Mehr Qualität in der Krankenhausversorgung Freitag, 9. Dezember 2016

Aus wissenschaftlicher, berufspraktischer und politischer Perspektive diskutierten Experten und Teilnehmende auf der 31. Jahresfachtagung der Betriebswirte im Gesundheitswesen den Begriff Qualität, der neu im Krankenhausstrukturgesetz verankert wurde. V.l.: Dr. Josef Düllings, Dr. Thomas Beushausen, Prof. Dr. Petra Gorschlüter, Birgit Strauch-Hellermann, Prof. Dr. Julia Oswald, Prof. Dr. Hendrike Berger, Marion Böer, Prof. Dr. Winfried Zapp, Joachim Neugebauer und Prof. Dr. Markus Lüngen.

Jahresfachtagung der Betriebswirte im Gesundheitswesen an der Hochschule Osnabrück

(Osnabrück, 7. Dezember 2016) Die diesjährige 31. Jahresfachtagung des Studiengangs Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen (BIG) mit rund 150 Teilnehmenden stand ganz im Zeichen des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG), das zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Unter dem Titel „Qualität nur mit Verstand: Politik, Wissenschaft und Praxis“, hatten sich die Experten den Aspekt Qualität in der Krankenhausversorgung herausgegriffen und unterzogen ihn einer kritischen wissenschaftlichen, berufspraktischen und politischen Analyse.

„Das Thema Qualität ist seit dem Änderungsgesetz in aller Munde, so, als wäre es gerade erst erfunden worden, dabei ist es selbstverständlich nicht neu“, konstatierte Dr. Josef Düllings gleich zu Beginn. Düllings ist Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) und Hauptgeschäftsführer des St. Vincenz-Krankenhauses in Paderborn. Neu daran sei aber, dass es weniger um Qualitätssicherung im klassischen Sinne ginge, sondern um eine Versorgungssteuerung. Inwiefern diese auch zu einer Strukturbereinigung führe, müsse man abwarten, so der Fachmann.

Die geplanten Standards sind nach Düllings‘ Auffassung zumindest teilweise schwer umzusetzen. Er nannte das Beispiel intensivtherapiepflichtiger Frühgeborener. Je Fall müsse künftig eine Pflegekraft vor Ort sein. „Eine 1:1 Besetzung ist praxisfremd. Wir haben einen Pflegefachkräftemangel. Ein solcher Standard kann zur Abweisung von Risikoschwangeren verleiten.“

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Petra Gorschlüter von der Hochschule Osnabrück sprach über das Anreizmodell „Pay for Performance“ (P4P), ein Konzept zur qualitätsorientierten Vergütung der Krankenhausleistungen. Inwieweit das Instrument als Mittel zur Steuerung der Behandlungsqualität der Krankenhäuser geeignet sei, hänge von mehreren Faktoren ab, besonders aber von validen und manipulationsresistenten Messparametern und eindeutig formulierten  Zielen, so Gorschlüter.

Dr. Thomas Beushausen sprach über die Umsetzung der Qualitätsstrategie in der Patientenversorgung. Der ärztliche Direktor des Kinder- und Jugendkrankenhauses „Auf der Bult“ in Hannover, betonte, wie wichtig die Prozessqualität und die Vermeidung unerwünschter Verläufe für die Patienten seien. Unerwünschte Verläufe würden von den Patienten – neben dem Ruf der Klinik, der Hotellerie, der Zuwendung sowie der Kommunikation – als Qualitätskriterium wahrgenommen. Immer noch stürben in Deutschland fünfmal mehr Menschen pro Jahr an den Folgen vermeidbarer Fehler im Gesundheitswesen als bei Verkehrsunfällen.

Joachim Neugebauer, Mitglied der Geschäftsleitung der Kliniken Essen-Mitte, nannte das Thema Qualität mit Blick auf den Planungsfaktor Management einen „alten Hut“. „Die Qualität wird als weiteres Kriterium in der Krankenhausplanung fester als bisher verankert, Umsetzung und Erhaltung qualitativer Vorgaben waren jedoch schon vor den gesetzlichen Neuerungen Aufgabe des Managements.“ Neugebauer stellte die strategische Ausrichtung der Kliniken Essen-Mitte dar, die Spitzenleistung durch Spezialisierung erzielen will. Als Beispiel nannte er die ehemalige Fachabteilung Gynäkologie/Geburtshilfe. Geburtshilfe und Kontinenz wurden aufgelöst, damit eine Spezialisierung auf die Bereiche Senologie und gynäkologische Onkologie erfolgen konnte.

In mehreren Workshops am Nachmittag vertieften die Teilnehmenden das Thema Qualität. Im Detail beschäftigten sie sich mit qualitätsorientierter Krankenhausplanung, Perspektiven einer neuen Qualitätskultur im Krankenhaus und Anforderungen an das Personalmanagement, sowie mit der Qualität als neuem Planungsfaktor für Management und Controlling.

Beim jährlichen „BIGer treffen BIGer“ setzten sich interessierte Studierende und Absolventen zur Karriereplanung zusammen. Studierende erfuhren, wie sie in den Beruf einsteigen und wie Karrierewege aussehen können.

Gut besucht war auch der gemeinsame Abend der BIGer in der Lagerhalle. Sowohl „ältere Semester“ als auch „frischgebackene“ Absolventinnen und Absolventen nahmen rege teil.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Julia Oswald
Studiengangbeauftragte Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen (BIG)

Telefon: 0541 969-7274
E-Mail: j.oswald@hs-osnabrueck.de

Von: Isabelle Diekmann / Birgit Strauch-Hellermann