Zwei Städte, ein Studium: Sina Popkes Einblicke ins Wechselwohnen Donnerstag, 12. Dezember 2024
Das Leben zwischen zwei Städten kann für duale Studierende eine große Herausforderung dar-stellen, insbesondere wenn es darum geht, eine geeignete Wohnung zu finden. Das Konzept des Wechselwohnens bietet hierbei eine funktionierende Lösung. Wechselwohnen bedeutet, zwei Studierende teilen sich eine Wohnung in dem sie zu unterschiedlichen Zeiträumen dort leben. Studierende haben die Möglichkeit, an zwei Orten zu wohnen, ohne eine zu starke finanzielle Belastung tragen zu müssen.
In Lingen ermöglicht das Studentenwerk Osnabrück Studierenden, über ein spezielles Portal Gesuche nach Wohnraum einzustellen oder passende Angebote zu suchen. Dabei ist es für Stu-dierende wichtig anzugeben, für welchen Zeitraum des Jahres sie eine Wohnung suchen. Vo-raussetzung dafür ist, dass die Personen an der Hochschule immatrikuliert ist.
Das Studentenwerk Osnabrück bietet zudem eigene Wohnungen, wie am Lingener Wasserturm, an, wo es insgesamt 89 Einzelappartements gibt, von denen viele von Wechselwohner*innen belegt sind. Diese Mischung aus temporären und dauerhaften Mietern hilft, den Wohnraumbe-darf auszugleichen.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Nutzung des Wechselwohnens ist Sina Popke. Sie studiert BWL dual im 3. Semester. Sina erzählt uns im Interview, wie sie dieses Konzept für sich nutzt, um die Anforderungen ihres dualen Studiums zu bewältigen. Sie teilt ihre Erfahrungen und beschreibt die Vorteile, die das Wechselwohnen für sie mit sich bringt.
Hallo Sina, du machst Wechselwohnen. Was genau bedeutet das?
„Genau, beim Wechselwohnen pendle ich zwischen zwei Wohnorten. In Versmold, in der Nähe meines Arbeitgebers in Halle Westfalen, wohne ich normalerweise. Für die Theoriephasen ziehe ich dann nach Lingen, wo ich in einer WG lebe. Dort teile ich mir ein Zimmer mit einem Wohnpartner, aber wir sind nie gleichzeitig da – ich bin in der Wohnung, wenn ich in der Theoriephase bin, und er ist da, wenn ich in der Praxisphase bin. So teilen wir uns nicht nur das Zimmer, sondern auch die Mietkosten, was sehr praktisch ist.“
Was genau sind Theorie- und Praxisphasen?
“Im dualen Studium ist das Semester in eine Theoriephase, in der wir im Studium hier in Lingen sind und eine Praxisphase aufgeteilt, die im Unternehmen stattfindet. Dabei ist das duale Studium so organisiert, dass die Hälfte der Studierenden in einer Theoriephase sind und die andere Hälfte in der Praxisphase. Ca. alle 3 Monate wechseln die Studierenden ihre Phase.
Mein Unternehmen ist die August Storck KG in Halle Westf. Das ist von Lingen zu weit entfernt, um täglich hin und her zu fahren. Daher ziehe ich für die Theoriephase immer nach Lingen.“
Wie bist du auf das Konzept des Wechselwohnens aufmerksam geworden?
„Ich habe davon zum ersten Mal erfahren, als ich mich mit älteren Studierenden aus meinem Unternehmen unterhalten habe. Schnell kam die Frage auf, wie man das Wohnen organisiert, wenn man nur für drei Monate in Lingen ist. An meiner Hochschule gibt es das A- und B-Block-System, bei dem die Studierenden in zwei Gruppen aufgeteilt sind und sich im Studium abwechseln. Das hat super gepasst, weil man sich so mit jemandem zusammentun kann, der im anderen Block ist, und gemeinsam eine Wohnung anmieten kann.“
Wie hast du deinen Wohnpartner gefunden?
„Im ersten Semester hat mich eine dual Studierende aus meinem Unternehmen angesprochen, die schon länger in einer WG in Lingen wohnte. Sie war im A-Block und ich startete mein 1. Semester im B-Block, sodass wir die Wohnung optimal gemeinsam nutzen konnten. Nachdem sie ihr Studium beendet hat, bin ich die Hauptmieterin der Wohnung geworden, anschließend habe ich mir einen Untermieter bzw. eine Untermieterin gesucht. Das war ziemlich einfach, da ich in einer großen WG lebe und meine Mitbewohner*innen mich mit anderen Studierenden vernetzt haben. So habe ich jemanden aus dem fünften Semester gefunden, der während meiner Praxisphase in meinem Zimmer wohnt.“
Wie organisiert ihr euch dabei?
„Bei der Wohnungsbesichtigung habe ich ihm zunächst erläutert, wie der Alltag in der WG aussieht – etwa den Putzplan und welche Küchenschränke er nutzen kann. Wir haben dann einige Regeln festgelegt, um ein harmonisches Wechselwohnen zu gewährleisten. Zwischendurch kommunizieren wir, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist und keine Fragen offenbleiben. Bisher klappt das alles sehr entspannt.“
Welche Vorteile siehst du im Wechselwohnen?
„Ich schätze es sehr, die Möglichkeit zu haben, ein zweites Zuhause zu schaffen, ohne dauerhaft von meinem ursprünglichen Wohnort wegziehen zu müssen. Dadurch kann ich in Lingen neue Freundschaften knüpfen und das Leben dort in vollen Zügen genießen. Ein weiterer Gesichtspunkt ist natürlich, die Fahrtzeitersparnis von täglich ca. 3 Stunden.“
Ein weiterer großer Vorteil des Wechselwohnens ist, dass ich keine Miete zahlen muss, für die Zeit, in der ich nicht in Lingen bin. Zusätzlich werde ich glücklicherweise während meiner Theoriephase finanziell von meinem Unternehmen unterstützt. Besonders interessant finde ich zudem auch das WG-Leben, da man viele verschiedene Menschen aus unterschiedlichen Studiengängen und Bereichen trifft. So entsteht ein bunter Mix aus Erfahrungen und Persönlichkeiten.“
Gibt es auch Herausforderungen?
„Ja, definitiv. Der Umzug alle drei Monate stellt eine Herausforderung dar. Man muss jedes Mal überlegen, welche Sachen man mitnimmt, und diese dann hin und her transportieren. Dafür ist oft ein ganzes Wochenende notwendig, um sich wieder einzurichten und alles zu organisieren. Zusätzlich muss man das Zimmer nach jeder Theoriephase komplett freiräumen, da der andere Wohnpartner natürlich auch seine eigenen Dinge mitbringt. Man hat also kein festes Zuhause, das man einmal gemütlich einrichten kann, sondern muss ständig alles ein- und ausräumen.“
Würdest du etwas am Konzept verbessern?
„Ich hatte persönlich keine Probleme, eine Wohnung zu finden, aber ich habe von anderen gehört, dass das nicht immer so leicht ist. Es wäre eventuell hilfreich, wenn die Hochschule oder die Unternehmen mehr Unterstützung bei der Wohnungssuche leisten könnten, besonders für neue Studierende. Unternehmen könnten beispielsweise die interne Kommunikation zwischen „Alt-Dualis“ und „Erstis“ fördern.“
Würdest du das Wechselwohnen anderen dual Studierenden empfehlen?
„Auf jeden Fall! Ich halte es für eine hervorragende Möglichkeit, während des Studiums selbstständig zu werden. Lingen ist eine wunderschöne Stadt, und es macht viel Spaß, das Leben dort mit den Kommiliton*innen zu genießen. Darüber hinaus ermöglicht das WG-Leben viele neue Menschen kennenzulernen, was eine wertvolle Erfahrung ist. Ich kann das Konzept definitiv weiterempfehlen.“