Duales Studium während der Corona-Pandemie? – Zwei Studierende berichten von ihren Erfahrungen Montag, 15. November 2021
Jannik Klare, 27 Jahre alt, und Steffen Loske, 24 Jahre alt, stecken gerade mitten in ihrem dualen Bachelorstudium am Campus Lingen. Im Interview berichten sie nicht nur von ihrem Weg zum dualen Studium, sondern auch von der Online-Lehre und den Betreuungsangeboten am Institut für Duale Studiengänge (IDS).
Klare studiert im fünften Semester Wirtschaftsinformatik. Seine Praxisphasen absolviert er bei der TECE GmbH in Emsdetten. Aufgrund seines Interesses an kaufmännischen Prozessen entschied er sich nach seinem Abitur für eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Während dieser Zeit kam er mit der Informatik in Kontakt, weshalb er direkt im Anschluss eine weitere Berufsausbildung zum Kaufmann für IT-Systemmanagement absolvierte. Der Wunsch, mehr über die Schnittstelle von Wirtschaft und Informatik zu erfahren, resultierte in seiner Entscheidung für das duale Studium der Wirtschaftsinformatik bei uns am Campus Lingen.
Wie Klare absolvierte auch Loske zunächst eine kaufmännische Ausbildung. Gepaart mit seinem großen Interesse an Informatik, stellte das duale Studium der Wirtschaftsinformatik die logische Konsequenz für ihn dar. Mittlerweile studiert Loske im dritten Semester und engagiert sich als Mentor am IDS. Seine Praxisphasen verbringt er beim E.ON-Konzern in Essen.
Wer von Ihnen integriert eine Berufsausbildung in das duale Studium und wie bewerten Sie diese zusätzliche Qualifikation?
Loske: Ich integriere eine Berufsausbildung zum Kaufmann für IT-Systemmanagement in das duale Studium. Fester Bestandteil sind deshalb regelmäßig stattfindende Prüfungsvorbereitungskurse im Rahmen des Studiums sowie speziell bei E.ON. auch vertiefende wöchentliche Veranstaltungen, in denen die Ausbildungsinhalte näher thematisiert werden. Sicherlich ist es stressig, zusätzlich eine Berufsausbildung zu absolvieren, aber ich bin davon überzeugt, dass sich das lohnt.
Wohnen Sie während der Studienphasen in Lingen? Und welchen Einfluss hatte die Corona-Pandemie auf Ihre Wohnsituation?
Loske: Wenn es die Corona-Pandemie nicht geben würde, würde ich während der Theoriephasen in Lingen wohnen. So bin ich aber gänzlich in Essen geblieben, zumal ich nicht weit von meinem Arbeitsgeber entfernt wohne. Ich war lediglich im ersten Semester für die ersten Vorlesungstage und für die Prüfungen selbst am Campus. Das hat mir dabei geholfen, Kontakte zu knüpfen, obwohl uns die Vernetzung auch auf digitalem Wege gut gelungen ist.
Klare: Ich wohne nicht in Lingen, da ich von meinem Standort aus lediglich eine halbe Stunde zur Arbeit und zum Campus fahre. Ich konnte ein Semester in Präsenz studieren, bevor auf Online-Lehre umgestellt werden musste. Ich hatte den Eindruck, dass die Hochschule schnell auf die neue Situation reagiert hat und war deshalb sehr zufrieden mit der Umstellung. Zum einen konnten die Lehrenden weiterhin alle wesentlichen Inhalte der Vorlesungen gut vermitteln und zum anderen konnte ich morgens ein bisschen später aufstehen.
Steffen Loske, Sie mussten Ihr Studium aufgrund der Pandemie direkt online beginnen. Wie bewerten Sie Ihren Studienstart?
Loske: Ich bin insgesamt mit der Organisation seitens der Hochschule sehr zufrieden, zumal ich mit der Online-Lehre auch gut klar kam. Das Schwierige war meiner Ansicht nach die Selbstdisziplin, die nochmal mehr im Online-Studium gefordert ist. Der Weg zwischen Schreibtisch und Bett ist dabei nur unwesentlich weiter als der Weg zum Handy. Und da diszipliniert am Ball zu bleiben, war für mich und viele meiner Kommiliton*innen eine große Herausforderung. Mir hat es geholfen, die Webcam anzuschalten. Nicht nur, weil es schöner für die Dozent*innen ist, sondern auch weil es mich selbst diszipliniert hat.
Nun zum Betreuungsangebot: Wie empfinden Sie die Betreuung seitens der Hochschule, explizit des IDS?
Klare: Als ich 2019 mit meinem dualen Studium angefing, war ich wirklich positiv davon überrascht, wie herzlich die Studierenden an der Hochschule empfangen wurden – sowohl von den Studierenden, den Mitarbeitenden, den Lehrenden aber auch vom Studiendekan, Herrn Arens-Fischer, von Katrin Dinkelborg und allen weiteren Beteiligten. Ich hatte den Eindruck, dass alle im gleichen Boot sitzen und versuchen das Bestmögliche zu geben. Das motiviert unheimlich. Zudem können sich die Studierenden mit jedem*r Dozent*in auch mal in lockerer Runde austauschen.
Loske: Ich kann Jannik in jedem Punkt zustimmen. Es fängt damit an, dass die Lehrenden nach jedem Semester Feedback zu ihren Vorlesungen einfordern. Zudem gibt es zu Beginn jeden Semesters ein Feedbackgespräch mit dem*der Studiengruppenbetreuer*in. Daran merkt man, dass die Hochschule wirklich Interesse an unserem Feedback hat. Auch die Kommunikation seitens der Hochschule war gut organisiert. Studierende wurden sowohl per Mail als auch über Instagram über alle Änderungen informiert. Das Mentor*innenprogramm möchte ich auch kurz erwähnen. Ich bin selbst Mentor und durfte zuletzt die Erstis im Erstsemesterwochenende begleiten. Das ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Betreuung.
Welche Module haben Ihnen bisher besonders gut gefallen? Und wie gelingt der Theoriepraxistransfer mittels Praxistransferprojekt (PTPs)?
Klare: Vor meinem Studium hatte ich unheimlich Angst vor Mathe und Statistik. Durch das Studium habe ich eine Begeisterung für die Bereiche entwickeln können. Mir wurden die Inhalte so gut vermittelt, dass ich auch im Nachgang noch Spaß an diesen Themen habe. Zudem fand ich die Bereiche Prozesssysteme und Systemanalyse interessant, weil es dort um betriebliche Vorgänge geht. Die Kenntnisse konnte ich gewinnbringend anwenden, sei es im Betrieb oder auch privat. Bei den PTPs zeigt sich auch, dass man das Wissen gut in der Praxis einbringen kann. Klar, die PTPs sind zeitaufwendig. Aber ich finde ein Studium darf durchaus Zeit in Anspruch nehmen und sollte und auch einen gewissen Anspruch voraussetzen.
Loske: Ich muss wirklich sagen, dass ich mit jedem weiteren PTP deutlich sicherer werde und mehr Routine im Anfertigen von wissenschaftlichen Arbeiten bekomme. Mir haben besonders die Module Rechnungswesen sowie Investitionsrechnung und Finanzierung gefallen. Zudem schließe ich mich Jannik an, was den Bereich der Systemanalyse angeht. Das Zusammenarbeiten in der Gruppe an einem umfangreichen Projekt in diesem Modul hat mir viel Spaß gemacht. Gerade das Schreiben der Ausarbeitung fiel mir deutlich leichter, als es noch im vorherigen Semester der Fall gewesen wäre.
Wie ist die betriebliche Ausbildung bei Ihren Partnerunternehmen aufgebaut?
Klare: Aufgrund meiner vorherigen Ausbildung bei TECE, habe ich schon viele Abteilungen kennengelernt. Jetzt bin ich in der IT-Abteilung eingesetzt, explizit im Salesforce-Team im Bereich CRM-Systeme. Ich hatte auch die Möglichkeit, angrenzende Bereiche kennenzulernen, um bestimmte Sachverhalte besser zu verstehen. Dazu gehörten die Auftragsverwaltung, das Seminarwesen oder der Außendienst. So konnte ich mir deren Arbeitsweise anschauen und nachvollziehen, wie die Kolleg*innen unsere Systeme nutzen. Zudem durfte ich an internationalen Projekten teilnehmen, wodurch ich meine Englischkenntnisse erweitern konnte.
Loske: Bei E.ON durchlaufen wir je Praxisphase eine unterschiedliche Abteilung im Bereich der IT, sodass man einen umfassenden Einblick erhält. Erst zum Ende des Studiums wird man in der Abteilung eingesetzt, in der man i.d.R. auch übernommen wird. Die Ausbildung zeichnet sich einfach durch ihre Vielseitigkeit aus. Gerade wir Wirtschaftsinformatiker*innen haben nicht nur die technischen Aspekte im Kopf, sondern auch betriebswirtschaftliche Fragestellungen.
Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Wollen Sie in den Beruf einsteigen oder noch einen Master absolvieren?
Klare: Eigentlich möchte ich da weitermachen, wo ich gerade bin und im Beruf bleiben. Ich habe mich aber schon bei der Recherche nach berufsintegrierenden oder -begleitenden Masterstudiengängen erwischt. Wenn ich einen Master machen sollte, dann würde meine Wahl auf jeden Fall auf die Hochschule Osnabrück fallen.
Loske: Ich kann darauf noch keine definitive Antwort geben. Ich schließe keins von beidem aus. Das erste Studienjahr hat mir wirklich Spaß gemacht, deswegen kann ich mir durchaus vorstellen, den Master anzuschließen. Wenn es ein Master werden sollte, stimme ich Jannik zu, würde ich mich auch wieder für die Hochschule Osnabrück entscheiden.
Was sind drei größten Vorteile des dualen Studiums?
Klare: Auf jeden Fall der finanzielle Aspekt. Außerdem das Gelernte sofort in der Praxis anwenden zu können und vorweisen zu können, dass man in der Regelstudienzeit studiert und gleichzeitig Praxiserfahrung gesammelt hat. Darauf kann man stolz sein!
Loske: Der erste Vorteil für mich ist die enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Da spielen auch die PTPs mit ein, in denen wir reflektieren, wo sich die Vorlesungsinhalte in der Arbeit wiederfinden. Der zweite Vorteil ist, einen potenziellen Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum kennenzulernen, vor allem in Hinblick auf den späteren Berufseinstieg. Weitere Vorteile sehe ich in der finanziellen Unterstützung und in dem Austausch mit den Kommiliton*innen, die alle individuelle Erfahrungen aus der Praxis mitbringen.
Was sind Ihre Tipps für das duale Studium?
Klare: Man sollte Spaß an der Sache haben, engagiert sein und sich auf neue Eindrücke einlassen. Wenn man diese drei Sachen mitbringt, hat man gute Chancen, erfolgreich durch das duale Studium zu kommen und im besten Fall auch vom Partnerunternehmen übernommen zu werden.
Loske: Mein Tipp ist es, einfach kontinuierlich eine gewisse Vorarbeit in Hinsicht auf die Prüfungsphase zu leisten. Man muss noch nicht alles perfekt auswendig kennen, aber man sollte die Inhalte schon grob im Gedächtnis haben. Der zweite Tipp ist, sich Kommiliton*innen zu suchen, mit denen man gut klar kommt und die eine ähnliche Herangehensweise haben, wie man selbst. Da kann man sich gegenseitig nochmal motivieren und voranbringen.
Haben Sie Tipps für die Bewerbung auf ein duales Studium?
Loske: Das Erste, was an das Unternehmen geschickt wird, ist die schriftliche Bewerbung. Das ist das Aushängeschild als Bewerber*in. Da sollte vor allem auf die Basics, wie Rechtschreibung, Grammatik und Formatierung, Wert gelegt werden. Wenn die Bewerbung überzeugend war, sollten sich Bewerber*innen zur Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch über das jeweilige Unternehmen informieren und auch über Gegenfragen Gedanken machen.
Klare: Vielleicht sollte man auch sagen, dass potenzielle Bewerber*innen keine Angst vor dem dualen Studium haben sollten. Man muss nicht der*die Beste in der Schule sein, um ein duales Studium zu absolvieren. Manchmal ist es wichtiger, charakterlich zum Unternehmen zu passen.