Wege aus dem Eltern-Partner-Dilemma Montag, 2. Mai 2016

Wie die Beziehung der Eltern ihre Präsenz und Autorität gegenüber dem Kind stärken kann, darüber sprach Dr. Uri Weinblatt (2.v.l.) auf dem Fachtag des Studiengangs Soziale Arbeit an der Hochschule Osnabrück. Michael Tiaden, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Ruth Tillner von der Systemischen Akademie Bramsche und Prof. Dr. Julia Schneewind (v.l.) freuten sich über das Engagement des Psychologen aus Tel Aviv. Foto: Hochschule Osnabrück / Isabelle Diekmann

Dr. Uri Weinblatt aus Israel spricht auf Fachtag des Studiengangs Soziale Arbeit über das Konzept der Neuen Autorität in der Familientherapie

(Osnabrück, 2. Mai 2016) Neue Autorität ist ein systemischer Ansatz, der Personen mit Führungsverantwortung stärken soll und ihnen Mittel zur Durchsetzung ihrer Aufgaben an die Hand gibt. Wie Eltern als Paar und in ihrer Erziehungsarbeit von diesem Konzept profitieren können, war Thema des diesjährigen Fachtags des Studiengangs Soziale Arbeit der Hochschule Osnabrück in Kooperation mit der Systemischen Akademie Bramsche. „Wir verbinden mit den jährlich stattfindenden Fachtagen des Studiengangs Soziale Arbeit vor allem die Möglichkeit, mit Fachkräften aus der Praxis, ehemaligen und zurzeit Studierenden ins Gespräch zu kommen. Über das große Interesse freuen wir uns sehr“, befand Studiengangsbeauftragter Prof. Dr. Dr. Gregor Hensen zur Begrüßung.

„Wir sind sehr froh, mit Dr. Uri Weinblatt einen international anerkannten Vertreter der beratenden und therapeutischen Arbeit mit Familien nach dem Konzept der Neuen Autorität gewonnen zu haben“, war Ruth Tillner, Leiterin der Systemischen Akademie Bramsche, die seit zwölf Jahren Fort- und Weiterbildungen im Bereich Systemischer Coach und Neue Autoriät anbietet.

„Die Kraft der zwei Anker – Wie die Beziehung der Eltern ihre Präsenz und Autorität stärkt”, zu diesem Thema gestaltete Weinblatt ein abwechslungsreiches Programm aus theoretischem Input und vielen praktischen Übungen. Weinblatt ist klinischer Psychologe und Direktor des Marot-Familientherapie-Zentrums in Tel Aviv in Israel.

Anhand aufgeschriebener Streitgespräche zwischen Elternpaaren nach einer Auseinandersetzung mit dem Kind, zeigte Weinblatt auf, welchen ungünstigen Verlauf Konflikte häufig nehmen und leitete daraus drei wiederkehrende Prinzipien ab. Zunächst, so Weinblatt, ist ein Elternteil immer stärker emotional in den Streit verwickelt als der andere, das wiederum erzeuge im involvierten Elternteil partnerschaftliche Bedürfnisse und konfrontiere den Anderen dann mit der Aufgabe, zugleich Elternteil und Partner sein zu müssen.

„Viele Eltern wissen nicht, wie sie sich gegenseitig in ihrer Elternschaft stärken können. Ihnen ist nicht klar, dass ihre Beziehung eine der wichtigsten Quellen elterlicher Autorität ist“, verdeutlichte der Familientherapeut. Stattdessen folge häufig eine „Doppelte-Wut-Eskalation“, die sich gegen das Kind richte oder eine „gespaltene Eskalation“, die zum Streit zwischen den Eltern führe. Sich gar nicht einzumischen, sei hingegen auch keine glückliche Alternative, betonte der Therapeut.

Wie Eltern sich hingegen gegenseitig helfen können, um „die beste Ankerkraft“ für ihre Kinder zu sein, wie sie Konflikte für eine bessere Kommunikation nutzen und wie sie als Paar und Eltern ihre Funktionsfähigkeit und Vertrautheit erhalten, beschrieb Weinblatt so: „Versuchen Sie, den Streit abzukürzen, bevor Sie etwas sagen, was Ihnen hinterher leid tut.“ Der weniger Involvierte solle die Zeit nach dem Streit dafür nutzen, den Partner aufzurichten, ihn an seine Wertvorstellungen zu erinnern und seine Scham- und Schuldgefühle zu verringern. Das helfe, die Wertepräsenz in künftigen Konflikten zu steigern. Wenn der Andere dann noch hervorhebe, welche Erfolge der Partner in der Erziehung bereits vorzuweisen habe, stärke das dessen Verhaltenspräsenz. Eltern, die sich auf diese Weise gegenseitig unterstützten und sich als ein Team verstünden, könnten ihre individuellen Stärken potenzieren und Schwächen gegenseitig regulieren, so der Psychologe.

Mit Hilfe von Schreibübungen und Rollenspielen schlüpften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend wechselweise in die Rolle eines Elternteils oder des Kindes und lernten auf diese Weise die unterschiedlichen Gefühlswelten aller Beteiligten intensiver kennen und verstehen. Für ihre tägliche Arbeit als Berater, Therapeut oder Coach gab Weinblatt den Teilnehmenden ganz konkrete Beispiele für gelingende therapeutische Interventionen mit und bestärkte sie darin, die Eltern stets zur Zusammenarbeit zu ermutigen und sich nicht in Konflikte verwickeln zu lassen.

Weitere Informationen:

Michael Tiaden
Lehrkraft für besondere Aufgaben im Studiengang Soziale Arbeit

Telefon: 0541 969-3053
E-Mail: m.tiaden@hs-osnabrueck.de

Von: Isabelle Diekmann