Geflüchtete zu Facharbeitern ausbilden Freitag, 10. Juni 2016

Diskussion an der Hochschule Osnabrück zu Arbeitsmöglichkeiten von Zuwanderern

(Osnabrück, 10. Juni 2016) Zur Podiumsdiskussion „Risiken und Chancen des Flüchtlingszulaufs - Wie bilden wir Flüchtlinge zu Facharbeitern aus?“, luden jetzt Studierende des Studiengangs Soziale Arbeit der Hochschule Osnabrück ein. Arbeitsmarktvermittler und Betroffene aus der Region diskutierten diese Frage vor gut 50 Gästen in der Caprivi-Lounge.

Studierende des Wahlpflichtmoduls „Recht für die Soziale Arbeit“, bei Prof. Dr. Hermann Heußner, hatte das Nachdenken über Risiken und Chancen des Flüchtlingszulaufs dazu bewogen, die Frage nach der Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen in einer öffentlichen Diskussion fortzusetzen und zu vertiefen. Durch die Veranstaltung führte Student Andreas Sindt.

Malte Kampmeyer von der Agentur für Arbeit, erläuterte zunächst, dass die Behörde Geflüchtete bereits bei einer Aufenthaltsgestattung begleite, also schon vor der Entscheidung über den Asylantrag. Die Inanspruchnahme der Begleitung erfolge freiwillig. Da jedoch alle Maßnahmen der Agentur berufsorientiert seien, fielen allgemeine Bildungsmaßnahmen wie Sprachkurse leider nicht in ihren Aufgabenbereich.

Das Jobcenter hingegen sei erst dann für einen Flüchtling zuständig, wenn sein Antrag positiv entschieden sei, führte Stefan Reckers vom Jobcenter der Stadt Osnabrück aus. Das bedeute aktuell, dass die große Welle noch nicht bei ihm angekommen und eher ein „stetiges Tröpfeln“ sei. Anerkannte Flüchtlinge hätten jedoch dieselben Ansprüche auf Sozialleistungen, wie Bürger mit deutschem Pass. Reckers mahnte, man müsse zwar aufpassen und Flüchtlinge gegenüber Deutschen nicht bevorzugen, auf die speziellen Bedürfnisse von Geflüchteten gehe aber auch das Jobcenter mit entsprechenden Angeboten ein.

Als Vertreterin des Migrationszentrums und Jugendbeauftragte der Maßarbeit, des Jobcenters im Landkreis Osnabrück, erinnerte Susanne Steininger an den schwierigen Weg eines Flüchtlings, der nach Deutschland kommt. Der beruflichen Qualifizierung gingen zunächst grundlegende Schritte voraus, dazu zählten Asylantrag, Unterbringung und Kontakt zur Familie.

Einer dieser wichtigen Schritte ist auch der Spracherwerb. Alicia Hoffmann vom Berufsschulzentrum am Westerberg stellte das Angebot der „Sprintklassen“ vor, in denen Migranten Deutsch lernen und im Anschluss Zugang haben zum Modell „Sprintdual“, einer Kombination aus Praktikum und Unterricht.

Mit Mouead Al Tahhan, saß auch ein Flüchtling mit auf dem Podium. Der syrische Familienvater absolviert mittlerweile eine Ausbildung zum Grafikdesigner. In Syrien arbeitete Al Tahhan als Drucker und studierte Jura. Dieses Studium könne er in Deutschland jedoch nicht fortführen, da das Sprachniveau zu hoch sei.

An der anschließenden, lebhaften Diskussion beteiligte sich das Publikum mit vielen Fragen. Deutlich wurde, dass es zahlreiche Angebote für Geflüchtete gibt, diese aber oft nicht transparent und bekannt genug sind. So bekam Al Tahhan seinen Ausbildungsplatz nur, weil er im Internet recherchierte, Bekannte befragte und ihm glückliche Zufälle halfen.

„Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass die Flüchtlinge den Demografischen Wandel im Land aufhalten können“, formulierte Steininger ihre Ansicht. Dafür seien es zu wenige und ihre Integration dauere zu lange. Reckers hält die heutigen Flüchtlinge für „Fachkräfte von Übermorgen“, bis „Übermorgen“ seien es aber wohl noch ein paar Jahre.

Alle Akteure äußerten ihr Bedauern über gesetzliche Vorgaben, die ihnen die Arbeit erschwere und das individuelle Eingehen auf jeden ihrer Klienten verhindere. Besonders häufig kritisiert wurde dabei die nicht passgenauen Regelungen zur Teilnahme an Sprachkursen.

Wo genau es hakt, zeigte auch die Abschlussrunde, in der Sindt alle Podiumsgäste darum bat, einen Wunsch für ihre weitere Arbeit mit den Geflüchteten zu formulieren. Sowohl Kampmeyer als auch Al Tahhan wünschten sich eine schnelle und langfristige Lösung zur Überwindung der Sprachbarriere. Reckers hofft, dass die Politik ausreichend Zeit für die Flüchtlingsarbeit einräumen wird, die viele Herausforderung mit sich bringe. Über mehr Spielraum für die Arbeit des Jobcenters bzw. der Maßarbeit auf kommunaler Ebene würde sich Susanne Steininger freuen und Alicia Hoffmann richtete ihren Wunsch an die vielen angehenden Sozialarbeiter im Publikum. Soziale Arbeit sollte auch im Berufsschulzentrum am Westerberg stärker vertreten sein.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Hermann Heußner
Öffentliches Recht und Recht der Sozialen Arbeit

Telefon: 0541 969-3790
E-Mail: h.heussner@hs-osnabrueck.de

Von: Gianna Niemeyer / Isabelle Diekmann