Erwartungen im dualen Studium – Ein Spannungsnetz Freitag, 14. Oktober 2022

Mit dem Studienbeginn startet ein neuer Lebensabschnitt, in dem dual Studierende mit ganz unterschiedlichen Erwartungen konfrontiert werden. Dazu gehören nicht nur die eigenen Erwartungen an sich selbst, sondern auch die der Hochschule und des Praxisunternehmens. Dieser Beitrag gibt einen ersten Einblick, wie Erwartungen aussehen können.

Erwartungen werden überall an uns Menschen herangetragen: beim Besuch einer Bäckerei erwartet man bspw. eine freundliche Bedienung und die präferierten Backwaren – und das Verkaufspersonal erwartet im Gegenzug eine höfliche Bestellung und die entsprechende Bezahlung. Auch im dualen Studium werden Erwartungen gestellt. Dabei sehen die Erwartungen von Person zu Person anders aus, sind vielfältig und lassen sich nicht immer vereinbaren. Manche widersprechen sich sogar und führen so zu Spannungen. Dieser Beitrag zeigt unterschiedliche Erwartungen auf, die im dualen Studium eine Rolle spielen können. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie dual Studierende damit umgehen können.

Bedeutung von Erwartungen

Gerade zu Beginn des dualen Studiums müssen Studierende eine Fülle an Informationen verarbeiten, sei es im Unternehmenskontext oder in der Hochschule und so manche*r Studierende fragt sich, ob man allen Anforderungen gerecht werden kann. Es kann dazu kommen, dass Anforderungen mit organisatorischem Charakter schnell in den Vordergrund und individuelle Fragen nach den eigenen, persönlichen Erwartungen hintenangestellt werden. Insofern ist es wichtig, sich mit den Erwartungen, die von verschiedenen Seiten an eine Person gerichtet werden, auseinanderzusetzen und sich der vielen Rollen (Student*in, Arbeitnehmer*in, Kommiliton*in und viele weitere) bewusst zu werden. Sind die Erwartungen, die seitens der Hochschule sowie der Praxispartner gestellt werden, bekannt und ist man sich der persönlichen Erwartungen an sich selbst bewusst, fällt es leichter, die richtigen Entscheidungen für sein eigenes Tun zu treffen. Das trägt auch maßgeblich zur Zufriedenheit im dualen Studium bei.

Erwartungen von dual Studierenden an sich selbst

Viele dual Studierende erwarten von sich, einen guten Studienabschluss zu erlangen und damit ein gutes Fundament für ein erfolgreiches Berufsleben zu legen. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen sie gute Leistungen während des Studiums erbringen. Gleichzeitig streben die Studierenden aber auch nach einer guten Work-Life-Balance und einer erlebnisreichen Studienzeit. Damit dies nicht mit den Leistungserwartungen kollidiert, hilft es, sich mit diesen unterschiedlichen Erwartungen auseinander zu setzen, nach Vereinbarkeiten zu suchen und ein Zeitmanagement aufzubauen, sodass Raum für unterschiedliche Aktivitäten bleibt. So ist es wichtig, frühzeitig Zeitfenster zum Vor- und Nachbereiten der Lehrinhalte einzuplanen, sich aber auch aktiv Zeit für sich selbst zu nehmen und das Studierendenleben zu genießen. So können Studierende beides unter einen Hut bekommen. Wer wissen möchte, wie ein gutes Erwartungs- und Zeitmanagement funktioniert, kann beim Büro der Studierenden- und Unternehmensbetreuung des Instituts für Duale Studiengänge (IDS) einen Workshop für die Studiengruppe anfragen.

Darüber hinaus stellt der regelmäßige Austausch mit Kommiliton*innen ein wichtiges Instrument dar, um sich unterschiedliche Erwartungen bewusst zu machen. Gerade zu Beginn helfen Gespräche, die Erwartungsvielfalt zu erkennen und dies unterstützt die Selbstorganisation. Praktisch bedeutet es, dass Studierende den Kontakt zu ihren Kommiliton*innen suchen und sich offen zu Anforderungen des dualen Studiums austauschen sollten, denn alle Studierenden sind in derselben Situation. Gerade der Umgang mit unterschiedlichen Anforderungen ist für alle eine Herausforderung, auch wenn nicht alle das gerne zugeben ;) Ein gutes Netzwerk ist zudem nicht nur förderlich für das Studierendenleben, sondern auch für den eigenen Lernerfolg. Insbesondere das Mentor*innenteam fördert den Austausch zwischen den Studierenden und organisiert regelmäßige Events zum Kennenlernen.

Erwartungen der Hochschule und Praxisunternehmen

Zum Studienstart ist vielen dual Studierenden nicht bewusst, dass die Erwartungen der beiden Lernorte, Hochschule und Unternehmen, zum Teil sehr unterschiedlich ausfallen. Daher ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass das Set an gestellten Erwartungen, abhängig vom jeweiligen Lernort, im dualen Studium variiert. Auf Seiten der Lehre sind Erwartungen stark erkenntnisorientiert geprägt, d. h. das wissenschaftliche Arbeiten und die Fachkenntnisse stehen an vorderster Stelle. Unternehmen sind daran zwar auch interessiert, haben allerdings auch „handlungsorientierte“ Erwartungen. Dazu gehört bspw., dass sich die dual Studierenden aktiv im Unternehmen im jeweiligen Aufgabenbereich einbringen und an den Handlungen des Betriebes erfolgsorientiert mitwirken. Um beiden Erwartungsdimensionen gerecht werden zu können, sollen die Erkenntnisse aus der Theorie in der Praxis angewendet werden und idealerweise auch einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen.

Insgesamt ist das Erwartungsspektrum bei genauer Betrachtung natürlich noch deutlich vielfältiger. So erwarten in der Hochschule die Lehrenden zunächst die Anwesenheit, Pünktlichkeit und Lernbereitschaft bei den Lehrveranstaltungen und gerade bei den kleinen Lerngruppen auch eine aktive Mitarbeit, denn dann macht das gemeinsame Lernen auch mehr Spaß. Zudem wird eine gewisse Leistungsbereitschaft, als Grundlage für einen erfolgreichen Studienabschluss, vorausgesetzt. Diesen Anspruch haben auch viele Studierende an sich selbst, allerdings muss man auch manchmal an sich arbeiten und die ein oder andere Hemmung zur Mitarbeit überwinden. Eine andere Dimension sind die fachlichen Erwartungen, die an die Studierenden gestellt werden, wie z.B. die Erwartungen an Hausarbeiten, Klausuren und Präsentationen. Hier kann der direkte Austausch mit Lehrenden helfen, um sich der Erwartungen klar zu werden.

Eine noch andere Dimension sind Erwartungen, die auf den Bereich der Kooperationskompetenzen gerichtet sind, wie Toleranz, Eigeninitiative und Hilfsbereitschaft – übrigens ein Erwartungsbereich, der sich mit dem im Unternehmen deckt. Das duale Studium trägt durch diese beiden Lernorte maßgeblich dazu bei, diese Kompetenzfelder zu entwickeln.

Im Praxisunternehmen variieren die Erwartungen, je nachdem in welchem Aufgabenfeld die Studierenden eingesetzt sind. So erfordert bspw. der Umgang mit Kund*innen, dass man sich auf deren Wünsche einstellt und vorausschaut, welche Erwartungen an das Unternehmen gerichtet werden. In anderen Arbeitsbereichen ist der*die Kund*in gar nicht präsent, dafür aber Kolleg*innen umso mehr, die ebenfalls Erwartungen an das Arbeitsverhalten der dual Studierenden haben, wie die rechtzeitige Bereitstellung von Informationen. Hilfreich ist es, wenn man zu Beginn einer Praxisphase mit den betrieblichen Betreuenden die unterschiedlichen Aufgaben und die Erwartungen, die sich daraus ergeben, in einem Gespräch klärt. Dabei besteht durchaus auch die Möglichkeit, eigene Vorstellungen oder Wünsche zu äußern, denn dann können die Praxisphasen deutlich zielorientierter gestaltet werden.

Ob im Unternehmen oder in der Hochschule – sollten Probleme auftreten, steht die Studierenden- und Unternehmensbetreuung des IDS immer mit Rat und Tat zu Seite.

 

Quelle:

Arens-Fischer, W. & Dinkelborg, K. (2019): Erwartung an die Rolle dual Studierender und Impulse zu ihrer Betreuung in der Studieneingangsphase. In: Duales Studium, Ausgabe 1/2019, Berlin: DUZ, S. 47-60.