Osnabrücker Drogenschicksale Montag, 20. März 2017

Die studentischen Autorinnen und Autoren der Hördokumentation mit ihren Dozenten Christiane Westerveld und Prof. Dr. Joachim Thönnessen (beide links) und den befragten Expertinnen und Experten Peter Kerbs, Jens Kirchhoff, Katharina Kuhlage und Dr. Uwe Schwichtenberg (v.r.).

Studierende analysieren in Audiodokumentation Gründe für die steigende Zahl von Drogentoten in Osnabrück

(Osnabrück, 20. März) Zwischen Juli 2015 und Juli 2016 stieg die Zahl der Drogentoten in Osnabrück im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sprunghaft von acht auf 22 Betroffene an. Auch bundesweit nimmt die Zahl der Todesfälle aufgrund von Drogenmissbrauch seit 2012 kontinuierlich zu. Diesen Befund nahmen neun Studierende der Hochschule Osnabrück zum Anlass, während ihres Praxisprojektes „Drogenwelten“ die Ursachen für den deutlichen Anstieg zu erforschen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Thönnessen und Christiane Westerveld (Betreutes Wohnen der Caritas Osnabrück) entstand eine dreißigminütige Audiodokumentation, die jetzt erstmals öffentlich in der Hochschule Osnabrück zu hören war.

Studentinnen und Studenten der Sozialen Arbeit zeichneten Interviews mit Expertinnen und Experten der Suchtberatung in der Region Osnabrück auf und verarbeiteten diese zu einer Audiodokumentation mit dem Titel „Ein trauriger Höhepunkt? Ein Bundestrend zeigt sich in Osnabrück“. Darin greifen sie verschiedene Aspekte wie Ursachen und Bekämpfung von Drogenmissbrauch auf und ordnen die Osnabrücker Zahlen in einen bundesweiten Kontext ein.

Bevor das Publikum die Tonspur zu hören bekam, rief Thönnessen zu einer Schweigeminute auf. Das Gedenken an die 22 Osnabrücker Drogentoten aus dem Jahr 2015/2016 bildete auch den Auftakt der Hördokumentation. Vornamen und Alter der Opfer wurden einzeln verlesen und sorgten für Stille und Betroffenheit bei den Zuhörern.

Die Dokumentation befasste sich zunächst mit den Gründen für die vielen Drogentoten in Osnabrück. Die befragten Experten erklärten, dass es neben dem polytoxen Konsum, also der Einnahme mehrerer Gifte gleichzeitig, vor allem neue und unbekannte Mittel seien, die so schwerwiegende Folgen hervorriefen. Das Medikament Lyrica mit dem Wirkstoff Pregabalin sei momentan die Nummer eins auf dem Schwarzmarkt und sorge auch in Osnabrück für viele Probleme. Die Auswirkungen und Entzugserscheinungen der verschreibungspflichtigen Tabletten seien unberechenbar.

Dr. Uwe Schwichtenberg, Chefarzt des suchtmedizinischen Zentrums im Ameos-Klinikum Osnabrück und einer der befragten Experten, lobte das differenzierte Gesamtbild, dass die Studierenden in der Dokumentation entwickelten. „Zum einen haben die Studentinnen und Studenten das ganze Spektrum der Suchthilfe aufgesucht und die Tatsachen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Zum anderen sind vor allem die regionalen Aspekte und die Besonderheiten in Osnabrück angesprochen worden“, freute er sich über das Endprodukt des Projektes.

Während die Interviewpartner bei der Legalisierung von Drogen sehr kontroverse Positionen vertraten, erhofften sich alle gemeinsam für die Zukunft deutlich sinkende Zahlen. Das gelinge allerdings nur dann, wenn kurz- und langfristige Maßnahmen weiter ausgebaut würden. Auch die Studierenden sprachen sich für eine Erweiterung der Suchthilfe aus. Viele von ihnen sind entschlossen, auch ihre Bachelorarbeit zum Thema zu verfassen und somit weitergehende Studien durchzuführen.

Das Praxisprojekt Drogenwelten von Thönnessen und Westerveld geht 2017 bereits in die zehnte Runde. Jedes Jahr werden in den Projektseminaren rund zwanzig Studierende des vierten und fünften Semesters im Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit zu Drogenexpertinnen und -experten ausgebildet. „Das Thema () ist ein so relevantes, dass es einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollte“, erklärte Thönnessen die Idee für eine Hördokumentation.

Als weitere Expertinnen und Experten stellten sich den Studierenden Jürgen Rogowski (Ameos-Klinikum), Dr. Wolfgang Schneider (INDRO e.V.), Oliver Moch und Norman Zipplies (Cafe Connection), Peter Kerbs (Elrond) und Jens Kirchhoff (Suchtberatung der Caritas) zur Verfügung.

Die beteiligten Studierenden waren Katharina Puhlmann, Kristin Hüsers, Katja Szillat, Kristiane Wrehde, Maja Lamberti, Laura Vormbrocke, Andreas Sindt, Florian Lotze und Sascha Rink.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Joachim Thönnessen
Telefon: 0541 969-3788       
E-Mail: j.thoennessen@hs-osnabrueck.de

Von: Therese Heise

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