Praxistransferprojekte und ihre Bedeutung für das duale Studium Montag, 2. November 2020
Praxistransferprojekte (PTPs) sind ein wichtiger Baustein im dualen Bachelorstudium am Campus Lingen. Unsere dual Studierenden haben gegenüber den PTPs gemischte Gefühle – von sinnvoll bis lästig ist alles mit dabei. Heute schauen wir uns daher an, wie es dazu kommt und warum die PTPs so wichtig sind.
Im Gespräch mit derzeitigen oder ehemaligen dual Studierenden zu der Anfertigung der sogenannten Praxistransferprojekte (PTPs) hören wir unterschiedliche Reaktionen wie „Ja, ist ganz sinnvoll“ oder „Die sind nervig“. Wie so unterschiedliche Eindrücke entstehen und was es grundsätzlich mit den Praxistransferprojekten auf sich hat, ist hier Thema:
Die Grundlagen
Ziel des dualen Studiums ist es, die praktischen Erfahrungen des Berufslebens mit den wissenschaftlichen Inhalten eines Studiums zu verzahnen, beide Perspektiven aufeinander anzuwenden und zu hinterfragen. Durch die abwechselnden Praxis- und Studienphasen soll die Übertragung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die praktische Arbeit von Anfang an unterstützt und die Kompetenzentwicklung der Studierenden gefördert werden. Auf unserer Webseite gibt es daher eine ganze Seite zum Thema Theorie-Praxis-Transfer und wie dieser am IDS verfolgt wird. An dieser Stelle daher nur eine kurze Zusammenfassung:
Wir nutzen zur systematischen und strukturellen Verzahnung von Theorie und Praxis im Bachelorstudium drei Instrumente: 1. Die Praxistransferprojekte, 2. das Projektstudium und 3. die Bachelorarbeit. Diese Prüfungsformen werden genutzt, um sowohl die Praxis als auch die Theorie wechselseitig aufeinander zu beziehen und zu hinterfragen. Es sollen die praktische Arbeit im Unternehmen auf Basis der Theorie und die theoretischen Inhalte der Vorlesungen auf Basis der beruflichen Erfahrung kritisch reflektiert werden. Möglicherweise stellt sich dabei heraus, dass Prozesse im Unternehmen verbessert werden können oder sich auch neue Anwendungen für den Betrieb ergeben. Hinsichtlich der theoretischen Konzepte können sich Lücken zeigen, die auf weitergehenden Forschungsbedarf hinweisen. Diese reflektierte Wahrnehmung, einhergehend mit der Übernahme von Verantwortung für ein Aufgabenfeld und ggf. Veränderungsvorschläge, wird von Akademikerinnen und Akademikern nach Abschluss eines Studiums in der Praxis erwartet.
Die Praxistransferprojekte (PTPs)
PTPs sind kurze Ausarbeitungen, in denen die Inhalte eines Moduls auf ein Praxisbeispiel angewendet werden. Da die Studierenden die PTPs bereits ab dem ersten Semester erstellen, können sie schon früh fachliche und fachübergreifende Kompetenzen sowie soziale Fähigkeiten ausbilden und sind dadurch in der Lage, ihr theoretisches Wissen ziel- und lösungsorientiert in der Praxis anzuwenden. Neben der praxisbezogenen Anwendung der Theorie sollen die Studierenden im Zuge der PTPs auch das wissenschaftliche Arbeiten trainieren, um sich optimal auf die spätere Bachelorarbeit vorzubereiten.
Pro Semester sind für jedes Modul eine benotete Prüfungsleistung wie Referate, Klausuren oder Hausarbeiten, und ein unbenotetes PTP vorgesehen. Musste früher noch für jede Veranstaltung eine alleinstehende Ausarbeitung verfasst werden, gibt es seit einigen Jahren die Möglichkeit, übergreifende PTPs zu erstellen, die die Inhalte mehrerer Module miteinander kombinieren. Darunter fallen modul- und personenübergreifende PTPs. Diese Entscheidung beruhte auf einem offenen Austausch zwischen Studierenden, den Unternehmen und dem IDS. Durch die Veränderung sollte zum einen die Themenfindung erleichtert und zum anderen eine Verknüpfung mehrerer Fachinhalte verbunden mit einer noch tiefergehenden Bearbeitung ermöglicht werden. Dies war ein häufig geäußerter Wunsch der Studierenden.
Während und nach Fertigstellung der PTPs gibt es für die Studierenden die Möglichkeit, an Workshops des Studierenbetreeungsteams zu ihrer Kompetenzentwicklung teilzunehmen. Während der Analyse- und Schreibphase können die Studierenden ihre Zwischenstände vorstellen und erhalten in den Workshops Feedback und Hilfestellungen zu Aspekten, die ihnen schwerfallen. Darüber hinaus können individuelle Beratungstermine wahrgenommen werden. Nach dem erfolgreichen Abschluss eines PTPes haben die Studierenden die Möglichkeit, ihre Ergebnisse ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie in ihren Unternehmen im Rahmen einer Präsentationsrunde vorzustellen. Dort erhalten die Studierenden Feedback, können gemeinsam mit anderen fachlich diskutieren und sammeln Erfahrungen für verschiedene Bereiche ihrer Berufsausübung. Dazu gehört insbesondere die Fähigkeit, komplexe Inhalte oder Veränderungen an unterschiedliche Zielgruppen, Laien und Expert*innen, verständlich und anschlussfähig zu vermitteln. Die Studierenden erreichen durch die Erstellung der PTPs infolge eines tiefergehenden Verständnisses des Theorie-Praxis-Bezugs nicht nur persönliche Lernerfolge, sondern können auch weitergehende Kompetenz wie die genannten Präsentations- und Kommunikationsfähigkeiten entwickeln.
Verschiedene Eindrücke zu PTPen
Während PTPs und die Vorstellung ihrer Ergebnisse im Studium häufig Herausforderungen darstellen, die zu den eingangs genannten Reaktionen führen, bewerten viele unserer Absolventinnen und Absolventen die PTPs im Nachhinein als besonders wertvoll für ihre Entwicklung. Bei der Anmeldung zu unserem 30-jährigen Jubiläum im vergangenen Jahr wurden die Gäste, darunter Studierende, Absolvent*innen sowie Vertreter*innen unserer Kooperationsunternehmen, gebeten, das duale Studium zu reflektieren. An dieser Stelle möchten wir ein paar Statements zu den PTPs wiedergeben:
„PTPs fördern das eigene Interesse an Abläufen im Unternehmen, da die Themensuche teilweise längere unternehmensinterne Recherche benötigt, was zu einer genaueren Auseinandersetzung mit dem Unternehmen führt.“
„Geniales System! Der ständige Bezug zur Praxis hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. Ich empfehle einen solchen Ausbildungsweg gerne weiter.“
„Einen Teilbereich des Moduls in der betrieblichen Praxis anzuwenden war interessant.“
„Bindung zum realen Unternehmen wird aufgebaut.“
„Hat mir sehr geholfen, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen.“
Außerdem erhielten wir Assoziationen wie „Individualität“, „neue Erkenntnisse“, „praxisnah“, „nachhaltig“, „lehrreich/hilfreich“ oder „Zusammenhalt und Teamwork unter Kommilitonen“. Natürlich gab es auch kritische Stimmen. Diese bezogen sich vorrangig auf die Wahl der Problemstellung im Betrieb: „unsinnige Themensuche“ oder „manchmal ist ein ordentlicher Bezug zu dem Modul im Unternehmen schwierig“. Uns ist durch die jahrelange Erfahrung bewusst, dass es nicht immer einfach ist, ein geeignetes Thema sofort parat zu haben – einige Studierende empfinden die Suche eines Themas und die Erstellung des PTPes daher auch mal als zu aufwendig. Um sie mit diesen Schwierigkeiten aber nicht alleine zu lassen, gibt es Beratungsangebote zur Themenfindung, Strukturierung und Aufarbeitung von Defiziten sowie Unterstützung bei der Erstellung komplexer, übergreifender PTPs zum Beispiel durch unsere Studierendenbetreuung.
Schmunzeln mussten wir bei Bemerkungen wie „einige [PTPs] sind ja doch wohl sinnvoll“. Viele Absolventinnen und Absolventen bestätigen uns einige Jahre nach ihrem Studienabschluss häufig, dass sie die PTPs zwar als herausfordernd und manchmal lästig wahrgenommen haben, im Nachhinein aber froh über die Erfahrung sind. Je nach Modul falle die Themensuche zwar mal leichter und mal schwieriger aus, insgesamt sei der intensive Theorie-Praxis-Transfer durch die PTPs rückblickend aber sehr lehrreich gewesen.
Fazit
Die PTPs sind fester Bestandteil des dualen Studiums am IDS und nicht wegzudenken, da sie einen entscheidenden Einfluss auf die Verknüpfung von Theorie und Praxis haben. Pro- und Kontra- Argumente finden sich, wie in jedem anderen Lebensbereich, immer. Unsere Studierenden können sich bei mit diesem Thema und anderen Anleigen stets immer auf die Beratung der Studierendenbetreuung verlassen und sich bei uns melden. Konstruktive Kritik ist dabei in beide Richtungen erwünscht und fester Bestandteil unserer Philosophie.