In zwei Jahren vom dualen Studienabschluss zum Projektleiter – Joschka Amtenbrink im Interview Montag, 4. Januar 2021
Amtenbrink hat 2017 seinen Bachelor of Engineering in der der Studienrichtung Maschinenbau erlangt. Er berichtet von seinem bisherigen Karriereweg und warum er sich für einen Mittelständler statt eines Großkonzerns als Arbeitgeber entschied. Außerdem gibt er Einblicke in seinen Arbeitsalltag und den Theorie-Praxis-Transfer während seines Studiums.
Joschka Amtenbrink ist 24 Jahre alt und hat seinen Bachelor of Engineering bei uns am Institut erlangt. Nachdem Amtenbrink 2014 sein Abitur am Gymnasium bestand, begann er wenige Monate später sein duales Studium Engineering technischer Systeme mit der Studienrichtung Maschinenbau. Seit Beginn des Studiums vor sechs Jahren ist Amtenbrink bei seinem damaligen Arbeitgeber, der Aumann Beelen GmbH (ehemals MBB Fertigungstechnik GmbH), tätig. Nach dem Studium sammelte er zuerst technische Erfahrung im Bereich der Konstruktion. Vor einem Jahr folgte dann ein Abteilungswechsel in die Projektleitung und Amtenbrink verantwortet seitdem Projekte im Bereich Automotive.
Wie bist du zu deinem dualen Studium bei der Aumann Beelen GmbH gekommen?
Amtenbrink: Für mich stand sehr früh fest, nach meinem Abitur ein duales Studium zu absolvieren. Zum einen war es sicherlich Erziehungssache, dass man möglichst schnell etwas Handfestes lernen sollte, um arbeiten zu können. Zum anderen reizte mich aber auch die Verbindung der beruflichen Erfahrung in Kombination mit einem Studium. Ich hatte über verschiedenste Kanäle nach möglichen Arbeitgebern gesucht. Unter anderem besuchte ich auch Berufsinformationsmessen. Etwa ein halbes Jahr vor meinem Abitur, im Oktober 2013, lernte ich dann auf einer Messe in Bielefeld die Personalleiterin der Aumann Beelen GmbH, damals noch MBB Fertigungstechnik GmbH, kennen. In meinem Fall war es eher eine zufällige Begegnung, aber es sollte sich auszahlen. Unter mehreren Unternehmen entschied ich mich schließlich für die Firma Aumann. Rückblickend kann ich in jedem Fall empfehlen, dass man den persönlichen Kontakt sucht. Manchmal werden dann Wege aufgezeigt, nach denen man überhaupt nicht gesucht hat.
Erinnerst du dich noch an das Bewerbungsverfahren? Wie lief dieses ab?
Amtenbrink: Nachdem der Kontakt auf der Berufsinformationsmesse hergestellt war, schickte ich zügig meine Bewerbung raus. Mir wurde auf der Messe zwar mitgeteilt, dass eigentlich alle Plätze belegt wären, aber das weckte nur noch mehr meinen Ehrgeiz. Zwei Wochen später erhielt ich die Einladung zum Bewerbungsgespräch und kurz danach die Zusage. Im Laufe des Bewerbungsprozesses war ich eher auf Großkonzerne gepolt, als dass ich Interesse an Mittelständlern besaß. Beworben habe ich mich für beides und auch Zusagen bekommen. Deswegen benötigte ich ein wenig mehr Entscheidungszeit. Dabei wurde mir von meinem heutigen Arbeitgeber viel Zeit und Respekt entgegengebracht. Vielleicht hat dieses Verhalten auch seinen Anteil zur Entscheidung beigetragen. Ich habe während des Entscheidungsprozesses festgestellt, dass ich für mich persönlich mehr Potential in einem Unternehmen sah, welches Sondermaschinen und Anlagen herstellte, als beispielweise bei großen Automobilkonzernen. Ich hatte die Sorge, mich beim großen Konzern in kleinen Details zu verlieren, während ich im mittelständischen Unternehmen einen größeren Handlungsspielraum erwartete. Letztlich habe ich meine Entscheidung für Aumann Beelen bis heute nicht bereut. Grundsätzlich habe ich durchweg positive Erfahrungen bei meiner Suche nach einem geeigneten dualen Studienplatz gemacht und durch die verschiedenen Bewerbungsverfahren viel gelernt – von Telefoninterviews über kleine und größere Assessment-Center bis natürlich zu Interviews vor Ort war alles mit dabei.
Hast du eine Berufsausbildung in das duale Studium integriert und wie bewertest du diese Möglichkeit im Nachhinein?
Amtenbrink: Nein, habe ich nicht. Für mich war die Berufsausbildung nicht interessant, da ich keinen Nutzen für meine berufliche Laufbahn darin sah. Ich denke, dass die Entscheidung jede Person selbst treffen sollte. Es gibt Pro- und Kontra-Argumente, die auch abhängig vom gewählten Studiengang und der entsprechenden Studienrichtung sind. Da gibt es kein Richtig oder Falsch. Für mich war es so der passende Weg.
Welche Bereiche hast du während deiner Praxisphasen kennengelernt?
Amtenbrink: Angefangen habe ich, wie die Auszubildenden, in der Werkstatt mit einer Feile in der Hand. Da habe ich erst einmal festgestellt, dass ein Millimeter zwar nach nicht viel klingt, aber so ein Stück Stahl schon ganz schön lange bearbeitet werden muss, bis der eine Millimeter runter ist. Im Anschluss habe ich weitere Werkstattbereiche wie die Baugruppenmontage und die mechanische Bearbeitung kennengelernt. Im zweiten Semester ging es dann die Wertschöpfungskette entlang durch die verschiedenen Abteilungen des Unternehmens. Dabei war ich unter anderem in Controlling, Personal, Einkauf, Fertigungssteuerung und Lager tätig. Dieser Durchlauf hat mir im Nachhinein enorm geholfen, da ich ein Gefühl dafür habe, was die unterschiedlichen Abteilungen tun, wo ihre Herausforderungen liegen und welche Informationen sie benötigen. Außerdem habe ich viele Mitarbeitende kennengelernt, so dass mir für jedes Problem direkt eine Ansprechperson bekannt war.
Wie sah dein Arbeitsalltag nach deinem Abschluss aus und was sind jetzt deine Aufgaben?
Amtenbrink: Damals und heute sehr unterschiedlich. Nach meinem Bachelorabschluss habe ich als Konstrukteur angefangen. Meine Aufgaben bestanden damals aus der Entwicklung, der Konzeptionen sowie dem Bau von Maschinen und Anlagen. Seit Juli 2019 bin ich als Projektleiter tätig. Ich verantworte und leite ein Projektteam für aktuelle Projekte der Automobilindustrie. Der Fokus der Projekte liegt auf dem Wechsel in der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität. Im Gegensatz zu früher liegt mein Fokus nun mehr auf der Organisation und Planung als im Engineering. Der technische Background bleibt natürlich weiterhin bestehen. Allerdings bin ich vorher tiefer in technische Details eingestiegen, während ich mich heute gleichzeitig um mehrere Themen kümmere, allerdings nicht mehr in der technischen Tiefe. Passend zu meinem Werdegang habe ich 2018 meinen berufsbegleitenden Master Technik- und Unternehmensmanagement begonnen.
Wieso hast du dich entschieden, noch einen Master zu machen? Welche Vorteile siehst du darin?
Amtenbrink: Mir war schon vor meinem Bachelorabschluss klar, dass ich irgendwann einen Master machen werde. Erst damit ist für mich persönlich mein Studium abgeschlossen. Ich konnte mich im Grundstudium für die technischen Themen begeistern, wollte perspektivisch aber ins Management. Dafür fehlte mir aufgrund meines Maschinenbaustudiums das Wissen. Deshalb suchte ich nach einem Masterstudium, das mir ermöglicht, mich, aufbauend auf meinem technischen Studium, mehr in Richtung Führung und Organisation zu entwickeln. Ich war auch einfach noch nicht fertig. Ich hatte das Gefühl, dass ich noch ein bisschen Platz auf der Festplatte hatte. Mein Stellenwechsel und der Beginn meines Masterstudiums ergänzen sich daher sehr gut. Es passt inhaltlich super, allerdings ist es zeitlich schon eine Herausforderung, da die regelmäßige Wochenarbeitszeit im Projektmanagement gegenüber meinen vorherigen Aufgaben enorm zugenommen hat.
Das duale Studium bedeutet auch ein gutes Selbstmanagement. Was waren für dich die größten Herausforderungen? Wie hast du diese gemeistert?
Amtenbrink: Am Anfang habe ich das Studium ehrlicherweise etwas unterschätzt. In den ersten zwei Wochen kannte ich den gesamten Stoff, weil es zum Teil Wiederholungen aus der Schule waren. Nach ca. drei Wochen war dieser „Mini-Vorsprung“ allerdings auch schon wieder aufgebraucht und es kamen neue Themen dazu, von denen ich vorher noch nichts gehört hatte. Die Geschwindigkeit, mit der die Themen abgearbeitet worden sind, war enorm. Nachdem ich kurz etwas durchgeschüttelt worden bin, habe ich mich aber schnell an das Pensum gewöhnt. Im Nachhinein wurde es zum Standard und verglichen mit der Schulzeit war es unvorstellbar, wie viel mehr Wissen in der komprimierten Zeit erlangt worden ist. Ich habe mir jedes Semester aufs Neue vorgenommen, früher mit dem Lernen zu beginnen, allerdings kann ich nicht behaupten, dass die guten Vorsätze auch Bestand hatten. Ich glaube, das ist ein klassisches Studentenproblem. Würde mich wundern, wenn ich damit alleine wäre.
Wie hast du die Praxis-Transfer-Projekte empfunden?
Amtenbrink: Währenddessen – lästig. Seit meiner Bachelorarbeit – aufwendig, aber sinnvoll. Nicht immer war es einfach, für jedes einzelne PTP einen wirklich tauglichen Praxisfall zu kreieren, aber ich habe durch die Erarbeitung der PTPs und das entsprechende wissenschaftliche Arbeiten sehr viel gelernt. Bei meiner Bachelorarbeit war ich sehr gut vorbereitet und das wissenschaftliche Schreiben hat mir keine Schwierigkeiten mehr bereitet. Jetzt, drei Jahre nach meinem Abschluss, sehe ich außerdem, dass die PTPs Studierenden das Potenzial bieten, sich durch die eigene Wahl von Themen und Schwerpunktsetzung im Unternehmen hervorzuheben. Leider habe ich es zu wenig genutzt. Aber man hätte damit quasi selbst die Türen zu seinen Interessengebieten auftreten können. Alles eine Frage dessen, was man daraus macht.
In welchen Situationen deines Studiums konntest du die Theorie besonders gut mit der Praxis verbinden?
Amtenbrink: Insbesondere die Konstruktionsmodule waren hilfreich, weil sie sehr praxisnah gewesen sind und deshalb immer Probleme aus dem Alltag aufgriffen. Spannenderweise habe ich mich trotzdem mehr für die theoretischen Module interessiert. Vielleicht ist das ein Zeichen und ich sollte mich noch mal intensiver damit beschäftigen, warum das eigentlich so war.
Würdest du dich wieder für ein duales Studium entscheiden?
Amtenbrink: Ja, würde ich sofort. Das liegt an der wirklich tollen Zeit, die ich damals hatte und den nachhaltigen Erfahrungen, die ich machen durfte. Sowohl aus akademischer Sicht als auch aus persönlicher möchte ich das Studium nicht missen. Es war eine aufregende Zeit.
Welchen Rat würdest du Interessierten und/oder dual Studierenden mit auf den Weg geben wollen, um das Studium gut zu meistern?
Amtenbrink: Sie sollten früh genug mit dem Lernen anfangen, aber ich denke, diese Erfahrung muss jeder einmal selbst gemacht haben. Und ich empfehle definitiv, während der Theoriephase in Lingen zu wohnen. Der Kontakt zu meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen war super. Mit vielen bin ich heute noch sehr eng befreundet. Wir waren ein tolles Team und haben uns gegenseitig gepusht. Hätte ich nicht am Standort gewohnt, wäre sicherlich einiges anders gelaufen. Die Tatsache, dass viele von uns „alleine“ vor Ort waren, ohne Freundeskreis oder Familie, hat uns zusammengeschweißt und viele legendäre Momente beschert.