säule. Tradition und Gewissheit zu ermöglichen sowie Offenheit für Veränderungen anzuregen, zeigte sich bei unseren Erkundungen im Stadtteil immer wieder als besondere Herausforderung.
Das Erreichen, Motivieren und Aktivieren der Menschen beschreibt in gleicher Weise die Arbeit des Rostocker Freizeitzentrums e.V. sowie des Europäischen Integrationszentrums e.V., beides Stationen am zweiten Tag der Studienfahrt, die das soziale Gemeindeleben und politische Bildung zum Ziel haben. In der Südstadt schließlich waren wir zu Gast im Stadtteil- und Begegnungszentrum: „Arbeite nicht mehr als der Klient oder die Klientin“ – diese bekannte Formel der Sozialraumorientierung wurde uns dort von der Leiterin mit vielen Projektbeispielen und auch mit einer Führung durch die Räumlichkeiten konsequent vermittelt. Und wir haben auch strukturelle Hemmnisse diskutiert, dabei immer wieder eine Frage umkreist: Was tun, wenn Stadtverwaltung, Fachplanung und Politik die Ziele der sozialräumlichen Arbeit in Stadtteilen nicht auf die Weise und langfristig fördern, wie es aber für die Verstetigung von Strukturen vor Ort notwendig wäre?
Und genauso angeregt haben wir mit dem Träger Soziale Bildung e.V. über Möglichkeiten der politischen Bildung, Demokratieerfahrungen im Stadtteil und Soziale Arbeit gesprochen, die mit offenen, mobilen und auch schulbezogenen Angeboten hierfür sozialräumliche Gelegenheiten schafft. Den Abschluss bildet eine sehr eindrucksvolle, bewegend und auch nachdenklich stimmende Stadtteilführung zum Thema Rassismus in Rostock-Lichtenhagen. Der dortige Pogrom in 1992 war Thema einer sehr erfahrungsbezogenen Begleitung im Wohnviertel, an markanten Stellen im Umfeld und auch im Bereich der Innenstadt von Rostock, die allesamt ein Gesamtbild der vergangenen Ereignisse und des Umgangs damit in der gegenwärtigen Stadtkultur zeigten.
„Die Projekte gehören sich selbst…“ – und die Mär des gefühlten Stadtteilrankings
In den Südwesten des Landes wollte der vierte Jahrgang des Studiengangs reisen und hatte Freiburg im Breisgau als Ziel ausgesucht. Die Ankunft versprach gleich besondere Einblicke in das Motto unserer Studienfahrt, mit der wir die Bürgerschaftlichkeit und Gemeinwesenkultur unterschiedlicher Regionen erkunden: Der Verein zusammen leben e.V. war die erste Station, bei der uns die Entstehung, Ziele und unterschiedlichen Projekte des Vereins vorgestellt wurden. Wir wurden zum Start der Reise nicht nur freundlich aufgenommen, sondern konnten im zugehörigen „zusammenkaffee“ auch gleich bei Kaffee und Kuchen erleben, wie dieser Ort der Gemeinschaft zum regelmäßigen Anziehungspunkt geworden ist. An diesem Ort kann man sich für andere einsetzen, ihnen ein Essen bezahlen, das Projekt mit eigener Mitarbeit im ehrenamtlichen Thekenteam unterstützen oder einfach durch den Besuch und mit Spenden diese Idee am Laufen halten. Das Café befindet sich in einer Immobilie des Mietshäuser Syndikats, das sich für bezahlbaren Wohnraum durch soziale Geldanlagen im Immobilienerwerb einsetzt. Hier wird kein privater Besitz geschaffen, sondern Kapital in Wohnprojekte investiert, die sich auf diese Weise selbst gehören. Zwei Initiatoren und bis heute federführend aktive Vertreter des Syndikats erzählten uns lebendig von diesem Anliegen, den Erfahrungen und vor allem, warum gerade Freiburg eine Stadt mit besonders hohem gesellschaftlichen, ökologischen und kritischen Potenzial der Menschen ist: Die Verhinderung des in den 70er Jahren geplanten AKWs in Wyhl im Kaiserstuhl sehen sie als einen zentralen Auslöser bürgerschaftlicher Energie zur Gestaltung des Stadtteillebens und Vertretung eigener Interessen an, die bis heute wirkt.
Danach erkundeten wir den Stadtteil Stühlinger, der sich hinter dem Bahnhof befindet und lange keine große Aufmerksamkeit und eher geringes Ansehen genoss, bevor in den 80er Jahren gezielt Baumaßnahmen gestartet wurden, um das Leben dort zu verändern. Heute hat dieser Stadtteil eine hohe Lebensqualität mit unterschiedlichsten räumlichen und sozialen Qualitäten: Zwischen Nähe und Abstand, Weite und Enge, Grün und Asphalt ist ein sozialer Rahmen entstanden, der dort auch durch unterschiedliche Angebote verkörpert wird. Das E-Werk etwa mit einem umfangreichen Kulturprogramm für Tanz, Theater und Musik steht dafür, bietet Menschen Räume der Erprobung sowie Produktion von Kunst und den Freiburgern immer wieder vielfältige Aktivitäten – die auch in Kooperation mit Schulen durchgeführt werden und pädagogischen Zielen folgen, aber bitte immer mit künstlerischem Anspruch und ohne „Plätscher-Pädagogik“, wie uns dort glaubhaft erzählt wurde.
Den Abschluss bildeten Besuche und Erkundungen zweier Stadtteile, die parallel Mitte der 90er Jahre entstanden sind, aber durchaus ganz unterschiedliche Entwicklungen verzeichnen: Zunächst hat uns die Quartiersmanagerin durch den Stadtteil Vauban mit seinem explizit ökologischen Lebensrahmen vorgeführt: Autoreduzierte Verkehrskonzepte, Bio-Lebensmittel und alternative Energie- und Wohnkonzepte prägen diesen Stadtteil, der von Beginn an auch auf Foren der Verständigung der Menschen, der Vertretung von Interessen und öffentliche Wirkung setzte. Vereinsgründungen und politisches Engagement vermittelten hier ganz deutlich, wie wichtig (für soziale Arbeit im Stadtteil) der Kontakt zwischen den Menschen und Entscheidungsträgern der Politik und Verwaltung ist. Den gleichen Eindruck hatten wir im Stadtteil Rieselfeld, der auf uns jedoch weitläufiger, vielleicht auch offener und vielfältiger, weniger geprägt durch ein bestimmtes Bild des richtigen Lebensstils wirkte. Und trotzdem – vielleicht gerade deshalb – bestehen dort unterschiedlichste Initiativen, Vereine, kirchliche Angebote, freie und grüne Flächen der Begegnung sowie eindrucksvolle Gebäude: eine überaus moderne und ökumenische Kirche, die man erst auf den zweiten Blick als solche erkennt, und eine Sporthalle mit begrüntem Dach, die sich fast unbemerkt in die Parkflächen einfügt. Hier wurden Räume sehr bewusst gestaltet.
Zum Nachdenken hat uns zum Abschluss der Studienfahrt ein – für Freiburg ganz typischer – spontaner und offener Kontakt in der Straßenbahn gebracht, als wir mit einer Frau über die passierenden Stadtteile sprachen: „Wenn Sie hier rausschauen, sehen Sie den Stadtteil mit der schlechtesten Lebensqualität, wie es immer heißt. Das ist eine Mär. Hier lebt es sich besser als im zweitbesten Stadtteil, der sich selbst für den lebenswertesten hält.“ Nicht umsonst wohl beschäftigen wir uns im Studiengang immer wieder mit dem Blick auf die Lebenswelten und ihre Erkundungen mit den Menschen selbst. Denn Stadtteile sind auch in Freiburg selten das, was über sie gedacht und von anderen erzählt wird.
„Da könnte man doch…“ – Offene Menschen, enge Gänge und die Höhen des Gegenwärtigen
Die Studierenden des dritten Jahrgangs haben Lübeck als Ziel der Studienfahrt 2018 ausgewählt und selbständig ein Programm über Besuche von Einrichtungen, Initiativen und Orten der Stadt erstellt. So haben wir dort im September an insgesamt drei Tagen Stadtteilerkundungen vornehmen, Akteure sozialräumlichen Engagements sowie Einrichtungen kennenlernen können, die sich bewusst auf eine stadtteilbezogene Arbeit konzentrieren.
Einblicke in die Entwicklung des Stadtteils Moisling im Rahmen des Bundesprogramms „Soziale Stadt“ boten den Ausgangspunkt für die Studienfahrt. Eine Stadtteilführung an die unterschiedlichen Lebensorte, Informationen über die in der Vergangenheit prägenden Institutionen sowie spontane Raumwahrnehmungen haben uns sofort das Anliegen der Studienfahrt vor Augen geführt. Die raum- und gesellschaftstheoretischen Annahmen des Studiums treffen auf Gestaltungfragen und die alltägliche Lebensweltlichkeit der Menschen, leiten den Blick, werfen Fragen auf und führen zur Vergewisserung über die eigenen Grundsätze des gelingenden (Zusammen-) Lebens in der Stadt. Dabei kamen auch Widersprüche und Unsicherheiten auf: Wenn die Interessen der Menschen dort so unterschiedlich, ihre Bereitschaft, Alltagsthemen und Wünsche mithin Ausdruck einer derartigen Vielfalt im Stadtteil sind – wie kann dann mit Quartiersarbeit überhaupt ein verbindender Rahmen initiiert werden? Was können dann Schwerpunkte und Ziele der Arbeit sein, die zumindest möglichst viele Menschen ansprechen? Schnell kam die Initiierung von Partizipation auf, die selbstverantwortliche Gestaltung, statt das fortwährende Versuchen von Angeboten, die professionelle Kräfte stellvertretend entwerfen. Die große Fläche, eine gewisse Unverbundenheit der lokalen Orte im Stadtteil und auch die Abgeschiedenheit vom Stadtkern sind eine fortdauernde Herausforderung, die mit der Gestaltung einer zusammenführenden Mitte, einer Öffnung von Flächen der Begegnung und Aufwertung der Infrastruktur angegangen werden soll. All das bietet auch die Chance, die oft betonte Perspektive auf Schwierigkeiten und Nöte im Stadtteil etwas auszugleichen durch die Erkundung des Positiven, der Wünsche und des Stolzes der Menschen auf ihren Lebensort, an dem sie sich wohlfühlen.
Die sich anschließende Stadtführung durch den Altstadtkern, die charakteristischen und engen Wohngänge sowie das Lebensgefühl auf der von der Trave umgebenden Altstadtinsel boten einen gewissen Kontrast: zwischen Konsum und Kultur, Lärm und Leichtigkeit der Hinterhöfe sowie der gegebenen Infrastruktur und einem hohen Maße an Zutrauen in die zivilgesellschaftliche Verantwortung von Stadtteilangeboten. Für solche Freiräume, die sich Menschen in der Stadt verschaffen, steht auch die Kunsttankstelle, die öffentliche Räume der Stadt für Kunst- und Kulturangebote, Ausstellungen und Veranstaltungen nutzt und durch einen Verein getragen wird. Hier haben Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit, ihre Werke auszustellen, ohne bestimmte Voraussetzungen erfüllen oder gängigen Erwartungen des Kunstmarktes entsprechen zu müssen.
Einen eindrucksvollen Abschluss bot der Besuch eines größeren Gemeinschaftswohnprojektes (in den Immobilien einer ehemaligen städtischen Behörde), das sich in den letzten 20 Jahren von einer Eigentümergemeinschaft zur Lebensform entwickelt hat. Und das mit allen Höhen und Tiefen der Zusammenführung von Menschen, ihren Interessen von Wohnen, Leben, Privatheit und öffentlicher Begegnung, z.B. im Hof der Wohnanlage. Zwei Frauen berichteten uns lebhaft und sehr persönlich die Geschichte des Projektes, das Ringen um Bilder des richtigen Lebens dort und Regeln, die Möglichkeiten und Grenzen von Wohnalltag als Basis des Zusammenlebens sowie die Suche nach einem prägenden Lebensgefühl dieser Wohnform, die wohl auch eine Suche nach einem gemeinschaftlichen Lebenssinn ausdrückt – der vor gut 20 Jahren einige engagierte Menschen antrieb, als die Immobilien zum Verkauf standen: „Da könnte man doch…“. Erfahren, lernen, sich entwickeln, befreien, ändern und die Zuversicht in den eingeschlagenen Weg nicht verlieren, all das ist den Bewohnerinnen zum Inbegriff des Projektes als persönlicher Emanzipationsprozess geworden. Herausfordernd für die Studiengruppe war dann ganz in diesem Sinne auch die Gewölbeführung in der St. Marienkriche, die uns die Geschichte des Kirchenbaus, den Wiederaufbau nach dem Krieg und die Höhen der Türme als gemeinsam erklommene Perspektive auf die Stadt bot.
Von ganz oben nach ganz unten – und der Wert einer Zitrone
Die Studienfahrt hatte 2017 Hamburg als Ziel. Im September haben wir dort drei Tage wieder Stadtteilerkundungen vornehmen, Akteure sozialräumlichen Engagements sowie Einrichtungen besuchen können, die sich bewusst auf eine stadtteilbezogene Arbeit konzentrieren.
Wir sind mit einem Besuch in der obersten Sozial- und Familienbehörde gestartet. Dort haben wir von Kolleginnen des Referates Kinder- und Jugendpolitik Informationen zur Kinder- und Jugendhilfe und ihrer Organisation in der Stadt Hamburg erhalten: Bevölkerung und Sozialstrukturen, Bezirke der Stadt, Entwicklung von Inanspruchnahmen der Jugendhilfeleistungen sowie Einblicke in den Auftrag der Behörde waren für uns ein sehr guter Start der Studienfahrt. Der Überblick, Hintergründe, aktuelle Themen und auch das Kennenlernen möglicher Berufsrollen in diesem Arbeitszusammenhang standen im Mittelpunkt. Besonders Zukunftsfragen, mögliche Entwicklungen der offenen Jugendarbeit oder der sozialräumlichen Hilfen etwa, standen im Raum. Dabei haben wir auch intensiv über die Wechselwirkungen von Politik, Verwaltung, Praxis und Zivilgesellschaft diskutiert. Damit war sofort der Kern des Anliegens unserer Studienfahrt erreicht – und damit auch direkt Anschluss an die Arbeit in einem Bezirksamt der Stadt hergestellt. Dort haben wir das Sozialraummanagement, Monitoring und Planung, aktuelle Themen der Netzwerkentwicklung sowie die speziellen Bedarfslagen in den Stadtteilen des Bezirks besprechen können. Hier konnten wir eine ausgeprägt vermittelnde Rolle feststellen, bevor wir dann in einem Stadtteil die Basis der stadtteilbezogenen Jugend-, Sozial- und Kulturarbeit eines Trägers kennenlernen konnten. Leben, Alltag, Bedürfnisse, ihre Veränderungen und Einflüsse dort konnten wir auch direkt räumlich im Rahmen einer Stadtteilerkundung erfahren. Dabei wurde deutlich: Es ist das Angebot von Räumen, von Möglichkeiten der Mitgestaltung, der Erfahrung des Gehörtwerdens und der verlässlichen Kontakte, die die Menschen im Stadtteil veranlasst, aktiv und selbstständig Teil der sozialen Stadtteilentwicklung zu werden. Doch das ist nicht allen Menschen möglich: Eine Stadtführung von Hinz und Kunz hat das eindrücklich vergegenwärtigt. So haben Einblicke in die Orte Hamburgs, die für obdachlose Menschen von Bedeutung sind, den Abschluss der Studienfahrt geprägt. Die Erfahrungen des Stadtführers, die Konfrontation mit einem Leben, das plötzlich als „ganz unten“ wahrgenommen wird, haben alle nachdenklich gemacht und auch gezeigt, wie wichtig soziale Arbeit in den Stadtteilen und der Obdachlosenhilfe sein kann, um neue Wege zu eröffnen. Das Lebensmotto des Stadtführers ist daher auch ein Plädoyer für eine die Anerkennung, den Rückhalt und die konsequente Förderung der Eigenständigkeit betonende soziale Arbeit: „Wenn Dir das Leben eine Zitrone schenkt, dann mach‘ Limonade draus!“
Wachstum, Wünsche und Wege – in den Stadtteilen
Die Studienfahrt hat uns 2016 nach Leipzig geführt. Im September haben wir dort drei Tage eine Stadtteilerkundung vornehmen, Akteure des Quartiermanagements und der Stadtteilarbeit treffen sowie Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Kulturarbeit besuchen können, die eine sozialräumliche Ausrichtung ihrer Konzepte umsetzen. Im Mittelpunkt der Studienfahrt, die von nun an jährlich jeweils zu Beginn des 3. Semesters an wechselnden Orten stattfinden wird, stehen Fragen der Vernetzung, Partizipation und Kultur- bzw. Gesellschaftsentwicklung im Stadtteil.
Leipzig wird nach aktuellen Bevölkerungsprognosen jährlich einen Zuzug von ca. 10.000 Menschen verzeichnen. Diese Entwicklung wird sich in den Stadtteilen unterschiedlich ausdrücken, stellt aber die Menschen dort und die Stadt insgesamt vor die strategische Herausforderung, soziale Infrastrukturen daraufhin (weiter-) zu entwickeln. Dazu zählen Wohnformen und -möglichkeiten für unterschiedliche Bedürfnisse, die Balance von Verdichtung und Öffnung der (Frei-) Räume sowie Gelegenheiten für soziales Engagement, Bildung, persönliche Entwicklung und ein solidarisches Zusammenleben – das in den Stadtteilen mit vielfältigen Lebensentwürfen, Wünschen und Erwartungen an sich sowie die Gesellschaft einhergeht. Das haben wir in drei Stadtteilen direkt erfahren: Im Stadtteil Connewitz konnten wir die integrative Kraft eines Sportvereins, die Bedeutung des politischen Engagements seiner Mitglieder sowie die alltäglichen Verbindungen zum Stadtteilleben im Gespräch mit dem Vorsitzenden erfahren. Ein Jugend- und Kulturhaus hat uns im gleichen Stadtteil dazu angeregt, über die Rolle der sozialen Arbeit nachzudenken: Kann sie Motor und Moderation von eigenverantwortlichen Aktivitäten der jungen Menschen sein, oder nimmt sie damit schon zu viel Einfluss und überformt die freien, offenen und selbstbestimmten Prozesse dort? Im Stadtteil Grünau konnten wir Wege erkennen, Quartiersentwicklung (als Planung und Vernetzung) mit verankerten Formen der Partizipation von Akteuren zu verbinden. Vor allem der dort eingerichtete Quartiersrat gab uns Anlass zu Gesprächen, zum Austausch über Erfahrungen dabei und zur Frage: (Wie) Könnte sich das in Osnabrücks Stadtteilen erproben lassen? Eine selbstorganiserte Führung durch den Leipziger Osten bildete den Abschluss der Studienfahrt: Eine Studentin des Masterstudiengangs präsentierte uns markante Straßenzüge, Räume und Institutionen, die diesen Stadtteil prägen.