Arne Seipolt: Vom Maschinenbau zum Experten für künstliche Intelligenz Mittwoch, 3. Juli 2024

Arne Seipolt

Arne Seipolt hat einen beeindruckenden Werdegang: Nach der Realschule absolvierte er eine Ausbildung und holte anschließend das Abitur nach, um Maschinenbau zu studieren. Danach entschied er sich dann für das duale Studium „Engineering Technischer Systeme“. Anschließend absolvierte er erfolgreich den dualen Masterstudiengang Technologieanalyse, -engineering und -management. Während des Masterstudiums entdeckte er seine Leidenschaft für Künstliche Intelligenz und schreibt nun seine Dissertation über die Optimierung von Produktionsprozessen mittels KI. Neben seiner Promotion arbeitet er an einem Forschungsprojekt zur Digitalisierung der Produktion bei Krone. Sein Ziel ist es, Produktionsanlagen durch digitale Zwillinge und maschinelles Lernen zu optimieren. Wie er das alles unter einen Hut bekommt, erzählt er uns im Interview.

Sie haben am IDS sowohl das Bachelorstudium „Engineering technischer Systeme“ mit dem Studienrichtung Verfahrenstechnik und chemische Prozesstechnik als auch das Masterstudium „Technologieanalyse, -engineering und -management“ absolviert.  Womit beschäftigen Sie sich derzeit am meisten und welcher Bereich macht Ihnen am meisten Spaß?

„Ich habe meinen Bachelor in Verfahrenstechnik und chemische Prozesstechnik gemacht und während meines Masters im Anlagenbau gearbeitet. Jetzt konzentriere ich mich auf künstlicher Intelligenz. Ich arbeite an meiner Dissertation, deren Ziel es ist, bestehende Produktionsprozesse mithilfe von KI und digitalen Zwillingen zu optimieren. Dabei geht es darum, automatisierte digitale Abbilder von realen Produktionsanlagen zu erstellen und diese zu verbessern, unabhängig davon, ob es sich um chemische Prozesstechnik oder klassische Montage handelt. Aktuell bin ich im Forschungsprojekt EDNA tätig, das in Kooperation mit Krone und dem Brüggenwerk in Herzlake die Digitalisierung der Produktion vorantreibt. Hier kann ich die Algorithmen, die ich für meine Dissertation entwickle, in der Praxis testen.“

Sie promovieren an der Talentakademie Smart Factory and Products zum Thema „Simulation Based Production Scheduling with Reinforcement Learning” unter der Betreuung von Prof. Dr. Buschermöhle. Was hat Sie dazu bewogen, dieses Thema zu wählen, und was finden Sie daran besonders interessant?

„Während meines Masterstudiums habe ich gesehen, wie intensiv computergestützte Prozesse für moderne Technologien genutzt werden. Manuelle Berechnungen werden kaum noch durchgeführt, stattdessen wird versucht, so viel wie möglich zu automatisieren. Mit grundlegenden Programmierkenntnissen kann man hier viel erreichen. Das hat mich motiviert, mich intensiv mit dem Programmieren zu beschäftigen, bis ich schließlich selbst neuronale Netzwerke programmieren konnte. So kam ich zu meinem jetzigen Forschungsthema.“

Neben Ihrer Promotion arbeiten Sie auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt EDNA. Was sind Ihre Aufgaben dort und wie bringen Sie beides unter einen Hut?

„Im Forschungsprojekt EDNA geht es unter anderem darum, die Produktion von Krone im Werk in Herzlake mithilfe von digitalen Zwillingen und Edge Computing zu digitalisieren. Mein Arbeitspaket konzentriert sich darauf, digitale Zwillinge und maschinelle Lernverfahren in die Produktion zu integrieren. Das bedeutet, dass ich digitale Abbilder von realen Produktionsprozessen erstelle und optimiere. Diese Aufgaben passen hervorragend zu meiner Dissertation, wodurch es mir leichtfällt, beides zu koordinieren, da die Arbeiten sich gegenseitig ergänzen.“

Wollten Sie schon immer promovieren?

„Nein, ursprünglich wollte ich nach meiner Ausbildung einfach Ingenieur werden und hatte keine festen Pläne darüber hinaus. Während des Bachelorstudiums habe ich mich dann entschieden, noch einen Master zu machen. Während des Masterstudiums kam dann der Gedanke an eine Promotion auf, und etwa ein Jahr vor dem Abschluss habe ich mich konkret für eine Promotion entschieden. Das Thema meiner Masterarbeit war dafür ideal und ich konnte darauf konnte.“

Wie fühlt es sich an, jetzt dort zu sein, wo Ihre Professor*innen zu Beginn ihrer Karriere standen? Ist es Ihr Ziel, eine Professur anzustreben?

„Derzeit bin ich auch in der Lehre tätig. Es bereitet mir Freude und ich bin zu gleichen Teilen im EDNA-Projekt und an der Talentakademie Smart Factory and Products eingesetzt. Letztere dient der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Es ist durchaus ein Ziel für mich, in die Lehre zu gehen. Aber was ich in drei Jahren machen werde, kann ich jetzt noch nicht sagen, da meine Dissertation im Moment meine volle Aufmerksamkeit erfordert.“

Zwei Studiengänge und jetzt die Promotion in Lingen. Was motiviert Sie dazu, hier zu bleiben?

„Sowohl im Bachelor- als auch im Masterstudium hat mich besonders das Studienkonzept überzeugt, das einen direkten Praxisbezug ermöglicht. Im Vergleich zu anderen Hochschulen ist das Konzept hier am IDS deutlich praxisorientierter. Die enge Verzahnung mit der realen Arbeitswelt durch Praxistransferprojekte (PTP) hat mir immer gut gefallen. Ich persönlich lerne am besten, wenn ich das Gelernte in de Praxis anwenden kann, sei es durch das Verfassen von Ausarbeitungen oder durch praktische Arbeitserfahrung. Das war für mich effektiver als das reine Lernen für Klausuren.“

Konnten Sie das Gelernte immer direkt bei Ihrem Praxispartner anwenden?

„Mit den grundlegenden Modulen gestaltet sich das natürlich etwas schwieriger. Reine Mathematik wird im Unternehmensalltag selten benötigt, sodass man kreativ werden muss, um eine Anwendung dafür zu finden. Trotzdem sammelt man wertvolle Erfahrungen. Besonders in den späteren Semestern, wenn man verschiedene Module miteinander verknüpfen kann und längere Praxistransferprojekte verfasst, hat man die Möglichkeit, reale Probleme zu lösen.“

Sie haben bereits Auslandserfahrung gesammelt. Welche Länder haben Sie besucht, und könnten Sie sich vorstellen, in Zukunft auch im Ausland zu arbeiten?

„Vor Beginn meiner Promotion habe ich bei meinem Arbeitgeber gearbeitet, bei dem ich auch meinen Master gemacht habe. Dort haben wir den Bau einer Ölrecyclinganlage geplant, die später in China in Betrieb genommen wurde. Damals war ich während der Corona-Pandemie in China. Obwohl ich mich familiär etwas gebunden fühle, schließe ich nicht aus, in Zukunft im Ausland zu arbeiten. Ich werde nicht dauerhaft ins Ausland gehen, um dort zu leben und zu arbeiten. Aber ich kann es mir durchaus vorstellen, für ein deutsches Unternehmen im Ausland zu arbeiten.“

Was macht Ihnen Angst oder Freude, wenn Sie an die verbleibende Zeit Ihrer Promotion denken?

„Das ist eine gute Frage. Im Moment habe ich wirklich nur wenig Freizeit. Es wird sicher schön sein, irgendwann wieder mehr Zeit für mich zu haben. Gleichzeitig finde ich es aber auch befriedigend, ein klares Ziel vor Augen zu haben und darauf hinzuarbeiten.“

Gibt es noch einen Ratschlag, den Sie zukünftigen Promovierenden mitgeben möchten?

„Für diejenigen, die ein Thema haben, dass sie über einen längeren Zeitraum - vielleicht drei bis fünf Jahre - intensiv bearbeiten möchten, ist eine Promotion sicherlich eine Option.“