Das duale Studium als Karrieresprungbrett – Julia Altenau im Interview Donnerstag, 1. Juli 2021
Julia Altenau ist 23 Jahre alt und studiert bei uns am Campus Lingen den dualen Masterstudiengang Führung und Organisation mit der Studienrichtung Controlling und Finanzen. Wieso das duale Studium ihr Sprungbrett in eine erfolgreiche Karriere war, erklärte sie uns im persönlichen Gespräch.
Direkt nach dem Abitur hat Altenau ihr duales Bachelorstudium am Campus Lingen aufgenommen. Drei Jahre später erhielt sie ihren Bachelor of Arts in Betriebswirtschaft und begann im Anschluss ihr duales Masterstudium. Begleitet wurde Altenau in ihrer Studienzeit durch die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ), bei der sie seit Beginn ihres Studiums tätig ist. Im Interview berichtet sie über ihr duales Bachelor- und Masterstudium am Campus Lingen sowie ihren beruflichen Werdegang bei der NOZ.
Wieso haben Sie sich für das duale Studium (in Lingen) entschieden? Wie sind Sie damals auf das Institut für Duale Studiengänge (IDS) aufmerksam geworden?
Altenau: Ich bin über meine Freund*innen und die Familie auf das IDS aufmerksam geworden. Zu der Zeit hat mein Cousin dort studiert und auch bei meinen ehemaligen Mitschüler*innen war Lingen als beliebter Studienort bekannt, obwohl meine damalige Schule eine Stunde von Lingen entfernt war. Ich weiß noch, dass wir damals von der Schule aus zum Studieninformationstag nach Lingen gefahren sind und uns den Campus angeguckt haben. Somit hatte ich immer schon den Bezug zu Lingen und dem IDS. Ich fand das duale Studium und das Blockmodell am IDS attraktiv. Für mich wäre ein anderes Zeitmodell nicht in Frage gekommen. So war meine Entscheidung schnell getroffen. Auf der Jobmesse in Osnabrück bin ich dann auch direkt auf das IDS zugegangen. Im nächsten Schritt habe ich eine Firmenliste mit möglichen Partnerbetrieben erhalten. Lustigerweise hatte ich mein erstes Vorstellungsgespräch dann sogar direkt bei der NOZ. Somit hat sich damals alles super schnell gefügt und ergeben.
Wie gefällt Ihnen das duale Studium? Was macht für Sie das duale Studium aus?
Altenau: Das duale Studium habe ich ehrlich gesagt erst so richtig wertschätzen gelernt, als ich mit dem Bachelor fertig war. Mein duales Bachelorstudium war vor allem durch viele Hausarbeiten – die sogenannten Praxistransferprojekte (PTPs) – sowie Gruppenarbeiten geprägt. Das kann während des Studiums sehr anstrengend sein. Gerade in der Klausurenphase war das Arbeitspensum wirklich hoch. Rückblickend weiß ich, dass sich die Anstrengung gelohnt hat. Als ich das erste Mal im Unternehmen eigenverantwortlich ein Projekt abwickeln musste, wurde mir schnell klar, dass ich mir während meines dualen Studiums sehr wertvolle Kompetenzen angeeignet habe und auf das Berufsleben vorbereitet wurde. Ich kann schnell und problemlösungsorientiert arbeiten, weil ich diese Fähigkeiten aufgrund der PTPs antrainiert bekommen habe. Darüber hinaus konnte ich dadurch auch viel entspannter meine Bachelorarbeit und letztlich auch das duale Masterstudium antreten.
Was sind für Sie wesentliche Unterschiede zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium?
Altenau: Während im Bachelor zunächst die fachliche Ausbildung im Vordergrund steht, werden im Master die methodischen und persönlichen Kompetenzen erweitert und die eigene Führungspersönlichkeit geschult. Ich habe mein Bachelorstudium direkt an mein allgemeinbildendes Abitur angeschlossen. Ich musste folglich zunächst die ganzen betriebswirtschaftlichen Grundlagen erlernen. Gerade in den ersten Semestern habe ich mich somit vor allem fachlich weiterentwickelt.
In den höheren Semestern des Bachelors und auch jetzt im Masterstudium geht es primär um strategisches Denken und wissenschaftliches Arbeiten. Neben den fachlichen Kompetenzen stehen hier eben auch noch andere Fähigkeiten im Vordergrund. Ich habe in dieser Zeit eine starke persönliche Weiterentwicklung bei mir wahrgenommen und mir viele fachübergreifende Kompetenzen angeeignet.
Nehmen Sie eine eigene Weiterentwicklung im Theorie-Praxis-Transfer wahr?
Altenau: Ja klar, total! In den ersten Semestern fiel es mir sehr schwer, passende Themen für die PTPs zu finden. Ich muss gestehen, dass mir der Sinn der PTPs erst in den höheren Semestern klar wurde. Jetzt im Master schreiben wir Reflexionsorientierte Transferstudien (RTSn). Tatsächlich habe ich mir alle meine bisherigen RTSn für meine Arbeit zugutekommen lassen. Ich setze mich immer sehr intensiv mit der Ausgangssituation auf der Arbeit auseinander und habe mich letztlich mit Themen beschäftigt, die bislang im Mittelstand zu wenig erforscht wurden. Ich konnte aus jeder RTS spannende Erkenntnisse mitnehmen und habe einfach den Nutzen für mich und meine Arbeit erkannt und angewendet.
Haben Sie ein besonders gelungenes PTP oder eine besonders gelungene RTS geschrieben?
Altenau: Ich habe einmal ein Reifegradmodell für Shared Service Organisationen entwickelt, also für unternehmensinterne (kaufmännische) Dienstleistungsorganisationen. Obwohl ich damals noch relativ neu im Job war, durfte ich mein Modell anschließend allen betroffenen Manager*innen bei der NOZ vorstellen und das Modell letztlich sogar anwenden. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass der eine Manager – man kann ihn als Pragmatiker beschreiben – am Ende des Termins zu mir sagte: „Frau Altenau, ich hatte ehrlich gesagt keine Lust auf wissenschaftliches Arbeiten, aber sie haben mich echt überzeugt. Sie haben neue, interessante Perspektiven aufgezeigt und ich werde mir daraus definitiv etwas für meinen Berufsalltag mitnehmen.“
Die PTPs und RTSn sind ja gute Beispiele für einen Theorie-Praxis-Transfer. Würden Sie sagen, dass Sie in Ihrem Berufsalltag die Theorie gut mit der Praxis verbinden können?
Altenau: Dadurch, dass ich auch strategische Aufgaben im Unternehmen habe, kann ich Theorie und Praxis auf jeden Fall sehr gut miteinander verknüpfen. Ich arbeite zum Beispiel auch gerade an einem Projekt mit der Fraunhofer-Gesellschaft, einer Organisation, die dafür bekannt ist, die beiden Elemente miteinander zu verknüpfen und neue Ideen in Unternehmen hineinzutragen sowie Trends aus der Wissenschaft methodisch im Praxiskontext zu untersuchen. Dabei kommt es mir sehr zugute, dass ich im wissenschaftlichen Arbeiten aufgrund meines Studiums sehr gute Kompetenzen vorweisen kann. Bei bestimmten statistischen Berechnungen und wissenschaftlichen Methoden, wo manche schon echt schlucken müssen, weiß ich gleich Bescheid.
Sie arbeiten mittlerweile schon einige Jahre bei der NOZ. Wie würden Sie die Zusammenarbeit und den Austausch mit Ihrem Arbeitgeber beschreiben? War und ist Ihr Arbeitgeber an Ihren Ergebnissen der PTPs und RTSn interessiert?
Altenau: Total! Mein Arbeitgeber ist sehr an den Ergebnissen interessiert. Ich stelle alle meine RTSn auf der Arbeit meinem Chef und den entsprechenden Kolleg*innen vor. Mein Chef ist so begeistert davon, dass er auch immer mit neuen Themenvorschlägen auf mich zukommt. Ich bin wirklich sehr zufrieden bei der NOZ. Theoretisch hätte ich nach den drei Jahren Bachelorstudium gehen können, aber ich bin auch für meinen Master geblieben und ich plane auch nach dem Master bei der NOZ zu bleiben. Das alles spricht ja dafür, dass ich mich dort einfach sehr wohl fühle. Ich habe, begleitet durch mein duales Bachelor- und Masterstudium, eine eigene Entwicklung im Unternehmen hingelegt. Ich glaube, diese Entwicklung war nur dadurch möglich, dass Studium und berufliche Entwicklung parallel geschaltet sind und ich gemeinsam mit der Organisation gewachsen bin. Durch mein duales Studium und vor allem auch durch meinen Arbeitgeber, hatte ich immer die Möglichkeit, in verschiedene Rollen hineinzuschlüpfen und in neue Positionen hineinzuwachsen. Eine Organisation braucht dafür eine entsprechende Kultur, die bei der NOZ auf jeden Fall gegeben ist.
Sie haben gerade bereits Ihre berufliche Entwicklung bei der NOZ angesprochen. Gab es in den Jahren Ihrer Beschäftigung besondere Meilensteine in Ihrer beruflichen Karriere? Wurden Sie befördert oder gab es besondere Aufgaben und Projekte, an die Sie sich gerne erinnern?
Altenau: Gestartet habe ich meine berufliche Laufbahn mit meinem ausbildungsintegrierten dualen Bachelorstudium. Bei der NOZ war ich somit zunächst Auszubildende und konnte einen Einblick in die vielen Bereiche und Gesellschaften der Unternehmensgruppe gewinnen. Mit Abschluss meiner Ausbildung wurde ich als eine Art „Trainee“ in ein unternehmensinternes Start-up eingesetzt und habe das dortige Entwicklungsprojekt ganz eng mitbegleitet. Meine Bachelorarbeit habe ich im Finanzbereich geschrieben, in dem ich auch heute fest angestellt bin. Zunächst habe ich dort Assistenzaufgaben übernommen und operativ mitgearbeitet. Dies war rückblickend sehr gut, um ein Gefühl für die Prozesse und das Zusammenarbeiten zu bekommen. Nach zunächst kleinen Projekten habe ich immer größere Verantwortung übernommen. Mit der Zeit haben sich somit auch meine Jobbezeichnungen verändert. Bei der NOZ stand dann ein großer Change Prozess bevor. Alle vorherigen kaufmännischen Bereiche sollten zu einer eigenen Gesellschaft ausgegründet werden. Das Projektmanagement wurde mir übertragen. Das war eine super Möglichkeit, alle strategischen Facetten der BWL an einem neu gegründeten Unternehmen anzuwenden.
Sie haben bereits Ihren Bachelor in Betriebswirtschaft dual am IDS studiert. Sie hatten somit bereits vor dem Master Erfahrungen mit dem dualen Studienmodell. Hatten Sie dadurch Ihrer Meinung nach Vorteile gegenüber Studierenden, die zuvor im Bachelor nicht dual studiert haben?
Altenau: Ich hatte auf jeden Fall den Vorteil, dass ich mit den Studienarbeiten aufgrund meines dualen Bachelorstudiums in Lingen schon vertraut war. Auch der Master fußt auf dieser intensiven Theorie-Praxis-Verzahnung, somit kam es mir zugute, dass ich das Prinzip durch die PTPs schon kannte. Ich war es bereits gewohnt, dass man immer zwei Projekte gleichzeitig hat – die Arbeit und das Studium.
Kam dieses Thema zwischen Ihnen und Ihren Kommiliton*innen auf? Haben die vorherigen nicht dual-Studierenden Sie auf Ihren Bachelor angesprochen?
Altenau: Wir hatten immer eine gute Gemeinschaft und haben uns gegenseitig unterstützt. Wir haben bei den ersten RTSn gemeinsam an den Applied Science Labs teilgenommen und uns intensiv untereinander ausgetauscht. Wir konnten glaube ich alle davon profitieren und haben immer voneinander gelernt.
Aufgrund der aktuell herrschenden Pandemie kam es zu einigen Veränderungen in der Lehre und im Berufsalltag. Was hat sich für Sie geändert und wie bewerten Sie den Umgang mit der Situation von Seiten des IDS?
Altenau: Natürlich war es erstmal schwierig, weil jeder diese Umbruchphase meistern musste – sowohl mein Arbeitgeber, das IDS als auch ich. Es haben sich aber alle – natürlich in gewisser Weise auch notgedrungen – sehr schnell umstrukturiert. Mittlerweile hat sich wirklich alles sehr gut eingespielt. Ich glaube wir haben alle gelernt, das Beste aus der Situation zu machen und nicht nur die Nachteile zu sehen, sondern auch die neu gewonnenen Möglichkeiten. Durch die digitale Zusammenarbeit lassen sich Studium und Beruf noch flexibler aufeinander abstimmen.
Sie haben während Ihres Bachelors in den Theoriephasen in Lingen gelebt. Somit haben Sie auch das Leben in Lingen kennengelernt. Wie gefällt Ihnen die Stadt und das Studierendenleben in Lingen?
Altenau: Lingen ist nicht Münster, nicht München, nicht Osnabrück. Lingen ist eben keine Großstadt, aber genau das macht Lingen auch irgendwo aus. Die nötige Infrastruktur ist gegeben: Es gibt gute Restaurants und Kneipen, eine Lasertag Arena, ein Schwimmbad, usw. Man kann also auch in Lingen etwas Schönes unternehmen. Wir haben damals zum Beispiel sehr viel Zeit am Kanal verbracht. Gerade, weil alles so übersichtlich und nicht sehr weitläufig ist, kennt man einfach alles und jeden. Ich habe mich dadurch selbst mit Studierenden aus anderen Studiengängen sehr verbunden gefühlt. Genau diese Vertrautheit macht Lingen einfach aus.
Zum Schluss würde ich gerne wissen, ob Sie sich wieder für ein duales Studium entscheiden würden. Würden Sie das duale Studium weiterempfehlen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
Altenau: Ich würde auf jeden Fall immer wieder dual studieren. Ich glaube man bekommt dadurch ein ganz anderes Gefühl dafür, wie Unternehmen von innen aussehen. Ich denke viele kennen es, dass man sich die Informationen am besten merken kann, die man auch zur Anwendung bringt und die einem in dem Moment tatsächlich zur Problemlösung verholfen haben. Genau das ist bei einem dualen Studium der Fall. Ich glaube nicht, dass ich heute in meinem Job da stehen würde, wo ich jetzt stehe, wenn ich nicht dual studiert hätte.